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W.A. MOZART: LE NOZZE DI FIGARO – Die Wiener Staatsoper in London, ica classics 2 CDs – Live Mitschnitt aus der Royal Festival Hall vom 13. September 1954

Welterstpublikation - Im Rausch einzigartiger Stimmen!

09.03.2018 | Allgemein, cd

W.A. MOZART: LE NOZZE DI FIGARO – Die Wiener Staatsoper in London, ica classics 2 CDs – Live Mitschnitt aus der Royal Festival Hall vom 13. September 1954

Welterstpublikation – Im Rausch einzigartiger Stimmen!

Veröffentlichung 23.3.2018

Karl Böhm hat den Figaro über 300 Mal dirigiert, sieben Mal ist seine maßstabsetzende Interpretation dieser Oper bisher für die Nachwelt konserviert worden, sei es als LP, CD oder DVD/BluRay (aus den Jahren 1938, 1956, 1957, 1963, 1966, 1968 und 1976). Jetzt veröffentlicht ica zum ersten Mal auf CD den BBC Mitschnitt eines Gastspiels der Wiener Staatsoper aus dem Jahr 1954. Die tadellos erhaltenen Bänder stammen aus der Sammlung Richard Itter. Die Besetzung entspricht dem besten und aufregendsten, was Mozart Gesang leisten kann. Manche der Sangesleistungen jener Jahre haben bis heute nicht ihresgleichen, meint so mancher Melomane nicht ohne Wehmut. Und selbst wenn es durchaus und eigentlich selbstverständlicherweise auch weiterhin absolute Spitzenleistungen im Mozart Gesang gibt, so doch nicht stilistisch so einzigartig homogen und mit so unvergleichlich individuell timbrierten Stimmen. Nur in ähnlichen Konstellationen ist das Ensemble so aufeinander eingespielt, hört man derart die Freude am gemeinsamen Musizieren heraus. 

Einige Namen erinnern an die Besetzung der Karajan Studioproduktion aus dem Jahr 1950: Irmgard Seefried sang hier wie da die wohl beste und aufregendste Susanne der Plattengeschichte, Sena Jurinac einen nicht weniger berührenden leidenschaftlichen Cherubino und Erich Kunz einen so ganz und gar wienerischen und eher charmant frechen als trotzig heroischen Figaro. Die Rolle der Gräfin war einmal nicht Elisabeth Schwarzkopf, sondern (wie in der Studioaufnahme unter Erich Kleiber) Lisa della Casa anvertraut. Feminine Eleganz, traumhaftes Legato, Artikulation, Wortwitz und direkt zu Herzen gehende Emotion, alles verschmilzt hier zu einer unlösbaren Einheit und zur höheren Ehre eines einzigartiges Rollenporträts. Eine Leistung absolut auf Augenhöhe mit Elisabeth Schwarzkopf. Welche von beiden dieser grandiosen Primadonnen ein Hörer im Endeffekt lieber hat, ist daher reine Geschmackssache. Als Graf ist der famose prächtig orgelnde Bassbariton Paul Schöffler zu hören. In den kleineren Partien erfreuen Rosette Anday als Marcellina, Oskar Czerwenka als Bartolo, der wunderbare Murray Dickie als Basilio, William Wernigh als Con Curzio, Anny Felbermayer als entzückende Barbarina und Walter Berry als Antonio. In der zweiten Aufführung des Figaro beim damaligen Gastspiel am 16. September 1954 übernahm Walter Berry die Titelrolle der Oper.

Alles perfekt? Nein, natürlich nicht: Einen so vibratoseligen Gesang würde sich heute kein Chor der Welt mehr erlauben dürfen. Erich Kunz hat bisweilen Schwierigkeiten mit der Höhe und Anday und Schöffler stammen hörbar schlichtweg aus einer anderen Opernzeit. Aber dennoch: Nach dem Anhören ist man wie berauscht von der weiblichen Stimmpracht, der traumwandlerischen Charakterisierungskunst in den Rezitativen, der perlenden Leichtigkeit des Dirigats, der atemberaubenden Schönheit menschlichen Gesangs. Diese Aufnahme markiert meiner Meinung nach auch Sena Jurinac‘ besten auf Tonträgern erhaltenen Cherubino.

Zur Zeit des Gastspiels war Karl Böhm Direktor der Wiener Staatsoper (1943-1945; 1954-1956). Karl Böhm leitete die Wiener Philharmoniker sowie den Chor der Wiener Staatsoper und begleitete in London die Rezitative selbst mit simplen Akkorden am Klavier. Die Tonqualität ist exzellent, die Stimmen sind natürlich und präsent abgebildet. 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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