Fotos: TommyHetzel
WIEN / Burgtheater:
AKINS TRAUM VOM OSMANISCHEN REICH von Akın Emanuel Şipal
Österreichische Erstaufführung
Eine Produktion des Schauspiel Köln
Premiere: 15. Dezember 2024
Nutzlose Märchenerzählung
„Akins Traum vom Osmanischen Reich“ war nicht nur Stefan Bachmanns letzte Inszenierung seiner Kölner Intendanz, sondern auch noch ein Auftragswerk an den Autor Akın Emanuel Şipal, Verständlich also, dass es ihm besonders am Herzen liegt und er es folglich auch in Wien präsentiert. Zumal er – nicht ganz einsichtig – damals zuhause recht gute Kritiken für Werk und Inszenierung erhalten hat. Eine Meinung, die nicht jeder teilen wird.
Denn was ist dem Autor hier eigentlich gelungen? Da gibt es – wie autobiographisch oder nicht, ist egal, wenn der Held auch „Alter Ego“ heißt – die Geschichte eines ambitionierten jungen türkischstämmigen Künstlers, der sich immer noch Späße und anderes in der neuen Heimat Gelsenkirchen anhören muss („Kanake“, „Sind die Türken also doch weiter als nach Wien gekommen“) – und dabei gab es doch einmal das große osmanische Reich! Und da die Türken ja geborene Märchenerzähler sind, sehen wir bald, wie ein gewisser Osman von einer Dame „Traum“ den Auftrag erhält, zu Eroberungen aufzubrechen und ein Reich zu gründen.
Da geht es nun punktuell und im Eilgalopp durch verschiedene Episoden türkisch-osmanischer Geschichte, mehr auf Pointen als auf Fakten ausgerichtet und vom Inhalt her weitgehend ergebnislos. Einmal erlebt man Sultan Suleyman den Prächtigen im Gespräch mit einem albernen Kaiser Ferdinand, wobei der Türke meint, er bedaure nicht, Wien nicht eingenommen zu haben (ziemlich unglaubhaft). Inhaltlich heilloses Durcheinander entsteht, wenn verschiedene Damen an die Macht kommen, und wer nachher sagen könnte, was er an diesem Abend gelernt hat, verdient einen Preis.
Immer wieder unterbricht die Gegenwart mit Akins Alter Ego (und Familienproblemen) das Geschehen. Von ihm erfährt man, dass er Erektionsprobleme hat und was Damen peinlicherweise über seine sexuelle Performance spötteln. So wenig interessant wie alles andere. Auch nicht, dass Akin oder sein Alter Ego vom Literatur-Nobelpreis träumen (wird nicht passieren…) und auf Augenhöhe mit „Peter“ und „Elfriede“ plaudern möchte („Die ist doch eine Jüdin? Nein, ich bin kein Antisemit.“)
Schon nach wenigen Kölner Inszenierungen ist der „Bachmann-Stil“ (wohl am deutlichsten in „Johann Holtrop“) kenntlich – auch hier müssen sich die Darsteller körperlich verbiegen, choreographisch agieren, Unnatur und Blödelei bieten. Um die Handlung hat man sich in diesem Fall wenig gekümmert, der ironische Märchenton ist nur auf billige Lacher aus.
Und die Darsteller sind wieder die Opfer – nur wenige haben etwas zu vermelden. Mehmet Ateşçi als „Alter Ego“ des Autors natürlich, Melanie Kretschmann als Traum und anderes mehr, jedenfalls am besten behandelt. Ein Opfer ist Stefko Hanushevsky, der in dem Soloabend „Der große Diktator“ (der allerdings inhaltlich schwach ist) zeigt, was er alles kann, hier nur in unkenntlichen Nebenrollen versickert, mit einer Ausnahme: Da er offenbar „der Österreicher“ im Kölner Ensemble war, durfte er die Kabarettszene als Kaiser Ferdinand abliefern, auch keine große Herausforderung.
Die anderen Alexander Angeletta, Bruno Cathomas, Margot Gödrös, Seán McDonagh, Kais Setti und Cennet Rüya Voß blödeln sich in vielen Verkleidungen durchs chaotische Geschehen.
Gewiß hat Wien eine ausreichend große türkische Gemeinde, um das Burgtheater vielfach zu füllen (es werden ihnen auch türkische Übertitel geboten), aber die Frage ist, was sie von dieser fragwürdigen, albern-verschwankten Darstellung ihrer Geschichte mitnehmen sollen. Vermutlich nicht mehr als ein österreichischer Zuseher mit einigermaßen kritischem Ansatz, der nicht bereit ist, alles zu beklatschen, was man ihm vorsetzt.
Renate Wagner