WIEN / Oberes Belvedere:
Reihe: IM BLICK
JOSEF IGNAZ MILDORFER (1719 – 1775)
REBELL DES BAROCK
Vom 19. September 2019 bis zum 6. Jänner 2020
Und warum
kennt ihn keiner?
Es ist ein runder Geburtstag, der dreihundertste, und der Barock ist für das Belvedere ein großes Thema – als Sammlungsschwerpunkt des Hauses und als Forschungsprojekt. So rückt nun in der Reihe „Im Blick“ der Tiroler Barockmaler Josef Ignaz Mildorfer (1719 – 1775) ins Zentrum von Betrachtungen, wo er lange nicht (mehr) gestanden hat. Tatsächlich kann sich Kuratorin Maike Hohn nicht erklären, wie der zu seinen Lebzeiten anerkannte, in Wien wirkende und für das Herrscherhaus tätige Künstler so in Vergessenheit geraten konnte, während seine Zeitgenossen Paul Troger, Franz Anton Maulbertsch oder Daniel Gran durchaus im Bewusstsein der Kunstfreude leben. Drei Räume im Belvedere stellen ihn nun quasi für die Gegenwart vor.
Von Renate Wagner
Josef Ignaz Mildorfer Man kennt nicht das genaue Datum seiner Geburt, wohl aber das seiner Taufe: Die fand am 13. Oktober 1719 in Innsbruck statt. Der Vater von Josef Ignaz Mildorfer war selbst Maler und unterrichtete den Sohn. Auch damals war es sinnvoll, für eine weitere Ausbildung in die Hauptstadt zu gehen: 1741 ist der 22jährige in Wien und gewinnt gleich an der Wiener Akademie den ersten Preis in einem Zeichenwettbewerb. Andere Preise folgen. Der Bedarf an Malern für die Ausstattung von Kirchen und Klöstern ist groß, Mildorfer ist beschäftigt. Gleichzeitig interessiert ihn der Österreichische Erbfolgekrieg, den Maria Theresia um ihr Erbe auszufechten hat. Schlachtenbilder und Genrebilder aus dem Krieg werden Mildorfers Spezialität. Daneben gilt seine Haupttätigkeit der religiösen Malerei, wobei die Aufträge nicht nur aus Wien, sondern aus vielen Teilen der Monarchie kommen. Im Auftrag der Herzogin Maria Theresia Felicitas von Savoyen, geborene Liechtenstein, stattet er u.a. das Savoysche Damenstift in Wien aus. Auch Kaiser Franz I. Stephan beauftragt Mildorfer für seinen Menagerie-Pavillon, Maria Theresia vertraut ihm das Kuppelfresko ihrer Krypta in der Kapuzinergruft an. Bei den Esterhazy ist Mildorfer gewissermaßen „Kollege“ von deren Musiker Joseph Haydn. An der Wiener Akademie scheint der Künstler erst glanzvolle Karriere zu machen, wird dann aus Gründen, die die Nachwelt nicht mehr rekonstruieren kann, ausgeschlossen. Er stirbt am 8. Dezember 1775 im Alter von erst 56 Jahren.
Ein Rebell der Form Die Wiener Ausstellung, die in drei Räumen (links hinten im Erdgeschoß des Oberen Belvederes) über 50 Exponate umfasst, zeigt Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Druckgrafiken und, besonders interessant, Archivalien, die in die Bürokratie der Akademie der damaligen Zeit blicken lassen. Inwieweit war Mildorfer ein Rebell? Das Belvedere selbst besitzt nur ein Hauptwerk des Künstlers, das Altarbild „Die Heilige Dreifaltigkeit mit vier Pestheiligen“ (aus der Kapelle von Schloss Thurnmühle in Schwechat, um 1760), das man für die Ausstellung restauriert hat. Dazu konnte man teils aus Privatbesitz zahlreiche andere Gemälde nach Wien holen, die zeigen, wie sein Stil in den religiösen Werken schon eine Art von „Schwung“ aufweist, der ihn in die Nähe des Manierismus rückt und den Barock klassischer Prägung hinter sich lässt. Wenn er eine Pietà malt, rutscht der Leichnam von Jesus tragisch verzerrt vom Schoß seiner Mutter… Troger, Gran und Maulbertsch, die gleichfalls mit Werken in der Ausstellung hängen, wirken im Vergleich dazu gewissermaßen „konventioneller“.
Die Panduren Zusätzlich interessant sind neben Mildorfers Schlachtengemälden aus dem Österreichischen Erbfolgekrieg seine Porträts jener Panduren (bekannt durch „Trenck der Pandur“), wie man die aus Ungarn und dem Balkan stammenden Hilfstruppen Maria Theresias bezeichnete, die ein ausgesprochen wildes Völkchen waren. Da zeigt sich die Freunde des Künstlers an der Buntheit der Gewänder, aber auch an der absoluten Skurrilität der Gestalten.
IM BLICK:
JOSEF IGNAZ MILDORFER (1719–75)
REBELL DES BAROCK
Oberes Belvedere
19. September 2019 bis 6. Jänner 2020
Täglich 9 bis 18 Uhr, Freitag bis 21 Uhr