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WIEN / Bank Austria Kunstforum: DANIEL SPOERRI

24.03.2021 | Ausstellungen, KRITIKEN

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Alle Fotos: Kunstforum Wien

WIEN / Bank Austria Kunstforum:
DANIEL SPOERRI
Vom 24. März 2021 bis zum 27. Juni 2021

 Eat, drink, make art!

Der Schweizer Künstler Daniel Spoerri, den es im Leben vielfach herumgetrieben hat, von Ort zu Ort, von Experiment zu Experiment, hat sich ohne große Publicity bereits seit 2007 in Wien als einer seiner vielen „Wahlheimaten“ nieder gelassen. Hier widmet ihm nun das Kunstforum Wien angesichts seines 91. Geburtstags eine umfassende Retrospektive. An die 100 Werke, die einen Einblick in rund 7 Jahrzehnte vielfältigen künstlerischen Schaffens bieten. Ins Auge springt allerdings vor allem das Charakteristische, das Spoerri weltweit berühmt und unikat machte: die Eat Art, die sich in seinen so genannten „Fallenbildern“ manifestiert.

Von Renate Wagner

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Daniel Spoerri   Geboren am 27. März 1930 in Rumänien als Sohn eines jüdischen Vaters, der 1941 von Faschisten ermordet wurde, und einer Schweizer Mutter, die mit ihren Kindern in ihre Heimat floh, wuchs Daniel Spoerri dort auf und suchte längere Zeit nach einer „Berufung“, die ihn zuerst zum Theater führte. Er wurde Tänzer, erfolgreicher Solist in Bern. Unruhe zeichnete seinen künstlerischen Lebensweg – er selbst sagte dazu, Zitat: „Meine Unbeständigkeit, meine Sehnsucht und zugleich meine Unfähigkeit, Wurzeln zu schlagen, waren meine Antriebskräfte.“ Man fand ihn bei Theaterarbeit, Experimentalfilmer, Objektkunst. Die „Fallenbilder“, die Essensreste auf Tischen fixieren und an die Wand kippen, machen ihn bekannt, bald berühmt. Spoerri zog sich für über ein Jahr auf die griechische Insel Symi zurück, wo er mit anderen Objekten arbeitete. Ende der sechziger Jahre kehrte er nicht nur in die großen Städte, sondern auch in erweitertem Ausmaß zur Eat Art zurück, als er ein Restaurant in Düsseldorf eröffnete (Spezialität bei Bedarf: Klapperschlange). Dort konnten die Kunden ihren abgegessenen Tisch als „Kunstwerk“ bestellen und nach Bearbeitung durch den Künstler erwerben. Als „Performer“ veranstaltete er Bankette mit anschließenden Kunstwerken. Spoerri lebte in Paris, Mailand, Köln, München und schließlich in der Toskana, wo er seinen „Giardino di Daniel Spoerri“ eröffnete, einen Kunst- und Skulpturengarten, in dem es seine eigenen Objekte wie auch die befreundeter Künstler (etwa die Schweizerin Eva Aeppli, die auch mit Materialien arbeitet) zu sehen gibt. Mittlerweile ist er ein weltweit bekannter, überall prominent ausgestellter, teuer gehandelter Künstler, der auch als Professor tätig war. Seinen Aufenthalt in Wien verbindet er mit einem Ausstellungsareal, einem Erlebnisort mit Restaurant, im niederösterreichischen Hadersdorf am Kamp. Große Huldigungen empfing er im Vorjahr zu seinem neunzigsten Geburtstag.

Finde Deinen Stil – oder Deine Masche?   Was für Andy Warhol die Suppendosen und die vielfarbigen Siebdrocke von Prominenten (voran die Monroe und Mao) waren; was Joseph Beuys mit seiner Kombination von Filz und Fett erreichte; das sind für Daniel Spoerri die „Fallenbilder“ der von ihm kreierten „Eat Art“, ein unverwechselbares und auch von niemandem nachzuahmendes oder zu kopierendes Alleinstellungsmerkmal. Wie bei vielen Modernen ist es „behauptete“ Kunst, das heißt, eine Idee, die von der Kritik, den Händlern, Galerien und Museen akzeptiert wurde. Dabei wird mit Alltagsmaterial gearbeitet und ein neuer Blick auf die Welt postuliert. Das kann man akzeptieren, muss es aber nicht. Objekte des Alltags zusammen zu führen, hat sich für viele moderne „Künstler“ bewährt, aber es muss eben – wie bei Spoerri – eine unikate Idee dahinter stecken. Dazu gibt es auch den philosophischen Background: „Eat Art hat nichts mit Haubenküche zu tun, Eat Art ist die Frage nach dem Wozu, dem Leben, der Vergänglichkeit, dem Tod. Bei den Tieren ist Essen auch Töten.“

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Eat Art – und was sonst?    Spoerri arbeitet bei den „Fallenbildern“ mit allem, was auf einem Tisch übrig bleibt. Die Ausstellung zeigt aber auch andere Werke des Mannes, der weder zeichnen noch malen will (er könne es gar nicht, sagt er selbst), sondern mit großem Einfallsreichtum kombiniert und appliziert. Die Beschreibung seiner Schöpfungen klingt stets ähnlich: „Assemblage aus“ (dann folgt wahlweise Holz, Porzellan, Papier, Farbtuben, leere Terpentinflaschen, Pinsel, Putzlappen oder was immer) „und diversen Gegenständen“.

Das wirkt spielerisch und oft ästhetisch, verwirrend und doch fesselnd. Alles wird ihm zum Material und verändert seinen Charakter, wenn man es vervielfältigt – viele Messer sind, wie er sagt, etwas anderes als nur eines…. Fazit: „Ist nicht die Kunst ein Hinweis auf die Weise, wie man die Welt sieht, immer wieder neu, und in jeder Zeit anders?“

DANIEL SPOERRI
Bank Austria Kunstforum Wien
Bis zum 27. Juni 2021
täglich 10 bis 19 Uhr, Freitag 10 bis 21 Uhr

 

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