Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN / Belvedere: KLIMT. INSPIRED BY…

04.02.2023 | Ausstellungen, KRITIKEN

jkunr r´titel x~1

WIEN /  Unteres Belvedere:
KLIMT. INSPIRED BY VAN GOGH, RODIN, MATISSE… 
Vom 3. Februar 2023 bis zum 29. Mai 2023

 Neue Fragen an Gustav Klimt

Gustav Klimt: Er war kein eitler Kleingeist, der sich nur um sich selbst drehte. Er war interessiert an Kunst und anderen Künstlern, und er hat nicht nur mit „Der Kuss“ das berühmteste österreichische Gemälde geschaffen, sondern auch viel für  die internationale Kunst in Wien getan. Denn erst mit der Gründung der „Secession“ gab es nicht nur eine eigene „moderne Kunst“ im Land, sondern auch den wirklich intensiven Blick auf die anderen. Was diese Zeitgenossen für das Werk von Gustav Klimt bedeutet haben mögen, untersucht nun die Ausstellung „Klimt, inspired by“ im Belvedere, womit man das Jubiläumsjahr des Hauses (vor 300 Jahren wurde das Belvedere fertig gestellt und war seit seiner Frühzeit ein „Haus der Kunst“) glorios einläutet.

Von  Renate Wagner

klimt raum landschaft c~1

Klimt und die anderen     Gustav Klimt (1862-1918) kam aus einer Wiener Kunstwelt, die vom Historismus dominiert wurde, und im Rahmen dessen lernte er sein Handwerk. Der frühe Tod von Hans Makart 1884, der die Kunstszene beherrscht hatte, machte den Weg für Aufträge wie auch für neue stilistische Ausformungen frei. Das Belvedere hat für diese Ausstellung nun zu ermitteln versucht, wie Gustav Klimt in einem Zeitalter, das keine blitzschnellen Möglichkeiten besaß, Informationen zu liefern, die Kunst seiner Zeit kennengelernt haben mag. Im letzten Raum der Präsentation  hat man gedrucktes dokumentarisches Material über Ausstellungen, Kataloge und Kunstbücher der Epoche zusammen getragen.

Biographische Recherche    Wien als Kunststadt galt im Vergleich zu Paris oder München als rückständig und uninteressiert, was nicht ganz stimmte – Ausstellungen, die damals die einzige Möglichkeit waren, neue Kunst richtig (und nicht auf Schwarzweiß-Fotos) zu sehen, hatte schon das Künstlerhaus veranstaltet, aber die Zeitgenossen von außen begegneten in Wien keiner besonderen Aufgeschlossenheit. Es ist nicht beweisbar, aber möglich, dass Klimt 1888 zur großen Internationalen Kunstausstellung nach München gereist ist und dort Werke von James McNeill Whistler sah, der nicht zuletzt für das elegante Frauenporträt (später Klimts Spezialität) Maßstäbe setzte. 1899 war er bei der Biennale in Venedig. Die Münchner Secession kam mit Werken ihres Gründers Franz von Stuck nach Wien. Die Galerie Miethke, die später von Carl Moll geleitet wurde und auch Klimts Werke verkaufte, handelte mit internationaler Kunst, die dort zu sehen war. Und was war mit Van Gogh, der schon 1890 verstarb? Die nunmehrige Wiener Ausstellung hat akribisch erforscht, welche seiner Gemälde zu Klimts Zeiten in Wien bekannt waren. (Das Van Gogh Museum Amsterdam war der unverzichtbare Co-Produzent dieser großen Recherche und hat die Ausstellung schon vor Wien gezeigt,)

klimt werke van goghs text x~1

klimt van goth c~1

Die Moderne nach Wien geholt    Als sich die Wiener Secession formierte, gegründet  von Gustav Klimt, Josef Hoffmann, Otto Wagner, Koloman Moser, Joseph Maria Olbrich, Carl Moll, alles Männer, die den Blick nach vorne richteten, begann jene bedeutende Ausstellungstätigkeit, die die damalige Moderne nach Wien holte – wobei das, was man später „Wien um 1900“ nannte, damals schon auch internationale Beachtung errang. Wie sehr Gustav Klimt offen für Neues war (man denke auch an die Einflüsse etwa der japanischen Kunst, was in dieser Ausstellung nicht thematisiert wird), kann man nun durch erstaunliche Gegenüberstellungen zeigen.

