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WIEN / Belvedere: KLEMENS BROSCH

09.03.2018 | Ausstellungen, KRITIKEN

WIEN / Unteres Belvedere / Orangerie:
KLEMENS BROSCH
Wiederentdeckung eines großen Zeichners
Vom 09. März 2018 bis zum 03. Juni 2018

Auf Augenhöhe mit den Allergrößten

Die Ausstellung in der Orangerie des Belvedere wirft eigentlich nur eine zentrale Frage auf: Wie konnte es sein, dass Klemens Brosch dermaßen vergessen wurde und nicht in der Ehrengalerie der großen Zeichner aller Zeiten zu finden ist? Manches mag sich aus seiner tragischen Biographie erklären. Die Wiederentdeckung des Linzer Künstlers, erst in der unmittelbaren Heimat (dem Lentos Museum) erfolgt, nun im Wiener Belvedere nachgeholt, sollte dafür sorgen, dass man seinen Namen im Bewusstsein bewahrt, als einen, der neben Goya, der neben seinem Landsmann Kubin steht.

Von Heiner Wesemann

Klemens Brosch Er wurde am 21. Oktober 1894 in Linz geboren und starb ebenda am 17. Dezember 1926, gerade 32 Jahre alt. Dennoch hat er in diesem kurzen Lebensraum, von dem 16 Jahre künstlerischem Schaffen gewidmet waren, ein Werk hinterlassen, das nicht nur in der Quantität, sondern auch in der Qualität außerordentlich ist. Der Sohn eines Bürgerschuldirektors zählte zu jenen unglücklichen jungen Männern, die in einen grausamen Krieg geschickt wurden, was die künstlerische Ausbildung dieses allseits anerkannten Talents unterbrach. Sein Bruder fiel 21jährig. Klemens musste an die Front in Galizien, und was er an Grauen erlebte, springt den Betrachter heute noch erschreckend von seinen Zeichnungen an. Mit Herz- und Lungenschwäche nicht für den Kampf geeignet, behandelte man ihn an der Front mit Morphium und legte damit den Keim zu seinem frühen Untergang. Er wurde vom Rauschgift abhängig und konnte sich lebenslang nicht mehr davon befreien.
Zurück in Linz, ruinierte der Hochbegabte seine Existenz und die seiner gleichfalls süchtigen Frau Johanna, weil alles Geld auf die Beschaffung von Suchtgiften (Morphium, Kokain) verwendet wurde. Der Versuch, sich in der Landes-Irrenanstalt auf Entzug zu begeben, scheiterte. Seine Meisterzeichnungen fanden kaum Abnehmer, obwohl er ausgestellt und in Wien auch 1926 in die Meisterklasse von Ferdinand Schmutzer (einem der größten Zeichner der Epoche) aufgenommen wurde. Doch Brosch fand keinen Weg aus seiner Sucht – am Pöstlingberg-Friedhof von Linz beging er mit Hilfe von Chloroform Selbstmord.

Die Welt in Schwarzweiß Er zeichnete mit unglaublicher technischer Meisterschaft, mit dem Bleistift, ging ab 1920 zum Tuschpinsel über und fand erst kurz vor seinem Tod zu Farben: Ein Werk, das sich faszinierend entwickelt, bewundernswert in der Vielfalt der Themen, Interessen und Stile (manche seiner Werke wirken wie Fotografien), beklagenswert, was durch den frühen Tod verloren ging. Dennoch mag der Drogen-Rausch auch zu grandiosen Visionen den Ausschlag gegeben haben.

Im Besitz von Oberösterreich Rund tausend Zeichnungen und Aquarelle, wenige Gemälde sind entstanden, so gut wie alle befinden sich im Besitz der Stadt Linz oder des Landes Oberösterreich. Stella Rollig hat nun ihre eigene „Linzer Vergangenheit“ (sie leitete das Lentos Kunstmuseums Linz, später auch zusätzlich das Stadtmuseum Nordico) benützt, um Brosch – gestaltet von Brosch-Spezialistin Elisabeth Nowak-Thaller – nach Wien zu holen.

Krieg und Horror und Tod Der Erste Weltkrieg war nicht nur für Klemens Brosch ein Trauma, aber nicht jeder konnte es so erschütternd, so anklagend künstlerisch gestalten: Ein Blatt wie „Siesta der Henker“ wird bis heute die Betrachter entsetzen. Keine Frage, dass die Militärbehörden von solchen Arbeiten nicht eben angetan waren. Betritt man die Orangerie, so sind auf einer großen, in Orange gehaltenen Wand nur die Zeichnungen der abgetretenen Schuhe von Soldaten versammelt, „Der Invaliden Dank“ genannt. Dergleichen bedarf keiner Erklärung. Wenn Bosch auch später zu „normalen“ Themen herangezogen wurde (so entwarf er 1920 das „Notgeld“ der Zeit), wenn er auch übliche Motive wählte, in denen er oft „surreal“ abhob (er bediente so viele Stile, dass man ihn nirgends einordnen kann), so begleitete ihn der Tod doch permanent. Der ausgezeichnete Katalog stellt Broschs Beziehungen zu Goya, Kubin, Böcklin und Klinger, aber auch zu japanischen Tuschzeichnungen (der Einfluß ist evident im farbigen Spätwerk) her.

Unteres Belvedere / Orangerie
KLEMENS BROSCH
Wiederentdeckung eines großen Zeichners
Bis 03. Juni 2018
Täglich 10 bis 18 Uhr, Freitag bis 21 Uhr

 

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