WIEN / Unteres Belvedere:
RADIKAL!
KÜNSTLERINNEN UND MODERNE 1910–1950:
Vom 18.Jun 25 bis zum 12.Oct 25
Sind Frauen wirklich anders?
Es ist eine Tatsache, dass die Werke von Künstlerinnen lange Zeit in der zweiten Reihe der Beachtung und Betrachtung standen, ebenso wie nicht zu leugnen ist, dass es rein zahlenmäßig bei bildenden Künstlern mehr Männer gab. Obwohl schon sehr viel zur Aufarbeitung des Tatbestands geschehen ist, finden immer wieder dezidierte „Frauen“-Ausstellungen statt. Die derzeitige nennt sich „Radikal“ und erreicht nach den Stationen im niederländischen Museum Arnhem und im Saarlandmuseum in Saarbrücken nun auch das Belvedere. „Künstlerinnen* und Moderne“ umfasst den Zeitraum von 1910, also noch vor dem Ersten Weltkrieg, bis 1950, also nach dem Zweiten Weltkrieg. 60 Künstlerinnen aus 20 Ländern machen den Überblick so groß, dass von einem einheitlichen Eindruck nicht zu sprechen ist. Aber das könnte durchaus auch Absicht gewesen sein.
Von Renate Wagner
Alles, was Kunst kann Nicht nur die Diversität von Zeit und Ländern ist gegeben, sondern auch jener der Werk-Genres – Malerei, Skulptur, Druckgraphik, Zeichnung Fotografie, Design. Das macht die Räume im Unteren Belvedere „bunt“ in der Erscheinung und Aussage. Spielerisches steht neben blutig Ernstem, fröhlich Farbiges neben aggressiver Buntheit, lockere Konstruktionen neben Bedrohlichem. Alles ist möglich, von der knallharten politischen Aussage bis zur Freude am Dekorativen. Und keineswegs sind Frauen für Frauen das ausschließliche Thema.
Weibliche Kunst? Sind die Werke als „weiblich“ kenntlich? Man muss ehrlich zugeben, dass dem nicht so ist. Geschlechtertrennung ist heute aufgehoben, wo in den Theatern so viele große Männerrollen von Frauen gespielt werden (und Männer immer wieder in Frauenkleider schlüpfen), wo man anerkennt, dass Trans-Menschen sich einmal so und einmal so fühlen, also nicht geschlechterfixiert sind. Aber in der bildenden Kunst scheidet man die Frauen von Männern. Es scheint, dass unsere Umbruchszeit noch zu keinen endgültigen Entscheidungen gekommen ist, wie die Genderfrage nun wirklich zu betrachten sei.
Who is Who Geht es um Österreicherinnen, so haben die heimischen Museen viel Arbeit geleistet, man kennt zahlreiche Namen, man hat – mit Tina Blau etwa – Vertreterinnen der Malerei, die in ihrem Genre der Weltspitze angehören. Die in drei Ländern geschaffene Ausstellung, die hier „Radikal!“ aufzeigt, umfasst eine Überfülle von Namen, von denen man teilweise noch nie gehört hat, und das ist natürlich gut so. Jede Künstlerin ist eine Welt für sich und lädt dazu ein, sich mit ihr zu beschäftigen. Ob es „Entdeckungen“ gibt, muss jeder Betrachter für sich selbst entscheiden. Es werden einzelne Werke sein, die sich radikal einprägen und sei es nur wegen ihrer Aussage – „Nazis ermorden Juden“ malte Alice Neel schon 1936.
Reigen der Individualitäten und Identitäten Man ist gewöhnt, Künstler im Rahmen ihrer Epoche gewissen Stilen oder deklarierten Schulen zuzuordnen. Bei den Frauen ist das nicht so einfach bzw. teilweise gar nicht möglich, schon weil auch vertretene People of Color oder queere Personen meist nur durch sich selbst definiert werden. Gezeigt werden u.a. Werke von Gertrud Arndt, Benedetta, Romaine Brooks, Claude Cahun, Elizabeth Catlett, Sonia Delaunay, Inji Efflatoun, Alexandra Exter, Leonor Fini, Jacoba van Heemskerck van Beest, Hannah Höch, Erika Giovanna Klien, Katarzyna Kobro, Käthe Kollwitz, Lotte Laserstein, Tamara de Lempicka, Alice Lex-Nerlinger, Jeanne Mammen, Marlow Moss, Alice Neel, Gazbia Sirry, Sophie Taeuber-Arp, Charley Toorop, Fahrelnissa Zeid. Für den Betrachter bedeutet das, nicht nach Zusammenhängen zu suchen, sondern jedes Werk für sich selbst zu betrachten.
Unteres Belvedere
Radikal! Künstlerinnen* und Moderne 1910–1950
Vom 18.Jun 25 bis zum 12.Oct 25
Öffnungszeiten: Täglich 10 bis 18 Uhr
Österreichische Galerie Belvedere
Rennweg 6 1030 Wien,
Tel: + 43 1 79 557 200
Email: info ::: belvedere. at
http://www.belvedere.at/