Staatstheater Wiesbaden, Maifestspiele Ringzyklus 1: Wotans Auge ist immer präsent, eine Gesamtbetrachtung
Rheingold Foto Karl & Monika Forster
Dieser Ringzyklus1 anlässlich der Maifestspiele wurde vom Publikum enthusiastisch gefeiert, sowohl szenisch, aber vor allem wegen der orchestralen Leistung und den teilweise hervorragenden Darbietungen der Sängerdarsteller.
Hier nochmals das Team für die szenische Ausarbeitung:
Allen voran der Intendant und Regisseur, Eric Uwe Laufenberg, Bühne Gisbert Jäkel, Kostüme Antje Sternberg, Licht Andreas Frank, Video Falko Sternberg und Dramaturgie Regine Palmai.
Einerseits sollen alle Abende eine geschlossene Einheit bilden und andererseits durch alle vier Abende eine sich weiter entwickelnde Leitlinie gezogen werden. Auch sollten neue Aspekte eingebaut werden, wobei auch gute Einfälle von anderen Produktionen übernommen werden können. Von beiden hat Herr Laufenberg Gebrauch gemacht. Die Regie hat dafür eine Zeitfolge gewählt und für die durchgehende Leitlinie das “fehlende Auge” des Göttervaters Wotan gewählt, weil es in allen Ringabenden vom Komponisten jeweils in anderer Deutung thematisiert wird. Dieses Auge wird am Anfang im Rheingold gezeigt und am Ende in der Götterdämmerung in großer Aufmachung als Videobild auf eine Leinwand projiziert.
Die mediale Berichterstattung gestaltete sich allerdings differenzierter. .
Dies hat in hervorragender Weise, Herr Dirk Schauß, mit seiner sachkundigen Analyse der jeweiligen Premieren im Merker Online verfasst. Er hat sowohl die überwiegend positiven Elemente gelobt, aber auch die einzelnen Schwachstellen offen gelegt. Leider gibt es vereinzelt Spielstätten, die eine derartige Berichterstattung als Majestätsbeleidigung auffassen. Dem muss allerdings heftig widersprochen werden.
Rheingold
Szenisch kann man von der überzeugendsten Leistung sprechen, weil hier die Geschichte spannend, logisch und transparent erzählt wurde und dabei teilweise mit sarkastischen Humor an den geeigneten Stellen nicht gespart wurde. Logisch beispielsweise die Szene mit den Rheintöchtern. Hier sind sie verspielte und anmutende Naturwesen, die Alberich zuerst neugierig machen und später seine erotischen Gefühle wecken.
In der Götterdämmerung sind die Rheintöchter zu Bardamen mutiert, weil ihre Aufgabe, das “Rheingold” zu bewachen, nicht mehr gegeben ist.
Walküre
Hier fungiert Wotan als Kriegsgott, um das bevorstehende Ende aufzuhalten, was sich natürlich als Utopie erweisen wird. Packende Szenen im zweiten Akt mit der Todesverkündigung, wo Siegmund bildlich mit Walhall konfrontiert wird. Lebende Tiere werden neuerdings immer mehr als Attraktion in die szenische Handlung eingebaut. In Bayreuth sind es zur Zeit zwei Truthähne, hier ist es ein Zirkuspferd, das vom Publikum mit spontanen Applaus bedacht wurde. Eine Steigerung wäre, wenn im Rheingold bei Alberichs Verwandlung in einen Riesen-Wurm, beispielsweise ein lebendes Krokodil zu sehen wäre. Dann würde der Ausspruch von Loge: (“Mein Zittern mag dir`s bezeugen), an Glaubwürdigkeit gewinnen.
Siegfried
Siegfried ist meist ein Problemfall für die Regie, weil hier gleichzeitig märchenhafte und hochdramatische Szenen behandelt werden. Auch sollte Mime nicht als Witzfigur dargestellt werden. Großartig die Wissens-Wette, wo man auf Video die Antworten aus heutiger Sicht erklärt bekommt. Computerfreaks werden hier sicherlich auf ihre Kosten kommen. Siegfried wird zwar nach dem Kampf mit Fafner, der hier als Bankdirektor fungiert, dessen Nachfolger, aber er macht keinen Gebrauch davon, weil seine erotischen Gefühle sein weiteres Handeln bestimmen.
