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WIEN / Albertina: VAN GOGH, CEZANNE, MATISSE, HODLER

23.02.2020 | Ausstellungen, KRITIKEN

 

WIEN / Albertina / Propter Homines Halle:
VAN GOGH, CEZANNE, MATISSE, HODLER
DIE SAMMLUNG HAHNLOSER
Vom 22. Februar 2020 bis zum 24. Mai 2020

Wie die Franzosen in die Schweiz kamen…

Die „Villa Flora“ in Winthertur, einst in Besitz des Ehepaares Hedy Hahnloser-Bühler und Arthur Hahnloser, wird derzeit in ein Museum umgebaut und soll ab 2022 eröffnet werden. Wenn dann viele Bestände der Familie Hahnloser Einzug halten, versammeln sich „die Franzosen“, einst von den Hahnlosers als „Pioniere“ eingekauft, wieder fest in der Schweiz. Derzeit kann man Werke der Sammlung noch bei „Gastspielen“ sehen. Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder ist hoch erfreut, eine der edelsten Sammlungen von französischer Kunst des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts nun für einige Monate zeigen zu können.

Von Heiner Wesemann

Das Sammler-Gen     Sammler-Ehepaare sind ein Fixpunkt der Kunstgeschichte. Offenbar geht man gemeinsam-gebündelten Interessen (mit gemeinsamen Vermögen) leichter nach. Das Ehepaar Hahnloser ist ein Beispiel dafür – und in diesem Fall hat sich das „Kunst-Gen“ über Generationen vererbt. Rund 25 Nachkommen der „Gründer“ versammelten sich in der Albertina, als man die Schätze der Familie (aus verschiedenen Museen, Fonds und Privatsammlungen zusammen getragen) als großartige Einheit präsentierte.

Die Augen der Augenärzte     Österreich hat in dem Sammler-Ehepaar Leopold (beide Augenärzte) ein Beispiel dafür, wie „Sehen“ und „Sehen“ offenbar zusammen hängt. In der Schweiz hat Hedy Bühler (1873-1952), Tochter aus reichem Haus und selbst ausgebildete Künstlerin, 1891 den Medizinstudenten Arthur Hahnloser kennen gelernt, der später als Augenarzt praktizierte. Sie konnten erst 1898 heiraten (nach dem Tod ihres Vaters), und bis dahin hatte Hedy schon wunderbare Jahre in Münchner Künstlerkreisen verbracht. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, darunter den Sohn Hans, der später in Wien Kunstgeschichte studierte und Österreich tief verbunden war, lebte in der Villa Flora in Winterthur und begann 1907 Kunst zu sammeln. Mit dem Tod des Gatten, 1936, endete die eheliche Sammlertätigkeit, die allerdings von ihren Nachkommen und der Familie (Arthur Hahnlosers Bruder Emil) fort geführt und auch vielfach in Stiftungen und Museen eingebracht wurde.

Den Freunden nur das Beste    Die Albertina hat „Van Gogh, Cezanne, Matisse, Hodler“ als „Lockvögel“ in den Titel der Ausstellung gestellt, aber man hätte auch genau so gut alle anderen nennen können, die hier großzügig in den Räumen der Propter Homines Halle aufscheinen – gleich zu Beginn edle Renoir und Manet, Gauguin und Monet, Toulouse-Lautrec und Matisse, Redon, Vallotton, Vuillard, Manguin, Marquet und schließlich, im letzten Saal, als krönendes Ende, noch ein Raum für Ferdiand Hodler. Es war zwar die große Leistung des Ehepaars Hahnloser, die Impressionisten in die Schweiz zu bringen, als diese hier noch wenig galten, aber sie haben auch für Ferdinand Hodler Bedeutendes geleistet und zu seiner Reputation beigetragen. Hodler und Giacometti waren jene Schweizer Künstler, mit denen die Hahnloser befreundet waren. Bei ihnen konnten sie ebenso aus dem Atelier bevorzugt wählen, was sie wünschten, wie bei Vallotton, Redon und Vuillard in Paris, mit denen sie ebenso befreundet waren wie mit Pierre Bonnard, Henri Manguin (der im Auftrag des Ehepaars ihre Kinder “Hans und Lisa Hahnloser” malte) und Henri Matisse. Nach dem Ersten Weltkrieg zogen sie nach Südfrankreich, hielten ihre Beziehungen zu lebenden Künstlern aufrecht. Das Ergebnis: Ihre Sammlung beinhaltet das Beste vom Besten.

Juwelen der Sammlung     Jeder Besucher wird bei seinem Rundgang persönliche Favoriten finden – aber Van Goghs „Nachtcafé“ in Arles oder seine tragisch-poetischen verblühten Sonnenblumen zählen zweifellos zu den Höhepunkten. Von üppiger Frauenschönheit bei Renoir führt der Weg zu bestrickenden Landschaften von Cezanne, einem stürmischen Meer von Monet, der rätselhaften „Frau in Grün“ von Henri Matisse – und nicht nur zu dem Typischen von Toulouse-Lautrec, sondern auch zu einem seiner Pferdeköpfe.

Blickpunkt Frau     Außerordentliche Frauenporträts fangen die Aufmerksamkeit des Besuchers, die schöne Halbnackte von Felix Vallotton, die mit dem „violetten Hut“ bekleidet ist, sein thematisch so interessantes Gemälde von 1913, das die weiße Frau nackt hingegossen am Bett zeigt, während die schwarze Dienerin rauchend am Bettrand sitzt. Und schließlich hatten die Hahnlosers keine Angst vor Skandal, als sie die „Entführung der Europa“ von Vallotton kauften, ein mythologisches Thema mit modernem Strich gestaltet und fern von der historisierenden Gefälligkeit. Dass sie mit den „Nackten“ von Vallotton in der Schweiz Skandal machten – das war den Hahnlosers egal. Sie wussten, was Kunst ist.

Höhepunkt Hodler   Schon 1906 hatte des Ehepaar Ferdinand Hodler erstmals in seinem Atelier besucht. Das Selbstporträt des Künstlers aus dem Jahre 1916 wirkt sympathisch, bürgerlich, kein Mann, von dessen Kunst man sich bedroht fühlen könnte. Und doch sind die fünf Frauengestalten von „Der Blick ins Unendliche“ so rätselhaft wie seine Berge, die keinerlei Einladung an Touristen, sondern metaphysische Welten darstellen. Einst waren die Hahnlosers Pioniere darin, Kunst zu erkennen. Heute weiß man in der Schweiz, was man dem Ehepaar und der Familie verdankt.

Albertina:
Van Gogh, Cézanne, Matisse, Hodler.
Die Sammlung Hahnloser
Bis 24. Mai, täglich 10.00 bis 18.00 Uhr,
Mittwoch und Freitag 10.00 bis 21.00 Uhr

 

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