Fotos Renate Wagner
WIEN / Albertina / Galleries for Photography:
ACTING FOR THE CAMERA
Vom 10. März 2017 bis zum 5. Juni 2017
Mein Bild mache ich
Als die Fotografie erfunden wurde, bestand das erste Entzücken darin, wie vergleichsweise schnell „ein Bild“ zu machen war – im Vergleich zu Zeichnungen oder gar Gemälden. Und außerdem glaubte man, gänzlich fälschlicherweise natürlich, nun ein Medium zu besitzen, das die Welt „exakt“ abbilde. Doch davon entfernte man sich bald, als Fotografen ihren Beruf „erlernten“ und merkten, was sie mit der Kamera alles zu tun imstande waren: Dass sie als Künstler weit über die Grenzen des realen Abknipsens hinausgehen konnten. Und Menschen merkten, dass sie ihr Bild in der Kamera selbst bestimmen konnten… „Acting for the Camera“ in der Albertina zeigt nun das Foto als Kunstbild, als gestelltes Selbstbild.
Von Renate Wagner
Acting for the Camera Dass jemand vor der Kamera „spielt“, würde man a priori mit der Welt des Films in Verbindung bringen, aber sehr früh entdeckten vor allem Künstler, die ihr Bild als „Image“ der Mitwelt vermitteln wollten, das Foto als Mittel der Selbstdarstellung. Die Ausstellung in der Albertina, die das Thema von vielen Seiten umkreist, hat hier ganz signifikante Beispiele zu bieten, von Schiele bis zu Romy Schneider. Und im übrigen gibt die Auswahl aus der großen und bedeutenden Fotosammlung der Albertina auch einen Überblick darüber, welche Genres sich Fotografen in ihren „Pionierzeiten“ eroberten.
Schauspieler, Schauspieler, Schauspieler Schon in der Frühzeit der Fotografie trug man der Berühmtheit eines Alexander Girardi Rechnung, indem man ihn in vielen Posen nebeneinander zeigt, charakteristische Gestik und Mimik einfangend, die seinen Zeitgenossen und Bewunderern zweifellos vertraut waren. Ein Schauspieler wie Luis Rainer, berühmter Tod im „Jedermann“, ließ sich 1925 in der Rolle des König Lear konterfeien – ein Vorläufer der „Starfotos“, die es jahrzehntelang gab. Besonders bemerkenswert ist jene Fotoserie, die der Amerikaner Will McBride, damals erfolgreicher Werbefotograf in Deutschland, 1964 von der damals erst 26jährigen Romy Schneider machte. Schon hatte sie der „Sissi“-Welt den Rücken gekehrt, aber ihr Bedürfnis, die neue, selbst kreierte Romy darzustellen, ist in diesen Fotos evident – rauchend, lachend, erotisch, geheimnisvoll, in zweifellos selbst gewählte Posen, zeigen die Schauspielerin weit weg von jeder Lieblichkeit. Die Fotografie wurde benützt, ein neues Ego zu kreieren und dann mit Hilfe von zahllosen Zeitschriften in die Welt zu tragen.
Die großen Ateliers und Fotografen Der Blick haftet üblicherweise auf den Dargestellten. Bedenkt man, wie viele Maler und andere bildende Künstler im Bewusstsein der Mit- und Nachwelt leben, sind es auf dem Gebiet der Fotografie entschieden weniger, weil sie zu oft hinter dem Objekt, das sie ins rechte Licht rücken, zurücktreten. In den Anfängen war Fotografie auch eine Welt, in der sich Frauen hervortun konnten, denen noch viele Ausbildungsstätten verschlossen waren. Trude Fleischmann und Dora Kallmus, deren Atelier „Madame d’Ora“ ein Muß für die Gesellschaft Wiens war, sind hier mit signifikanten Arbeiten vertreten. Man sieht vieles von Rudolf Koppitz, spezialisiert auf künstlerische Akte (als „Bewegungsstudien“ bezeichnet) und auf das Ausloten von Tanz. Und ein Schiele-Porträt von Anton Josef Trcka beherrscht überdimensional den ersten Ausstellungsraum: Tracka ist es gelungen, Schiele in dem Stil zu fotografieren, wie er sich selbst gezeichnet und gemalt hat… und so die Selbststilisierung des Künstlers im anderen Medium fortsetzte.
Schwerpunkte Es gibt einige thematische Schwerpunkte dieser Ausstellung, eine gilt auf jeden Fall dem Tanz, denn die dort gezeigten expressiven Bewegungen trafen sich auch vielfach mit dem Expressionismus der zwanziger Jahre, der solcherart auch in die Fotografie einzog. Ein eigenes Thema wird in dem tiefer gelegenen dritten Ausstellungsraum unter dem Titel „Aktionistische Inszenierungen des eigenen Körpers“ geboten: Tatsächlich feiert hier der künstlerische Exhibitionismus geradezu bildhafte Orgien, John Coplans sechsfaches „Selbstporträt“ wirkt als Blickfang, die eigene Nacktheit schonungslos zusammen gesetzt. Man sieht Fotos von den Aktionen eines Günter Brus, eines Rudolf Schwarzkogler, die Grimassen des Arnulf Rainer, die „Sculptures“, in denen Erwin Wurm dem menschlichen Körper Verstümmelungen zufügt. Die Fotografie ist einen weiten Weg gegangen.
Bis 5. Juni 2017, täglich von 10 bis 18 Uhr, Mittwoch bis 21 Uhr