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WIEN / Burgtheater: 250 JAHRE BURG

Spaziergang durch ein Viertel-Jahrtausend

03.11.2025 | Ausstellungen, KRITIKEN

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Alle Fotos: KHM / Theatermuseum

WIEN / Burgtheater / Zweites Pausenfoyer: 
250 JAHRE BURG
Ein Gastspiel des Theatermuseums
vom 4.November 2025 bis 30. Juni 2026

Spaziergang durch ein Viertel-Jahrtausend

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Das Theatermuseum selbst ist geschlossen, im Palais Lobkowitz wird heftig renoviert, die Räumlichkeiten der hoch geschätzten Buchhandlung Wolfrum, die ausgezogen ist (man wird sie mit ihrem Angebot von Kunstkatalogen aus aller Welt sehr vermissen), werden ins Haus einbezogen und neugestaltet. Die Baustelle ist unbespielbar, aber das Theater kennt ja auch Auswärtsgastspiele. Und wenn sich das Burgtheater als Thema und Raum anbietet, dann wird die Gelegenheit benützt. Zwar ein bißchen zu früh – das 250-Jahr-Jubiläum jährt sich erst 2026, aber das macht nichts. Die Ausstellung umfasst das ganze zweite Pausenfoyer des Hauses und ist für Theaterbesucher kostenlos zu besichtigen.

Von Renate Wagner

Zuerst ging es um „Deutsch“    Die deutsche Sprache war im 18. Jahrhundert vor allem beim „Volk“ verbreitet, Hof und Adel pflegten das Französische, die Oper war vordringlich Italienisch, und auch gastierende Truppen spielten selten auf Deutsch. Nur der Hanswurst ließ seine Hose zu schlimmem Salzburger Dialekt herunter. Und weil Kaiser Joseph II. in vielen Dingen Ordnung schaffen wollte, hat er das Ballhaus am Michaelerplatz 1776 zum „Teutschen Nationaltheater“ erhoben. Das Haus selbst, von  alten Stichen bekannt, nannte sich nun „Theater nächst der Burg“. Was ja damals, quasi als Teil der Hofburg, noch stimmte.

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Später, als das wirklich kleine Haus weichen musste, weil man im Rahmen der Ringstraßen-Neugestaltung auch die Hofburg umbaute und einen neuen, repräsentativen Theaterbau auf der Ringstraße errichten  ließ, war es das „K,u.K, Hofburgtheater“ (was in schöner Tradition immer noch auf der Fassade steht – Tradition, Tradition, oder hat man einfach vergessen, es zu entfernen?). Heute ist es das „Burgtheater“, kurz, „Ich gehe heute in die Burg“, und als der vorige Direktor Martin Kusej das Wort „Burg“ nicht hören wollte, hat ihn das nicht eben beliebt gemacht.

Geschichten und Legenden    Für die immer theaterverrückten Wiener, die auch mit prächtigen Vorstadttheatern (an der Wieden, Josefstadt, Leopoldstadt) bedient wurden, war das Burgtheater dennoch immer das Zentrum, und es ist es bis heute geblieben, wenn man es vielleicht auch nicht mehr so lieb hat wie früher. Aber die Zeiten ändern sich, Theater ist ein Spiegel der Zeit, und vielleicht heißt das nur, dass einem die Gegenwart nicht allzu sehr gefällt – wenn man als „alter Wiener“ noch die letzte Schauspieler-Hochblüte in Erinnerung hat, die dann ab Peymann einen neuen, unwienerischen Charakter bekam (und auch derzeit hat). Die Vergangenheit jedoch kann man reichlich erzählen, und es geht ja nicht anders als mit „Devotionalien“ – Bildern, Fotos, Theaterzetteln, Modellen, Kostümen, Programmen, auch handschriftliche Aufzeichnungen, was eben den Reiz des Historischen mit sich bringt.

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Und natürlich Schmankerln wie ein Fächer oder ein Champagnerglas, aus dem Hugo Thimig zum Abschied vom alten Haus getrunken hat…

Ein Galopp durch die Zeiten     Die Ausstellung gliedert sich chronologisch von den Anfängen im alten Haus, wo die legendären Darsteller walteten, über die Übersiedlung ins Haus am Ring, worüber (wie in Wien immer) schrecklich geschimpft wurde. Zwei Weltkriege sind zu verzeichnen, und es ist ungerecht, der Ausstellung vorzuwerfen, dass sie nicht ausführlich die Epoche des Dritten Reichs anklagt – man hat viel getan, um aufzuarbeiten, was damals an Unrecht geschehen ist, man hat genügend Leute an den Pranger gestellt, man hat sogar das Anti-Wessely-Stück „Burgtheater“ im Burgtheater selbst gespielt – aber in den 250 Jahren waren es gerade von dem Anschluss 1938 bis zu Kriegsende 1945, diese vergleichsweise wenigen Jahre als der dunkle Fleck, von dem man weiß. Wie heißt es bei Brecht? „Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag“, und man hat im Ronacher weiter gespielt und das zerbombte Haus 1955 wieder eröffnet. Mit Grillparzer übrigens, der den Österreichern als Identitäts-Dichter so verloren gegangen ist wie vieles andere.

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Tempora mutantur    Dass die ganz großen Schauspieler von einst, wo man jeden kannte (was heute im Burgtheater längst nicht mehr der Fall  ist), dass die berühmte Sprachkunst (die früherer Zeiten kann man per Audiostationen hören und wird lächeln, denn damals klang es doch anders) kein heutiges Äquivalent gefunden haben, wird niemand leugnen. Seinen eigenen, einst unverkennbaren Stil hat das Haus auf jeden Fall verloren, seitdem dort jenes Regietheater exekutiert wird, das auf allen deutschen  Bühnen gleich aussieht. Aber hier jammert  eben die Wienerische Nostalgie, die sich für die Älteren um das Burgtheater rankt. Heute braucht man, Zeitgeist-entsprechend, ja auch kein „deutsches Nationaltheater“ mehr. Eben.

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Pressetext: Die Schau ist eine Kooperation des Theatermuseums mit dem Burgtheater und kann vom 4. November 2025 bis zum 30. Juni 2026 im 2. Pausenfoyer des Burgtheaters mit einem gültigen Aufführungsticket ab 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn und in den Pausen besichtigt werden. Zusätzliche Führungen während des Tages können gebucht werden und  gewähren vertiefende Einblicke hinter die Kulissen der 250-jährigen Geschichte der Burg

 

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