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WIEN / ALBERTINA MODERN: DIE ESSL COLLECTION

12.12.2020 | Ausstellungen, KRITIKEN

Alb Modern Plakat~1

WIEN / ALBERTINA MODERN im Künstlerhaus:
DIE ESSL COLLECTION
Vom 7. Dezember bis zum 6.. März 2021

Ist Unterhaltung nicht erlaubt?

Die ALBERTINA MODERN, sein Großprojekt im Künstlerhaus, konnte Klaus Albrecht Schröder nach dem ersten Lockdown mit einer Ausstellung über österreichische Kunst nach 1945 auf die Schiene bringen. Nun, nach dem zweiten Lockdown, lockt er mit der zweiten Ausstellung des Hauses, die nun den „Spender“ würdigt: Es ist schließlich die Essl-Sammlung, die – als sich ihr Sammler-Ehepaar weder die Location in Klosterneuburg noch den Erhalt seiner Schätze mehr leisten konnten – bei Schröder permanenten Unterschlupf fand. Und Wien als Ausstellungsstadt der „Moderne“ einen gewaltigen Schritt weiter brachte. Mit „The Essl Collection“ gibt es nun einen Querschnitt durch die Sammlung.

Von Renate Wagner

Alb Modern Vasarely~1

Die Sammlung Essl   Karlheinz Essl (*1939 in Kärnten) hat die Gewinne aus seiner Baumax-Kette nicht in Society-Luxus investiert, sondern in Kunst, in voller Übereinstimmung mit seiner Gattin Agnes (*1937 in Klosterneuburg). Was sie zusammentrugen, war spektakulär, wurde international beachtete, wenn auch gelegentlich skeptisch betrachtet – zu bunt, zu wild, zu konzeptlos schien, was den Essls gefiel, lauteten die Einwände. In ihrem Heimatstädtchen Klosterneuburg gönnte sich das Ehepaar für seine Sammlung moderner Kunst ein eigenes Museum, das große Beachtung fand. Nach einem halben Jahrhundert Sammlertätigkeit kam das Unternehmen aus finanziellen Gründen zu seinem Ende. Essl bot die Sammlung (ihr Wert wurde damals bis zu 100 Millionen Euro hoch jongliert) der Republik an, die sich das nicht leisten konnte (oder wollte). Gerettet wurde Essl von Hans Peter Haselsteiner, und Klaus Albrecht Schröder konnte seinen Traum, ein Haus für die Moderne (mit integrierter Essl Sammlung) zu schaffen, in den Parterre- und Souterrain-Räumen des Künstlerhauses verwirklichen.

Alb Modern Figur Im Bett~1

Die Essl Collection   Die Essls sammelten international, Amerikaner, Asiaten, Europäer und natürlich Österreicher, und sie sammelten ohne Genregrenzen – Malerei und Skulptur, Fotografie, Video, Installationen und Assemblagen (collage-artige plastische Objekte). Und vor allem Zeitgenössisches, 20. und 21. Jahrhundert, wobei Österreich durchaus im Fokus ihres Interesses stand, sich aber eben Weltkunst im breitesten Umfang hier findet.

Das wollte Klaus Albrecht Schröder auch zeigen, wenn nun „nur“ 130 Werke aus den rund 7000 der Sammlung für die „Essl-Ausstellung“ ausgewählt wurden. Bewusst konzeptlos gewissermaßen, kein übergreifendes Thema, keine zeitliche Einordnung – einfach „bunt“ im vollen Wortsinn. Wie auch schon die erste Ausstellung in der ALBERTINA MODERN ist auch diese ausgesprochen „kulinarisch“ (was man ihr schon zum Vorwurf gemacht hat, weil „moderne Kunst“ ja nur schwierig, herausfordernd und böse zu sein hat). Aber man soll den Unterhaltungswert von Kunst nicht unterschätzen – was so bunt auf den Zuschauer herkommt, gewinnt Aufmerksamkeit und positive Konnotation.

Alb Modern Erster Raum Frontal Von Der Seite~1

Alles halb so schlimm… Im ersten Raum erwartet eine frontale „Wand“ den Besucher – bei genauem Hinsehen geht es in den „Bloody people“ von Gilbert & George um das titelgebende Blut, man kann das Werk aber auch als ornamentale Variation begreifen. Und die beiden alten Herren von Virgilius Moldovan, die sich unter dem Titel „Heilende Akrobatik“ davor rangeln – ja, das sind schon die Päpste, Ratzinger jedenfalls ist unverkennbar.

Alb Modern Rangelnde Päpste~1

Oder die Installation Peter Land, die einen Mann mit überdimensionalen Gliedmaßen auf einem Bett liegend zeigt, wo der tragische Aspekt von einem komischen konterkariert wird. Auch „Duet Memory“ des Koreaners Nam June Paik (1932-2006) bietet in seiner Kombination eines Klavierflügel mit TV-Monitoren einen amüsanten Blickfang.

Alb Modern Mit Flügel~1Und wer sich bei den „Gonflés, Deconflés“ von Annette Messager nicht amüsiert, den pastellfarbenen, aufblasbaren Schockfiguren aus Fallschirmseide, nur bei ganz nahem Hinsehen als Innereien erkennbar… den Künstlern ist jedenfalls etwas eingefallen.

Überraschende Spannungen   Jeder Besucher wird sich aus dem überreichen Angebot etwas auswählen, das ihn fesselt oder auch schockiert oder amüsiert… „Diese Ausstellung setzt auf die überraschenden Spannungen, die sich zwischen sehr gegensätzlichen Werken auftun“, heißt es von Seiten der Albertina, und genau das wird erreicht. Auch im Untergeschoß, wenn sich unter dem Titel Photography – eine Welt für sich eröffnet und ihren Beitrag zur modernen Kunst überzeugend demonstriert.

ALBERTINA MODERN im Künstlerhaus
The Essl Collection
Bis 6 März 2021, täglich von 10 bis18 Uhr.

 

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