WIEN / Albertina / Propter Homines Halle:
DÜRER, MUNCH, MIRÓ
The Great Masters of Printmaking
Vom 27. Jänner 2023 bis zum 14. Mai 2023
Das Beste vom Besten
Es gibt einen Jahrestag zu feiern. Vor 20 Jahren, im Februar 2003, ist die „neue“ Albertina unter ihrem Direktor Klaus Albrecht Schröder eröffnet worden, der die lange Sanierungsarbeit auf sich genommen hat. Damals galt das Haus noch als „die größte Graphische Sammlung der Welt“ und hat sich unter Schröders Vorgängern in diesem Rahmen bewegt. Er hat die Albertina bekanntlich zu einem Museum aller Sparten erweitert, sowohl was den Besitz wie die Ausstellungstätigkeit betrifft. Nun kehrt man zur Originalkompetenz zurück, mit einer Graphik-Präsentation, die im Endeffekt mehrere Teile umfassen wird. Ziel: nicht die Entwicklung zu zeigen, sondern von allem das Beste.
Von Renate Wagner
Der Griff in die eigene Schatzkammer Mit Dürer, Munch, Miró lockt die Albertina mit großen Namen, aber es hätte genau so großartig und wirkungsvoll Rembrandt, Goya und Toulouse-Lautrec heißen können, und das sind nicht die einzigen Namen, die in der Kunstgeschichte leuchten. Eine Ausstellung wie diese aus eigenen Beständen zu gestalten, ist singulär, ebenso wie das Konzept von Kurator Kristof Metzger. Üblicherweise würde man, wenn man ein Thema über Jahrhunderte verfolgt, eine lineare Entwicklung zeichnen. Hier geht es um Meisterwerke, wobei man in der Albertina selbst in dieser Ausstellung bis ins 20. Jahrhundert geht. Eine Ausstellung in der Albertina modern ab 24. Februar wird unter dem Titel „Andy Warhol bis Damien Hirst“ die Druckgraphik nach 1945 behandeln. Flankierende Ausstellungen werden weitere Schwerpunkte setzen – „Bruegel und seine Zeit“ wird ab 15. Februar 2023 ebenso viel Graphik zeigen wie ab 17. März 2023 die Ausstellung zum 50. Todestag von Picasso. Und alles wird zum allergrößten Teil aus den eigenen Beständen bestritten.
Eine Geschichte der Techniken Unter dem Begriff „Graphik“ werden verschiedene Techniken zusammen gefasst. Voraussetzung war die Erfindung des Buchdrucks und die Herstellung von Papier – das ermöglichte als ersten Schritt den Holzschnitt und brachte mit sich, was das Wesen der Graphik ausmacht: Dass es „das Original“ in dem Sinn nicht mehr gibt, sondern dass es möglich ist, von den Werken viele Abzüge herzustellen. Damit wurde die Kunst mobil, die Blätter wanderten durch die Welt – zum Ruhm der Künstler. Auf den Holzschnitt folgte der Kupferstich, was auch das künstlerische Konzept veränderte, da man es mit Metall zu tun hatte, und dann die Radierung, die noch differenzierteres Arbeiten erlaubte. Nebenbei gelten auch Zeichnungen als Teil der graphischen Künste und die im 19. Jahrhundert entwickelte Lithographie, die mit Stein arbeitet. In mehreren Räumen der Ausstellung gibt es Videoschirme, auf denen (tonlos, aber mit gut zu lesenden Untertiteln) die verschiedenen Techniken erläutert und gezeigt werden.
Die Großmeister der Künste Beginnend mit den eindrucksvollen Farbholzschnitten noch unbekannter Meister aus dem Mittelalter, die vor allem religiöse Themen behandelten, ist die Ausstellung schnell bei den ganz großen Namen und legendären Werken wie etwa Albrecht Dürers Rhinozeros oder seinen Apokalyptischen Reitern. Dürer, der viel lieber graphisch arbeitete („Er malte nur, wenn es nicht anders ging“, meinte der Kurator), zählt zu jenen, die das „Wunder des Schwarz Weiß“ vermitteln.
Desgleichen ist dies bei Rembrandt van Rijn zu bewundern, dem Meister von Licht und vor allem Dunkelheit; An seinem legendären „Hundertguldenblatt“ (Christus unter den Kindern zeigend) kann man schon deshalb nicht vorübergehen, weil es durch seinen Preis den Wert der Druckgraphik demonstriert – es kostete so viel wie sonst ein Gemälde.
Großartiges sieht man auch von Brueghel und Hendrick Goltzius, wie man überhaupt den Eindruck hat, dass viele Künstler in der Graphik im Ausdruck mutiger und innovativer waren als in der Malerei. Wer hätte dramatischer, düsterer, dämonischer die „Nicht-Farbigkeit“ beschworen als Giovanni Battista Piranesi in seinen „Carceri“ oder Francisco de Goya in seinen Alpträumen? Aber auch für die „moralischen“ Szenen eines Hogarth brauchte es keine Farben.
Die Wiederkehr der Farbe Das 19. Jahrhundert hat dann auch mit seiner Plakatkunst die Farbe in die Graphik zurück gebracht, ganz andere Themen als bisher erstehen auf den Nachtclub-Szenen des Henri de Toulouse-Lautrec, auf den düster-genialen Werken des Edvard Munch, auf einem Plakat des Oskar Kokoschka und dann, erst recht, im deutschen Expressionismus, der neben Schwarz-Weiß auch Farbe aggressiv für seine sozialen und politischen Botschaften einsetzte. Für einen Künstler wie Franz Marc war Farbe das Prinzip, und Jean Miro setzte der dunklen Welt seiner Künstlerkollegen die hellen, leichtfüßigen Möglichkeiten entgegen. Schön, dass im letzten Raum auch einer der großen, innovativen österreichischen Meister der Druckgraphik vertreten ist, Ferdinand Schmutzer.
Schließlich noch die Frauen Dass Frauen, die in der Kunstgeschichte durchaus ihren Platz einnehmen, sich so wenig mit Druckgraphik auseinander gesetzt haben, ist eine Tatsache, die man interpretieren müsste. Die Ausstellung bietet die große Ausnahme, Käthe Kollwitz, die in Schwarz Weiß ihr ganzes soziales Engagement ausdrückte. Neben der Österreicherin Florentina Pakosta ziert noch ein von einer Frau geschaffenes Großwerk die Wand im letzten Raum: „Shakespeare’s Room“ der im Vorjahr verstorbenen Portugiesin Paula Rego, eine „wilde“, reich strukturierte Phantasie.
WIEN / Albertina / Propter Homines Halle:
DÜRER, MUNCH, MIRÓ
The Great Masters of Printmaking
Bis zum 14. Mai 2023
Täglich | 10 bis 18 Uhr, Mittwoch & Freitag | 10 bis 21 Uhr