WIEN / ALBERTINAmodern:
THE 8Os
DIE KUNST DER 80ER JAHRE
Vom 10. Oktober 2021 bis zum 13. Februar 2022
Du sollst nicht langweilen
Nirgendwo kommt die „Moderne“ so attraktiv auf das Publikum zu wie in der „ALBERTINAmodern“ im Künstlerhaus. Wenn man sich dort nun in einer neuen Großausstellung den Achtziger Jahren widmet, hat man ein mehr als ergiebiges Thema gefunden. Denn in dieser Epoche „explodierte“ die Kunst geradezu in alle Richtungen. Das Motto, dass alles möglich sei, wurde ausgeschöpft. Das Ergebnis hat in hohem Maße Unerhaltungscharakter. Und, was Klaus Albrecht Schröder besonders freut, die österreichischen Künstler stehen mit ihren damaligen „Jungen Wilden“ absolut auf Augenhöhe mit der Weltkunst.
Von Renate Wagner
Die Achtziger Es war, der Rückblick zeigt es, ein widersprüchliches Jahrzehnt. Die angelsächsische Welt wurde von Ronald Reagan und Margaret Thatcher in konservativen Bahnen gehalten. Gleichzeitig marschierten die Russen (vergeblich, wie man weiß) in Afghanistan ein. Die Briten führten den Falkland Krieg. Die Sowjetunion löst sich langsam auf, am Ende des Jahrzehnts steht die Deutsche Wiedervereinigung. Politisch bewegte Zeiten und doch im Wohlstand saturierte, in denen außerdem das digitale Zeitalter heraufdämmerte. Nicht alles war so trübsinnig wie das Gesicht einer Züricher Prostituierten, „typisch Achtziger Jahre“, bearbeitet von Franz Gertsch, das als Plakatsymbol gewählt wurde.
Everything goes Und die Künstler? Ohne im geringsten die davor liegenden Epochen kritisieren zu wollen, so waren diese doch mit Konzeptkunst und Minimalismus sehr zerebral ausgefallen. Es ging darum, Neues zu konstruieren und sich selbst als Künstler in den Mittelpunkt zu stellen. Diese künstlerische Weltsicht kippte. Auf einmal besann man sich unter dem Motto „Anything goes“ auf die Vergangenheit, benützte sie, kommentierte sie, spielte damit. Die Wiener Ausstellung überfällt den Besucher geradezu mit humoristischen Zitaten, wenn hier im ersten Großraum ein fast zweieinhalb Meter hoher Don Quijote reitet (Skulptur von Izhar Patkin) oder „Bär und Polizist“ von Jeff Koons, zwei über zwei Meter hohe farbige Holzfiguren, Assoziationen in jede Richtung erlaubt, sowohl zur Pop-Kultur wie zur „Strategie der Aneignung“. In der Opulenz, die sich in 13 Räumen entfaltet, tragen auch Italiener und Schweizer bei, wobei ein Schwerpunkt natürlich bei den Amerikanern liegt.
Quer durch die Weltkunst Die ALBERTINAmodern besitzt sehr viele der gezeigten Werke selbst, hat aber diesmal auch Leihgaben hinzugeholt. Das Ergebnis erstreckt sich über Kontinente und ist schier grenzenlos in der Fülle der Zugänge. Nach dem Motto „Wir können alles“ wurde auf einmal die Vergangenheit geplündert. Julian Schnabel krönt einen Caravaggio-Kopf mit Geweihen. David Salle affichiert zu einem Porträt von Peter dem Großen Sessel – und zwar so, dass sie vom Bild weg quer in den Raum ragen. Mike Kelley kombiniert ein Hakenkreuz mit Kleeblättern. Keith Haring schmückt die Landkarte der USA mit seinen Männchen und Ornamenten. Robert Longo variiert die Fotos von Punk-Rock-Musikern. Jean-Michel Basquiat kokettiert mit Sci-Fi. Kenny Sharf zitiert mit Bildern aus der Werbung sogar schon Warhol…Das Spiel mit dem Vorgegebenen wird lustvoll, bunt, oft aggressiv ausgeführt, frontal auf die Öffentlichkeit zu.
Der reiche Österreich-Anteil Brigitte Kowanz „spielt“ mit Leuchtstoffröhren, die sie ornamental anordnet. Isolde Maria Joham ging ins Kino und kam mit ihrer Version von Robert Redfords „Electric Rider“ wieder. Für Maria Lassnig ist eine Toilettenspülung, die zwischen Beine eingewachsen ist, die Quelle der Weisheit. Ohne Titel variiert Heimo Zobernig Symbole. Franz Wests „Milieustudium“ dürfte mit einem Wischmopp zu tun haben. Dazu kommen zahlreiche weitere Österreicher zur Wort, von Siegfried Anzinger bis Erwin Wurm, von Herbert Brandl und Hubert Scheibl bis Hubert Schmalix mit seiner kraftvollen Gegenständlichkeit. Sie waren in den Achtzigern ganz auf der Höhe der Zeit, wild, großformatig, ohne Rücksicht auf Konventionen.
WIEN / ALBERTINAmodern:
THE 80s.
DIE KUNST DER 80ER JAHRE
Bis zum 13. Februar 2022
täglich von 10 bis 18 Uhr