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WIEN / Albertina: FASZINATION PAPIER

Eine wilde Mischung

12.12.2025 | Ausstellungen, KRITIKEN

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WIEN / Albertina / Pfeilerhalle: 
FASZINATION PAPIER
REMBRANDT BIS KIEFER
Vom 11. Dezember 2025 bis 22. März 2026

Eine wilde Mischung

Als Herzog Albert von Sachsen-Teschen, Schwiegersohn Maria Theresias, als Statthalten in den Niederlanden weilte und in exzessivem Ausmaß Kunst kaufte, gab es auf Papier nur die klassischen Möglichkeiten: Zeichnung, Aquarell, Kupferstich. Holzschnitt. Wie die „Faszination Papier“ expandiert ist, zeigt die nunmehrige Ausstellung im Untergeschoß der Albertina: Vom Skulpturalen bis zum Performativen haben sich die Möglichkeiten des Papier-Umgangs für die Künstler von heute schier unglaublich erweitert. Die Ausstellung wirbt zwar mit einem Rembrandt-Kopf und hat Sensationelles von Dürer bis zu den Japanern zu bieten, aber der Schwerpunt liegt auf der Moderne.

Von Renate Wagner

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Ein halbes Jahrtausend    Vermutlich kommen viele Besucher in die Albertina, weil der Begriff der „größten graphischen Sammlung der Welt“ immer noch in den Köpfen fest sitzt, obwohl der vorige Direktor, Klaus Albrecht Schröder, das Haus für alle Künste geöffnet hat. Ralph Gleis, derzeitiger Generaldirektor, muss erstens sparen (also ergibt sich die Notwendigkeit, auf die eigenen Bestände zurück zu greifen), ist aber auch ein Mann der unkonventionellen Lösungen. Schließlich besteht das Museum seit ein paar Jahrhunderten über Herzog Albrecht hinaus, und auch da wurde viel Zeitgenössisches gekauft. Man konnte also aus reichen Beständen schöpfen und im Endeffekt, wie es eine der Kuratorinnen nannte, eine „wilde Mischung“ aus 140 total divergierenden Werken bieten, die tatsächlich optisch wie intellektuell herausfordernd auf die Besucher zukommt.

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Die neuen Möglichkeiten    Ehrlicherweise hätte man sich nicht vorstellen können, was man mit Papier alles machen kann, darüber hinaus, es zu bezeichnen oder zu bedrucken  –   Falten, Zerreißen, Zerknüllen, Biegen und Brechen, mit Schreibmaschine beschreiben, auch Noppen sind eine Gestaltungsmöglichkeit… Die drei Kuratorinnen Katharina Hövelmann (Abteilung für Architektur), Elsy Lahner (für zeitgenössische Kunst) und Eva Michel (für Grafik) haben wahrlich viel zusammen getragen.

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Die Klassiker     Natürlich ist die Albertina für ihre „Alten Meister“ berühmt, und einige davon gibt es auch: Am beeindruckendsten dabei ist die „Ehrenpforte Kaiser Maximilians I.“, die Albrecht Dürer und Albrecht Altdorfer 1515 gestaltet haben, ein dreieinhalb mal drei Meter großer  kolorierter Holzschnitt von 195 Druckstöcken auf 36 Bögen, auf Leinwand aufgezogen, vor dem man Tage verbringen könnte, wollte man die gesamte hier versammelte Habsburg-Ikonographie enträtseln. Groß ist auch Tizians „Der Untergang des Pharao im Roten Meer“ von 1549 mit einer Breite von 2.20 Metern, dergleichen musste auf mehreren Druckstöcken zusammen gesetzt werden.
Ein Werk ähnlicher Bedeutung ist eine leporelloartig präsentierte Holzschnitte-Serie verschiedener japanischer Großmeister, darunter Hiroshige und mehrere Vertreter der Familie Kunisada. Die Geschichte vom Prinzen Genji. 34 Triptychen, auf über 25 Metern in einem Glaskasten dargeboten, lässt aus dem Erstaunen nicht heraus kommen.

 

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Die riesigen Dimensionen    Größe zählt in dieser Ausstellung, Kommt man die Rolltreppe hinab ins Untergeschoß, so empfängt den Betrachter das gewissermaßen „zerknüllte“, zu einer Großplastik gestaltete Papierwunder von Birgit Knoechl. Im ersten Raum mag zwar die Monumentalpforte Dürers der primäre Eyecatcher sein, aber über den Häupten hängt die sogenannte „Terforation“ von Angela Glajcar aus gerissenem Papier in einer Metallhalterung und mit sechs Meter Länge den Dürer in der Dimension noch übertreffend.  Ein auf den ersten Blick nicht zu definierender „Pop Up (Living Room)“ aus Karton und Klebeband der in Vorarlberg geborenen Liddy Scheffknecht, nahezu vier mal vier Meter, kann als Beweis dienen, welche Herausforderung Papier für Künstler heute darstellt. Interessant ein Kubus, der sich als alternatives Loos-Haus darstellt: Nicht nur aus Sperrholz, sondern auch aus Karton und Papier schuf Adolf Loos 1922 sein Modell fur das Haus Rufer. Eine Menge weiterer Beispiele zeigt die Eignung des Papiers für „Objektkunst“.

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Wer zählt die Namen     Es fällt auf, dass viele der Künstler, die hier gezeigt werden, möglicherweise nur Fachleuten bekannt sind, Natürlich nicht Anselm Kiefer, den man neben Rembrandt gewählt hat, um das Publikum mit Berühmtheiten zu locken. An Kiefer lassen sich auch Zusammenhänge herstellen – „Der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“ von 1997 (mit knapp drei mal vier Meter auch sehr groß) findet ein altes Pendant in Dürers „Sternkarte der nördlichen Hemisphäre“, Man kann nicht einmal annähernd erwähnen, was es hier alles zu sehen gibt. Man kann den Besuchern nur empfehlen, sich viel Zeit für diese Entdeckungsreise zu nehmen.

Albertina
FASZINATION PAPIER
Rembrandt bis Kiefer
Vom  11.Dezember 2025 bis 22. März 2026
Täglich | 10 bis 18 Uhr
Mittwoch & Freitag | 10 bis 21 Uhr

Öffnungszeiten | Feiertage
Dezember | 10 bis 14 Uhr

  1. 25. Dezember | 10 bis 18 Uhr
    26. Dezember | 10 bis 21 Uhr
    31. Dezember | 10 bis 18 Uhr
    1. Jänner | 10 bis 18 Uhr
    6. Jänner | 10 bis 18 Uhr

 

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