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WIEN / Belvedere: GROW – DER BAUM IN DER KUNST

24.09.2022 | Ausstellungen, KRITIKEN

baum plakat c~1

WIEN / Unteres Belvedere: 
GROW – DER BAUM IN DER KUNST
Vom 23. September 2022 bis zum 8. Jänner 2023

Mythos, Symbol, Realität

Für Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig bedeutet eine Ausstellung, die sich unter dem Titel „Grow“ mit dem „Baum in der Kunst“ beschäftigt, vordringlich einen Beitrag zu jenen ökologischen Fragen, die uns heutzutage so dringlich beschäftigen. Kurator Miroslav Haľák sieht das Thema breiter, er möchte am liebsten alles erzählen, was der Baum als Mythos (Weltesche), als Symbol (Lebensbaum), als Realität (Holzwirtschaft) für den Menschen bedeutet. Magie ist hier ebenso im Spiel wie die „Natur“ schlechthin. Mit vielen Erklärungen wird der Besucher durch das Thema geführt, wobei der Anteil der Moderne überbordend ist und sich auch mancher Verwirrungseffekt einstellt.

Von Renate Wagner

baum skulptur adam und eva~1

Zurück zu Adam und Eva     War der Baum schuld, die Schlange oder der Apfel? Egal, der Baum der Erkenntnis ist nicht wegzudiskutieren, und so beginnt die Ausstellung mit der Bibel. Vielfältig spannt sich das Thema von einem Kärntner Fastentuch des 15. Jahrhunderts, wo Bäume im Paradies wuchsen, über Adam und Eva, wie man sie von Cranach kennt, bis zu einem flüchtenden Paar: Als übergroße Skulpturen lässt Liza Lou „Die Verdammten“ (immerhin vergoldet!) möglicherweise aus dem Paradies fliehen. Dass der Kurator schon am Anfang an das Ende denkt, zeigt ein „Apokalypse“-Gemälde von Lilly Steiner (der man auch im Leopold Museum in der Hagenbund-Ausstellung begegnet), wo Baumwurzeln als tödliche Krallen fungieren…

Die Schätze des Hauses    Jede Ausstellung bedeutet, wie Stella Rollig betonte, sich mit der eigenen Sammlung auseinander zu setzen. Tatsächlich hätten sich angesichts der reichen Bestände der österreichischen Stimmungsimpressionisten noch viel mehr Bäume gefunden als hier (gezeigt wreden  Olga Wiesinger-Florian und Emilie Mediz-Pelikan, vermißt wirde Tina Blau). Eine „Stehende Figur“ von Joannis Avramidis mag, wenn man willig ist, an einen Baumstamm erinnern. Man hat mit Künstlern wie Anton Romako, Carl Rahl, Ferdinand Andri auch in die eigenen österreichischen Bestände gegriffen, aber die Klassiker sind rar.

Meisterwerke     Man trifft auf ein paar internationale Meisterwerke, wobei Giovanni Segantinis „Die bösen Mütter“, durch einen knorrigen Baum charakterisiert, dem Belvedere selbst gehört, der genial hintergründige Baum, den René Magritte unter dem Titel „La voix du sang“ gemalt hat, hingegen von der Sammlung Ludwig geliehen wurde. Man hat sich ebenso aus ökologischen wie ökonomischen Gründen entschlossen, die Leihgaben diesmal nicht von so weit her zu holen.

baum raum x~1

Bäume oder nicht Bäume     Wobei sich die Ausstellung dann in Abstraktionen verirrt – und ein Bild wie „#StayHome 2“ von Dorota Sadovská nicht mehr mit dem Thema zusammen zu bringen ist. In den weiteren Räumen wird die Auswahl der Werke undurchschaubarer, da sieht man oft die Bäume vor lauter Bildern, Fotos und Videos nicht. Der Kopfstand, den im Bild „Headstanding Totem“ von Nilbar Güreş eine Frau im Wald unternimmt, scheint fast Symbol für eine gelegentlich verquere Auswahl der Objekte zu sein.

baum kopfstand~1

Die bittere Gegenwart   Immerhin darf der Kurator im Katalog ziemlich genau mitteilen, was ihn zur Auswahl veranlasst hat. Und Einzelnes – etwa ein „Brennender Baum“ von Robert Bielek – erinnert ebenso an aktuelle Waldbrände wie an die grundsätzliche Zerstörung vieler Wälder durch rücksichtsloses Ausbeutertum. In diesem Sinn kehrt man wieder zum Thema zurück, nachdem man sich einige Zeit im Wildwuchs verirrt hat.

WIEN / Unteres Belvedere, 1030 Wien, Rennweg 6 
GROW – DER BAUM IN DER KUNST
Bis zum 8. Jänner 2023,
täglich 10 bis 18 Uhr

 

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