Götterdämmerung
Rheintöchter mit Siegfried. Foto Karl & Monika Forster
In der Götterdämmerung wechseln sich Licht und Schatten ab. Nach der Nornenszene sieht man einen geschlossenen Raum, wo Siegried sich von seiner Brünnhilde mit Liebesschwüre verabschiedet, aber wahrscheinlich gedanklich schon bei seiner Rheinfahrt ist, die dann mit Video kommentiert wird. Die Halle der Gibichungen besteht hier nur aus einem großen Raum, ausgestattet mit wenigen Requisiten. Es ist nicht viel zu spüren von der musikalisch charakterisierenden furchteinflößenden Atmosphäre. Ähnlich wie in Walhall, handelt es sich um ein Machtzentrum, wo mit Drogen Personen gefügig gemacht werden und eine Ehe nur für die Durchsetzung der politischen Ziele dient. Man könnte vermuten, dass auf dem Weg vom Landestheater Linz nach Wiesbaden, einige Bühnenbilder ihr Ziel nicht erreicht haben. Auch der finale Schluss war eher bieder, als eindrucksvoll. Nach ihrem Abschiedsgesang verlässt Brünnhilde die Bühne und lässt den Ring fallen, den glücklicherweise die Rheintöchter auf dem abgedunkelten Boden finden. Auf der Videoleinwand erlebt der Besucher unspektakulär das Ende mit dem schon erwähnten Auge Wotans.
Orchestrale Ausarbeitung
Dass an den vier Abenden musikalisch nicht immer alles optimal klingt, ist nicht verwunderlich. Beispielsweise wurden im dritten Akt die Worte Hagens “Meineid rächt ich”, nicht gesungen. In Bayreuth wurden im Ring 1 unter dem Dirigat von “Marek Janowski” im Jahre 2016 in der Götterdämmerung die letzten Worte “Zurück vom Ring” vergessen. Auch waren die Einsätze der Rheintöchter manchmal viel zu spät. Aber deshalb gehört Herr Janowski nach wie vor zu den besten Vertretern seines Fach´s. Gegenüber den Premieren, hat dieser erstmalig aufgeführter “Ring” erhebliche Fortschritte gemacht, so dass man einhellig von einem großen Gesamterfolg sprechen kann. Das bestätigte auch das Publikum mit tosendem Beifall für alle Orchestermitglieder und dem Dirigenten Alexander Joel, die sich am Ende der Götterdämmerung mit ihren Instrumenten auf der Bühne präsentierten und das zu Recht.
Ausnahmslos große gesangliche Leistung aller Solisten
Natürlich ist Andreas Schager mit seinen beiden Siegfried Partien und zusätzlich als Siegmund, die herausragende Persönlichkeit. Zusammen mit der Brünnhilde von Evelyn Herlitzius wurden beide mit großen Ovationen bedacht. Aber auch alle anderen Solisten hatten maßgeblichen Anteil am Gesamterfolg. Nicht zu verschweigen Chor mit Extrachor unter der Leitung von Albert Horne.
An dieser Stelle soll noch einmal an den plötzlichen Tod von dem Gerd Grochowski erinnert werden, der eigentlich für Wotan und Wanderer vorgesehen war und in den Pausengesprächen immer noch thematisiert wurde. Es war bestimmt sehr schwierig, kurzfristig diese Partien neu zu besetzen, dafür gebührt die entsprechende Anerkennung.
Wenn man die besonderen Verhältnisse, wie den beengten Orchestergraben und das Ausweichen mancher Orchesterteile außerhalb auf die Seitenflügel , sowie den engen finanziellen Rahmen, berücksichtig, muss man allen Beteiligten, die am Zustandekommen des Ringprojekts mitgewirkt haben, ein großes Lob aussprechen.
Zweiter Ringzyklus vom 23. bis 28. Mai anlässlich der Maifestspiele
Franz Roos