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WIEN / Albertina: WEGE DES POINTILLISMUS

17.09.2016 | Ausstellungen, KRITIKEN

 

Pointillismus  Plakat
Fotos, in der Ausstellung gemacht von Heiner Wesemann

WIEN / Albertina / Propter Homines Halle:
SEURAT SIGNAG VAN GOTH
WEGE DES POINTILLISMUS
Vom 16. September 2018 bis zum 8. Jänner 2017

Pünktchen, Pünktchen, Komma, Pixel…

Nicht erst wir haben auf unseren Computern erkannt, dass sich ein Bild aus winzigen kleinen Punkten – wir sagen Pixel – zusammen setzt. Als in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts Georges Seurat und Paul Signac begannen, ihre Pinsel nicht mehr in gewohnter Weise über die Leinwand zu führen, sondern Punkte nebeneinander zu setzen, die sich dann zum Bild fügten, revolutionierten sie die Kunst ihrer Zeit. Die Albertina vollzieht in ihrer „Pointillismus“ Ausstellung die Geschichte dieser Entwicklung nach und beschenkt das Publikum mit einer Überfülle höchstwertiger Kunst bekanntester Namen: Denn auch Van Gogh oder Picasso haben sich im Pointillismus „versucht“…

Von Heiner Wesemann

Pointillismus  Saalansicht~1

Seurat und Signac Georges Seurat 1859-1891), der sich für den damals schon zur „Akademiekunst“ gewordenen Impressionismus nicht begeistern konnte, traf den Autodidakten Paul Signac (1863-1935) im Jahre 1884. Sie entwickelten eine neue Form der Malerei, die sich grundsätzlich von der damals üblichen unterschied: Es war langwierig und mühsam, im Atelier ein Gemälde Punkt für Punkt „zusammenzusetzen“, statt im Freien der Inspiration mit kräftigen Pinselstrichen nachzugeben. Es unterwarf ein Bild einer strengeren Konzeption – und am Ende wurde eine Ideologie daraus: Die Gestaltung rückte vom Vorbild, wie es die Natur bot, ab. Der Künstler wollte nicht seine Stimmung abbilden, sondern – auch nach wissenschaftlichen Prinzipien – gewissermaßen zerebral Grundsätzliches zeigen.

Pointillismus  Signac   Boot~1
Signac: Segelboote im Hafen von Saint-Tropez

Vom Punkt zur Abstraktion Was Seurat, der schon wenige Jahre danach erst 31jährig starb, und Signac schufen, traf so sehr das Bedürfnis der damaligen „modernen“ Bestrebungen, dass sich viele Künstler dem Pointillismus zuwandten, selbst solche, die wie Camille Pissarro aus dem Impressionismus kamen. Andere, wie der Flame Théo van Rysselberghe (1862-1926), blieben dem Pointillismus jahrzehntelang treu. Die Albertina geht den Weg der Entwicklung weiter – von den „Gründervätern“ über die Transformationen, die der „Punkt“ erfuhr. Kleine Quadrate und Rechtecke, mosaikartiges Gestalten bis zu den abstrakten Flächen. Die Fauves, die Kubisten, sie alle zeigen sich als Erbe der Pointillismus.

Pointillismus  Van Gogh~1
Van Gogh: Blühender Garten mit Pfad

Experiment „Punkt“ Es besteht ein Unterschied darin, einer Form mit ideologischer Strenge zu folgen, wie es Seurat und Signac taten, oder sie einmal „auszuprobieren“: Van Gogh tat es in einigen Werken, und Picasso ohnedies, der sich niemandem anderen verpflichtet fühlte als sich selbst und der sich aus der Kunstentwicklung nahm, was ihm gerade konvenierte. Weiter geht es bis Klee, und Mondrian: Ein Kapitel Kunstgeschichte ist zu erzählen.

Die Verwendbarkeit des „Punkts“ Der „Punkt“, der mit den Küstenlandschaften begonnen hatte, die der gleichartigen Thematik der Impressionisten den Fehdehandschuh hinwarf, erwies sich nach und nach als hochgradig brauchbar für alles. Auch das zeigt die Ausstellung – Landschaften, Tiere, Menschen (Rysselberghes fabelhafte Frauenbildnisse), auch Alltagsszenen aus Familie und Arbeitswelt (ob am Feld, ob in der Fabrik), sogar Akte. Alles ließ sich nach und nach mit Punkt und kleiner Fläche zusammensetzen. Der Eindruck ist stets der einer gewissen Distanz – und das wurde wohl auch angestrebt.

Pointillismus  Frauenbildnisse~1

Das Kröller-Müller Museum Die Albertina hätte vermutlich nie die berauschende Fülle von hundert hochrangigen Werken zusammen tragen können, wäre da nicht die Zusammenarbeit mit dem Kröller-Müller Museum gewesen. Es ist eine deutsche Gründung, liegt aber in den Niederlanden (die aus Essen stammende Sammlerin Helene Müller heiratete Anton Kröller und zog nach Den Haag) und besitzt eine überwältigende Anzahl von Van Goghs und speziell Pointillisten. Doch auch andere Museen und Privatsammlungen liehen, und es ist, wie stets, die Tragik einer solchen Ausstellung, dass am Ende von solch großartiger Zusammenführung von Werken nur der Katalog bleiben wird. Dennoch – bis Jänner nächsten Jahres kann man all das noch in der Albertina sehen.

Albertina:
„Seurat, Signac, Van Gogh – Wege des Pointillismus“.
Bis 8. Jänner 2017, täglich 10-18 Uhr, Mittwoch bis 21 Uhr.

 

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