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WIEN / Albertina: PICASSO

17.03.2023 | Ausstellungen, KRITIKEN

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WIEN / Albertina / Pfeilerhalle:<
PICASSO
ZUM 50. TODESTAG    
Vom 17. März 2023 bis zum 18. Juni 2023

Ein Künstler der vielen Gesichter

Er starb vor 50 Jahren, aber tatsächlich hat weder sein Name den Glanz noch haben seine Werke etwas von ihrer unmittelbaren Kraft verloren. Die Albertina „feiert“ den runden Todestag von Pablo Picasso, des „bedeutendsten Künstlers des 20. Jahrhundert“, wie Direktor Klaus Albrecht Schröder urteilte, nicht mit einer Großausstellung – man besitzt selbst hunderte Werke von ihm, hat für die Ausstellung in der Pfeilerhalle aber nur knapp 70 ausgewählt. Klein, aber fein, weil (fast) ein Überblick über sein gesamtes Schaffen – Ölgemälde, Graphik  und viele Keramiken – in Genres und Epochen geboten wird. Und solcherart ist es dann auch eine große Ausstellung.

Von Renate Wagner

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Pablo Picasso        Ein sehr langes Leben, ein reiches Leben, auch in den Werken, die er schuf – 50.000 sollen es sein, ohne dass sein Name inflationär wurde. Rechnet man nach, muss er mindestens jeden Tag ein Werk oder auch mehrere geschaffen haben. Schon im Kindesalter erkannte man an Pablo Picasso, geboren 25. Oktober 1881 im südspanischen  Málaga (als er zehn Jahre alt war, übersiedelte die Familie nach Barcelona), das außerordentliche Talent. Frühe Werke zeigen die Tradition als Ausgangspunkt. Tatsächlich aber begann er, sich seinen eigenen malerischen Kosmos stets neu zu erfinden. Zur vorigen Jahrhundertwende kam er nach Paris, wo er sich bald darauf niederließ. Frankreich wurde seine zweite Heimat, schon bevor der Spanische Bürgerkrieg ausbrach und Picasso sich als vehementen Faschismus-Gegner erklärte. Die Entwicklung, die bis heute letztendlich als der „typische“ Picasso empfunden wird, die kubistischen Werke, begann 1907 mit den „Demoiselles d’Avignon“, einem Schlüsselwerk der Moderne.  Dennoch blieb Picasso nie stehen, überraschte bis zu seinem Tod am 8. April 1973 im Alter von 91 Jahren  durch immer neue Facetten seines Werks – seine Kreativität ist bis zum Ende nicht erloschen. Wie vieles von dem Geschaffenen biographisch war, zeigen nicht zuletzt die Bilder der vielen Frauen, die sein Leben begleiteten.

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Die Wiener Ausstellung     Schon weil Picasso mit Ausnahmen (sein Antikriegs-Riesengemälde „Guernica“) nicht zu übergroßen Formaten neigte, hielt man in der Albertina die Pfeilerhalle für den richtigen  Ausstellungsbereich zu Picassos 50. Todestag. Da diese Ebene (auf dem Level des Eingangs) allerdings nur über drei Räume verfügt, mussten sich Klaus Albrecht Schröder und seine Co-Kuratorin Constanze Malissa auch in der Zahl der Werke beschränken. Nun besitzt die Albertina allein durch die Stiftungen, die dem Hause als unbegrenzte Leihgaben anvertraut wurden, eine sehr große Picasso-Sammlung aller Genres, so dass man sich auf die eigenen Bestände konzentrieren konnte. Bewusst hat man sich auf herausragende Beispiele der meisten seiner Entwicklungsstufen konzentriert. Demzufolge sind seine  „Perioden“ (blau und rosa) ebenso vertreten wie der Kubismus, dazu Beispiele, die ins Surreale und Abstrakte führen. Vom Genre her umfasst das Angebot der Albertina Malerei, Zeichnung, Radierung, Lithografie und Keramik.

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Gibt es den „wahren“ Picasso?     Man hat sich an Picassos Werk so „gewöhnt“, findet die vielen künstlerischen Sprachen, die er spricht, heute so selbstverständlich, dass man vergessen hat, wie revolutionär er einst war, wie sehr er (und Freund Braque) vor mehr als einem Jahrhundert mit ihrer „Erfindung“ des Kubismus die Kunstwelt herausforderten. Die Realität nicht mehr abzubilden, wie sie ist, sondern das Vorgegebene gewissermaßen zu zerstückeln und neu zusammen zu setzen, löste sich aber von jeder Tradition der Betrachtungsweise. Dass auch die Malerei, wie sonst nur die Bildhauerei, Dinge gleichzeitig von verschiedenen Seiten sehen wollte, verblüffte und befremdete. Heute anerkennt man fasziniert die künstlerische Leistung. Wenn der kubistische Picasso auch nicht der einzige ist, der berühmteste aller Picassos ist er allemale.

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Die Inhalte    Aus den gezeigten Werke spricht die Fülle, aus der Picasso Welt bestand. Besonders beeindruckend sind die „sozialen“, traurigen Bilder der frühen „blauen“ Periode aus der ersten Pariser Zeit. Die „Schlafende Trinkerin“ schneidet ins Herz,

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die Radierung „Das karge Mahl“ ist eine weltbekannte Ikone – eindringlicher kann man das Elend der Unbehausten nicht darstellen. Die Ausstellung bietet wunderschöne Frauenbildnisse, manche seiner Geliebten „kenntlich“, manche verfremdet, manche paraphrasiert (à la Cranach), und die „Frau mit grünem Hut“ ist nur noch eine phantastische Stilübung, die sich von jedem realen Vorbild abgelöst hat. Man findet auch den „Stierkampf“-Picasso (darin blieb er Spanier), man findet eine faszinierende Mittelmeer-Landschaft, man sieht Mythologisches, das ihn faszinierte, die Fülle in jeder Hinsicht ist stupend.

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Es lächelt die Keramik     Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Picasso wie durch Zufall zur Keramik, entwickelte aber eine wahre Leidenschaft für dieses Material, das er oft mit wenigen Handgriffen formte und dann bemalte. 4000 Vasen und Teller gibt es von ihm, hier hat er vor allem Tiere mit unendlichem Humor verewigt, die Ausstellung hat ebenso schöne wie originelle Beispiele zu bieten. Alles in allem bietet die Wiener Ausstellung viel mehr als nur den bunten, dekorativen Kubismus, der als „typisch Picasso“ angesehen wird. Typisch Picasso gibt es nicht – er war ein Künstler der vielen Gesichter.

ALBERTINA / Pfeilerhalle:
PICASSO 
ZUM 50. TODESTAG    März 2023 – 18. Juni 2023.
täglich 10 bis 18 Uhr
Mittwoch & Freitag  10 bis 21 Uhr

 

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