klimt whistler c~1 klimt a la whistler ~1

Inspiration,  nicht Kopie    Die frappierendste Nähe zu einem  Vorbild, wenn es denn eines war, kann man zwischen John Singer Sargents Studie für Madame Gautreau und Klimts unbenannter Schönheit von 1893 feststellen: Dieselbe seitliche Drehung der Figur, die Haltung des Kopfes, das schwarze Kleid, das nur bei Klimt in völliger Üppigkeit ausgeführt ist, während es sich bei Sargent nur um eine Studie handelte. Ein Zufall? Ein Zufall, wie ähnlich Klimts barbusige Judith in ihrer Haltung der „Sünde“ von  Stuck ist, beide Gemälde auch in ihren üppigen Goldrahmen? Die Ähnlichkeit von Klimts „Nixe“ mit der Salome von Aubrey Beardsley scheint so frappant wie Klimts typische Damen mit schwarzem Federhut mit ähnlich „behüteten“ Damen von Henri de Toulouse-Lautrec… Oder neigt man dazu, hier zu überinterpretieren? Denn die Beispiele von Ähnlichkeiten sind zahlreich, beziehen sich auch auf andere Porträts oder Landschaften (bei denen Monet und Cezanne von Ferne grüßen lassen).

klimt stuck sünde x~1 klimt judith~1

Die größten Namen ihrer Zeit     Egal, wie viele Einflüsse man sehen will, die möglicherweise auf ganz unterbewussten Schienen liefen, Tatsache ist, dass die Wiener Ausstellung nicht nur unglaublich viel Klimt bietet, weil das Belvedere (nicht das Leopold Museum, dessen Schwerpunkt liegt bei Schiele) in Wien einfach über die meisten Werke des Künstlers verfügt (und dabei hat man nicht einmal seinen „Kuss“ vom Oberen ins Untere Belvedere geholt). Viele der hier gezeigten Klimt-Werke kennt man kaum, und da die Ausstellung ja nicht zuletzt angetreten ist zu beweisen, wie unikat Klimt trotz aller möglicher Inspirationen ist, hat man dieses Ziel voll erreicht. Daneben aber wird man mit einer Überfülle hochrangiger Werke seiner Zeitgenossen beschenkt – Vincent Van Gogh, Paul Cézanne , Auguste Rodin, Henri Matisse, Claude Monet, Fernand Khnopff, Théo Van Rysselberghe, Ferdinand Hodler oder Edvard Munch. Sie alle wurden zwischen den dreißiger und den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts geboren, viele waren im Alter direkte Zeitgenossen von Klimt und repräsentieren eine Kunstszene, deren Reichtum schier unermesslich ist. Als nächste Ausstellung dieser Art würde man sich die Erforschung der Einflüsse wünschen, die die großen Monarchie-Maler dieser Zeit (und natürlich auch die Secessioms-Kollegen) auf einander ausgeübt haben.

klimt wasserschlnagen c~1

Die Raffinesse der Erotik    Die meiste Vorreklame bekam die Ausstellung allerdings nicht für ihre große interpretatorische Leistung, sondern für die Tatsache, dass es gelungen war, das Klimt-Gemälde „Wasserschlangen II“ wieder einmal nach Wien zu bringen. 2014 gab es darum viel Aufsehen, als das Bild aus dem Besitz des ungeliebtesten aller Klimt-Söhne, dem Nazi-Regisseur Gustav Ucicky, unter nicht ganz klaren Umständen bei Sotheby‘s versteigert wurde (und man sich mit der Nachkommin der ursprünglichen Besitzer einigte). Nun hat das Belvedere das Werk für die Ausstellungen zurück geholt. Hier kann man in Klimt als den deliziösesten aller Erotiker zwischen wunderschön sinnlichen jungen Frauen, fließendem Wasser und raffiniertesten Ornamenten versinken. Dafür brauchte er kein Vorbild, und das macht ihm nicht so schnell einer nach…

Unteres Belvedere
KLIMT. INSPIRED BY VAN GOGH, RODIN, MATISSE..
Bis 29. Mai 2023. 
Das Belvedere teilt mit: Während der Ausstellungslaufzeit ist das Untere Belvedere täglich bereits ab 9 bis 18 Uhr geöffnet. Für den Besuch werden Time-Slot-Tickets benötigt. Wer sich Tickets online sichert, spart bis zu 15 %.

 

Diese Seite drucken