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WIEN / Albertina: MEISTERWERKE DER ARCHITEKTURZEICHNUNG 2

22.06.2018 | Ausstellungen, KRITIKEN

WIEN / Albertina / Tietze Galleries für Prints and Drawings:
MEISTERWERKE DER ARCHITEKTURZEICHNUNG 2
Vom 22. Juni 2018 bis zum 23. September 2018

Gedacht, gezeichnet,
geträumt

Die Albertina besitzt eine außergewöhnlich große Sammlung von Architekturzeichnungen, nämlich an die 40.000 Stück aus mehreren Jahrhunderten. Um allein einen thematischen Querschnitt durch die Besitztümer zu geben, waren zwei Ausstellungen nötig: Der zweite Teil, nun zu sehen, legt Schwerpunkte auf Themen wie Gärten, Theater, Antikerezeption, Moderne – und vor allem auf erdachte Projekte, die nie verwirklicht wurden. Dennoch haben gerade diese Blätter oft höchsten Aussagewert. Eine Erkenntnis zementiert diese Ausstellung jedenfalls mit 70 hochkarätigen Werken: nicht nur Architektur ist Kunst, Architekturzeichnung ist es auch.

Von Heiner Wesemann

Der Glanz der Fassaden Entworfenes und Gebautes finden sich auf Bildern, die Gloriette überragt Schönbrunn und Otto Wagner (der an sich so wenig realisieren konnte) baute dort den Pavillon für Kaiser Franz Joseph. Aber tatsächlich ist das Erdachte weit zahlreicher als das wirklich Realisierte – schließlich sind Phantasie und Papier weniger aufwendig als die Umsetzung in Wirklichkeit (ganz zu schweigen von den enormen Kosten, die immer mit großen Bauten verbunden sind). Aber, was wäre, wenn… wie sähe manches heute anders aus? Doch so pompös, wie Max Hegele sich das Ende des Schottenrings in Form eines Gebäudes gedacht hat – so ist es nicht geworden. Und wie würde der Salzburger Mönchsberg heute aussehen, wenn Clemens Holzmeister dort, wie beabsichtigt, 1950 ein gewaltiges Musik-Olympia-Haus hätte hinstellen können? Vieles ist ganz offensichtlich nur das Spiel des Künstlers mit Möglichkeiten – wenn etwa Fritz Wotruba ein Blatt a priori „Architektonische Figurenkombinationen“ nannte…

Die Welt der Gärten Einen Schwerpunkt setzt die Ausstellung im Bereich der Gärten. Keine Schloßarchitektur, die sich mit dem Gebäude begnügte. Die Gärten bedeuteten mit ihrer wesentlich größeren Ausdehnung auch eine besondere Herausforderung: Sich hier in der Gestaltung Besonderes einfallen zu lassen, gehörte zur Repräsentation – europäische Fürstenzentren verfügen über die bemerkenswertesten Gärten. Die Natur mit Wiesen, Blumen, Bäumen, Hecken, Wasser mit Architektur, mit Brunnen, Kaskaden, Treppen, Balustraden, immer wieder Gebäuden (ob „römische Ruinen“, ob Tempelchen) zu verbinden, hat zahlreiche Meisterwerke hervorgebracht.

Gebaut und zerstört Ehrenpforten gehörten vor allem im Barock zur festlichen Tradition: Vor allem für Einzüge von Fürstlichkeiten zu besonderen Gelegenheiten wurden solche aufwendigen Holzkonstruktionen erstellt und auch reichlich verputzt und geschmückt. Kaum war das Ereignis vorbei, riß man sie wieder ab. Für die Erinnerung erhalten sind sie nur auf Papier – so wie jene Ehrenpforte für Maria Theresia und Franz Stephan, die Franz Anton Danne in Feder und Tusche gezeichnet hat und die in der Ausstellung zu sehen ist. Von ähnlicher Vergänglichkeit sind Theaterdekorationen. Hier hat die Ausstellung kostbare Blätter der Familie Galli-Bibiena zu bieten. Sie zeigen, wie unendlich aufwendig man im Barock Bühnenereignisse ausstattete, um den erstrebten Überwältigungseffekt zu erzeugen. Ein Szenenbild zu „Iphigenie auf Tauris“ zeigt mit einem Hintergrundsprospekt, dass man selbst Gewitter mit dramatischer Malerei auf der Bühne imaginieren wollte.

Inspiration Antike Ein Blatt aus dem 16. Jahrhundert ist das älteste Stück der Ausstellung und zeigt den Grundriß des römischen Pantheons. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, wie die griechische, römische und auch ägyptische Antike Künstler inspiriert haben, die überlieferten Formen (Tempelstrukturen, Pyramiden) in ihre Werke einzubringen – nicht nur in antike Phantastie-„Capriccios“ auf dem Papier. Antonio Canova schuf das berühmte Grabmal für Erzherzogin Christine, die Gattin des Albertina-Gründer Herzog Albert von Sachsen-Teschen:

Was die Ausstellung in einem Blatt zeigt, kann man ein paar Schritte weiter in der Augustinerkirche live besichtigen – die Schatten gehen durch einen pyramidenförmigen Eingang ins Jenseits.

Utopie zwischen Phantasie und Möglichkeit Besonderen Reiz strahlen die modernen Blätter heutiger Architekten in einem eigenen Raum aus. Wie aus kritzelnden Zeichnungen eines Friedrich Kiesler etwas Konkretes werden sollte, ist nicht zu erkennen, und auch Entwürfe etwa von Zaha Hadid oder von Haus-Rucker-Co. wirkt weit eher wie moderne Graphik als wie Architekturdesign. Und doch haben all diese Künstler Bedeutendes gebaut.

 

 

Albertina:
Meisterwerke der Architekturzeichnung 2
Bis 23. September 2018.
Täglich von 10 bis 18 Uhr, Mittwoch und Freitag bis 21 Uhr

 

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