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WIEN / Arnold Schönberg Center: ARNOLD SCHÖNBERG & KARL KRAUS

18.01.2024 | Ausstellungen, KRITIKEN

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WIEN / Arnold Schönberg Center:
ARNOLD SCHÖNBERG & KARL KRAUS
Vom 17. Januar bis 10. Mai 2024

Die Unruhestifter
von anno 1874…

Karl Kraus wurde am 28. April 1874 im böhmischen  Gitschin geboren, Arnold Schönberg am 13. September 1874 in Wien, und mit dem Geburtsjahr teilen sie auch das Gedenken an ihren 150. Geburtstag. Noch einen Jubilar gäbe es, Hugo von Hofmannsthal, der am 1. Februar 1874 in Wien zur Welt gekommen war, der mit seiner nostalgisch-konservativen Welt- und Kunstauffassung (Rosenkavalier, Jedermann, Schwieriger) allerdings nicht zu den beiden Erstgenannten passen würde, die immer den Blick radikal nach vorne richteten. Das Arnold  Schönberg Center hat Schönberg und Karl Kraus nun eine gemeinsame Ausstellung gewidmet.

Von Renate Wagner

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Schönberg und Kraus      Der eine war Musiker, Komponist, aber nicht nur, Arnold Schönberg (1874 – 1951) konnte auch als Maler unter seinen Zeitgenossen bestehen, er war ebenso ein schreibender Mensch und ein bedeutender Theoretiker. Karl Kraus (1874 – 1936) war Journalist und noch mehr, in einem Theaterstück wie „Die letzten Tage der Menschheit“ hob er die Zeitkritik seiner Epoche aus den Zeitungsseiten auf die Bühnenbretter (wo das gewaltige Stück auch heute immer wieder einmal auftaucht). Man kann Schönberg und Karl Kraus nicht zuletzt in ihrem kritischen Blick auf die damalige Gegenwart, ob politisch, ob künstlerisch, durchaus „Brüder im Geist“ nennen.

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Die Beziehung      Dennoch will die von Therese Muxeneder kuratierte Ausstellung im Schönberg Center hier keine „Freundschaft“ konstruieren, wo keine war. Man kannte einander, Schönberg war Kraus-Leser (die Ausstellung zeigt die gebundenen Bände der „Fackel“ aus seinem Besitz), er war auch Besucher der Kraus-Vorlesungen, die Wien begeisterten. Kraus habe ihn schreiben, ja, denken gelehrt, sagte er einmal. Karl Kraus hingegen, der immerhin Schönbergs Bild in seinem Arbeitszimmer hängen hatte, der sich grundsätzlich nicht viel aus Musik machte, konnte sich für Schönbergs Zwölfton-Musik nicht erwärmen. „Ich stehe Ihrer Kunst ferne“, bekannte er in lapidarer Rücksichtslosigkeit.  Da war er allerdings nicht der Einzige, auch in Schnitzlers Tagebuch findet sich etwa das verständnislose Kopfschütteln nach einem Schönberg-Konzert. Und tatsächlich ist der Komponist in der Akzeptanz eines breiten Publikums ja auch heute noch nicht so angekommen wie etwa die Wiener Klassik…

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Die Ausstellung   An den  Wänden, in Vitrinen und per Tonstationen ist mehrfacher Zugang zum Thema – das lautet Schönberg, Kraus und ihre Zeit, die Jahrzehnte zwischen ausgehender Monarchie und aufdämmerndem Faschismus – zu betrachten.

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Wenn auch Schönberg und Kraus im Mittelpunkt stehen, so werden auch jene Zeitgenossen, die ihre Geistesgenossen waren, einbezogen – Adolf Loos, Oskar Kokoschka, Peter Altenberg und auch die Ärztin und Schriftstellerin Marie Pappenheim, die für Schönberg den Text zu dem Monolog „Erwartung“ schrieb. Es ist eine Welt der „Unruhestifter“, die einst Empörung auslösten und heute weit eher bewundert werden als die Konservativen ihrer Zeit. 115 Exponate aller Art, Bilder, Briefe, Dokumente, Manuskripte, Publikationen, Noten führen in verschiedene Themenbereiche ein.

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Schmerzliche Verluste    Einen Schwerpunkt legt die Ausstellung auf Abschiede – da ist die Totenmaske von Karl Kraus, die Totenmaske von Arnold Schönberg, die Anna Mahler 1951 in Los Angeles schuf. Das Begräbnis ihres Vaters Gustav Mahler 1911 auf dem Grinzinger Friedhof hat Arnold Schönberg gemalt. Abschied von einem jüdischen Wien, das auch in seiner Problematik thematisiert wird. Denn während sich Schönberg immer zu seinem Judentum bekannte, hat ihn das „Unverständnis der Judenfrage“, das Kraus auch zu geißelnden antisemitischen Ausbrüchen trieb, stets verstört. Was ihn nicht daran hinderte, wie Schönberg schrieb, Kraus „trotz meines Ärgers, für einen wahrhaft großen Mann“ zu halten…

Der Maler Schönberg    Neben den zahlreichen Dokumenten kann die Ausstellung auch reichlich auf ihre Besitztümer von Schönbergs Gemälden zurück greifen. Da findet sich nicht nur ein Gemälde von Marie („Dr. Mizzi“) Pappenheim, sondern auch Selbstporträts und Werke, die auf Karl Kraus und Kokoschka Bezug nehmen. Schömberg als ausdrucksstarker Maler wird von Beispielen seiner Musik ergänzt, die im Hörraum in einem Querschnitt durch die verschiedenen Schaffensperioden zu verfolgen sind.

Arnold Schönberg Center / Schwarzenbergplatz 6, Eingang Zaunergasse 1/3, 1030 Wien
Arnold Schönberg & Karl Kraus
Vom 17. Januar bis 10. Mai 2024
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10 bis17 Uhr
feiertags geschlossen

 

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