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WIEN / 21er Haus: AI WEIWEI

14.07.2016 | Ausstellungen, KRITIKEN

Ai WeiWei mit miktos 2~1 Ai WeiWei  Flyer mit Autogramm~1
Flyer mit Autogramm / Fotos: Heiner Wesemann

WIEN / 21er Haus:
AI WEIWEI
translocation – transformation
Vom 14. Juli 2016 bis 20. November 2016

Ai WeiWei_Plakat~1

Der politische Medienstar

Wo Ai WeiWei, der chinesische Konzeptkünstler, auftaucht, sind auch die Medien. Großer Auftrieb, gleich an zwei Tagen, rund um das Belvedere und die Außenstelle 21er Haus. Der politische Aktivist, der seine heimatliche Volksrepublik China erfolgreich bekämpfte, der nach Gefängnis und Hausarrest nun im Westen ist und hier flächendeckende künstlerische und ideologische Präsenz zeigt, ist das neue As für das Ausstellungsangebot von Agnes Husslein. Auch ihrer Ambition für die Vertragsverlängerung wird ein Künstler gut tun, der so unübersehbar und dabei in diesem Fall so publikumsfreundlich agiert. Großer Bahnhof also für Ai WeiWei.

Von Heiner Wesemann

Ai WeiWei_Aufschrift~1

Ai WeiWei Ai WeiWei, geboren 1957 in Peking in eine regimekritische Künstlerfamilie, studierte erst Film, wurde früh politisch gegen das System seiner Heimat tätig, arbeitete als Architekt und empfing entscheidende Eindrücke als Konzeptkünstler in seiner Zeit in New York in den achtziger Jahren. Zurück in China, wo er eine eigene Galerie eröffnete, stieß er vielfach mit den Behörden zusammen, wurde unter Hausarrest gestellt und erhielt das Verbot, das Land zu verlassen. Dennoch organisierte er von China aus zahlreiche Ausstellungen im Westen. Seit 2015 wieder frei zu reisen, konnte er die ihm angebotene Gastprofessur an der Berliner Akademie der Künste annehmen. In den westlichen Medien ist er als Künstler und politischer Aktivist, der sich derzeit vor allem mit dem Flüchtlingsprojekten befasst, omnipräsent. Desgleichen präsentiert er sich ausführlich in den sozialen Netzwerken. Der Titel der Wiener Ausstellung, die von Alfred Weidinger kuratiert wird, „translocation – transformation“, kommt nicht von ungefähr: Von Vertreibung und daraus resultierender Veränderung weiß er selbst zu erzählen – und setzt es in Kunst um.

Ai WeiWei_Lotus und Köpfe  xx~1
Foto: Belvedere

Lotus im Park Spektakulär ist, was Ai WeiWei im Park von Schloß Belvedere an Schauwerten liefert, obzwar er hier keine „Novitäten“ bietet. Die Schwimmwesten-Installation hat er schon in Berlin gezeigt, aber auch im Teich hinter dem Schloß Belvedere wirken die bunten „Kreise“ enorm. Die Insel Lesbos, wo er sich lange aufhielt, hat ihm Tausende von Schwimmjacken geschenkt, die mit (oder ohne) Flüchtlinge gestrandet sind, und es herrscht eine seltsame Spannung zwischen der Ästhetik der „floatenden“ scheinbaren „Lotus“-Formationen in „F“-Form und der bitteren Erkenntnis, worum es sich dabei handelt. Schließlich arbeitet Al WeiWei nach dem Motto „Alles ist Kunst – alles ist Politik“.

Ai WeiWei  Zodiak Köpfe~1

Blick zurück in die Geschichte Rund um den Teich des Belvederes hat man auch seine Installation von 2011, „Circle of Animals / Zodiac“, aufgebaut. Auf hohen Stäben sind monumentale Tierköpfe aufgespießt, die den zwölf chinesischen Tierkreiszeichen entsprechen. „Wir sind im Jahr des Affen“, meinte Ai bei der Pressekonferenz, „da herrscht Unruhe, das ist ein hartes Jahr“. „Barockes“ kommt hier zum Barock des Belvederes, denn diese Köpfe (vielmehr die ganzen Figuren) standen einst in einer Wasseruhr im alten Sommerpalast des 18. Jahrhunderts. Die originalen Bronzeköpfe wurden von Franzosen und Briten im Opiumkrieg gestohlen – Ai WeiWeis Nachgestaltung bezieht sich auf seine Wiedereroberung der alten chinesischen Kultur.

Ai WeiWei_Teehalle 1~1

Der Tempel in der Halle Kann man als Betrachter ganz ohne Eintrittsgeld im Park des Belvederes schlendern, so wird dieses fällig, wenn man den Gürtel überquert und sich ins 21er Haus begibt. Dort hat Ai WeiWei das für Wien „originale“ Kunstwerk zu bieten. Man weiß, wie in der Kulturrevolution in China Meisterwerke des Alltags zerstört wurden, deren Reste man verrotten ließ. Ai WeiWei hat den Ahnentempel der Familie Wang aus der südlichen Provinz Jiangxi, die in der Ming-Dynastie als Teehändler reich wurden, gekauft: rund 1300 Stücke, die per Schiff in Hamburg ankamen und per Bahn nach Wien weiter transportiert wurden. Im Hauptraum des 21er Hauses hat man diese Teile nun zusammengesetzt und aufgestellt. Der Eindruck der Halle, des teils verblichenen Holzes, die Reste der Schnitzerei-Arbeiten, farbige (hellgrün, rosa) Einsätze unter dem 14 Meter hohen Dach, ist faszinierend. Ein anderer Beitrag zum Thema „Tee“ sind die zahllosen Scherben einstigen Teegeschirrs, die auf den ersten Blick wie Knochen wirken können. Sorglich gesammelt, ergänzen sie das Bild.

Ai WeiWei_Scherbenfeld~1 Ai WeiWei_Scherbenfeld Detail~1

Von Beruf: Künstler Man hat es im Grunde noch nie erlebt, dass sich ein zeitgenössischer Künstler nach einer Pressekonferenz mit nie endender Geduld dem Ersuchen um Autogramme und um die unvermeidlichen Fotos mit ihm stellt. Ai WeiWei tut es, obwohl er genau diese Frage davor thematisiert hat – wie wenig Spaß ihm der „mediale“ Anteil seines Berufs macht, das ewige Präsent-Sein (das er allerdings in den sozialen Medien höchst freiwillig pflegt!), die stete Notwendigkeit, eine öffentliche Person darzustellen, die nie auch nur dazu kommt, irgendwo privat zu sein. „Selbst wenn wir nach Griechenland fahren, um Urlaub zu machen, landen wir im Flüchtlingslager.“ Im übrigen, meinte er, möge man es sich nicht zu einfach vorstellen, als Künstler von seiner Kunst leben zu können – „es ist wirklich ein harter Job.“

Renate im Ai WeiWei gewimmel  x x~1
Auch Renate Wagner hat sich um ein Autogramm angestellt

21er Haus:
AI WEIWEI translocation – transformation
Vom 14. Juli 2016 bis 20. November 2016
Mittwoch 11 bis 21 Uhr, Donnerstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr

 

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