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VERONA / Arena di Verona AIDA von Giuseppe Verdi

24.06.2018 | KRITIKEN, Oper

Der Spettacolo in der Inszenierung ZEFFIRELLIS       By Cortesy of Fondatione Arena di Verona

VERONA  Arena di Verona

AIDA  von Giuseppe Verdi

In der Inszenierung von Franco Zeffirelli
23.Juni 2018       Von Peter Skorepa

 

Eine inszenatorische Belanglosigkeit

 

Was ich als Wachablöse für den Abend mit neuen Carmen bezeichnet habe, nämlich den Wechsel in der Regiearbeit, zeichnet sich für diese Inszenierung der Aida ebenfalls ab. Diese stammt – und das ist keine Überraschung – wie die geschasste Carmen auch von Franco Zeffirelli. Der Mittelteil der Bühne wird blockiert von einer riesigen drehbaren Pyramide und ihrem Unterbau, das Ganze aus einer hässlichen Konstruktion aus horizontal montierten glänzenden Metallrohren. Gewiss sehr praktisch, das muss man ihrem Erfinder lassen, die Umbauten funktionieren schneller als bei anderen, diese Aida kommt mit zwei Pausen aus.

Allerdings beschränkt sich die solistische Personenführung im Wesentlichen auf den verbleibenden Raum vor dem Metallungetüm, die Massen müssen sich seitlich zu Chorformationen aufstellen oder im sogenannten Triumphakt auch die Pyramide und deren Unterbau benutzen.

Im Endeffekt bilden sich immer wieder Ansätze zu einem erstarrenden Steh-und Schreittheater, für die Solistinnen und Solisten zuförderst vorne an der Rampe, es bildet sich eine singende Ansichtskarte nach der anderen, es gerinnen die farbigen Eindrücke im Triumphakt zu einem bunt behangenen Weihnachtsbaum mit schöner Musik und mit Lebkuchenfiguren drauf in ägyptisch nachempfundenen Kostümen von Anna Anni. Das kann nicht Sinn und Zweck von Operntheater sein, auch wenn der Unterhaltungswert in einer derartig gefüllten Touristenschüssel schnell in die Erwartungshaltung absinkt, auf das Niveau von „wir lauschen schönen Stimmen und Weisen zu schönen, gefälligen und bunten Bildern“. Doch das scheint das Schicksal aller sommerlichen Freiluftspektakel zu sein, die von Reiseunternehmern mit Kulturtouristen beschickt werden, deren Aufmerksamkeitspegel ein breit gestreuter ist und nicht von allzu anstrengenden künstlerischen Details abgelenkt werden will.

Gegen den präzise ziselierenden Dirigierstil des Spaniers Jordi Bernàcer wäre nichts einzuwenden, außer gegen seinen Hang zu vielen kurzen Ritardandi und Generalpausen, die den musikalischen Fluss immer wieder einbremsen und kleine Nachjustierungen zum Chor öfter zur Folge haben. Es fehlt, so wie etwa im hier schon packender zu hören gewesenen Triumphakt, das Letzte an hinreißendem Sog des musikalischen Ablaufes. Das nur als kleiner Einwand der ansonsten stimmigen Sängerbegleitung in den Solonummern.

Ohne Zweifel eine hörenswerte Leistung, diese Aida der Anna Pirozzi, und wenn die Stimme auch nicht in allen Lagen gleich gut anspricht, so ist ihr Anstieg auf das C in der Nilarie und dazu ein strahlender Hochton immerhin nicht zu verachten. Da musste Violeta Urmana schon alle Erfahrung ihrer schon längeren Karriere und jene aus dem Wechsel der Stimmfächer aufbieten, um entgegenzuhalten zu können.

Ein weniger guter Abend für Yusif Eyvazof – der Kälteeinbruch war für alle Sängerinnen und Sänger sicherlich ein Problem gewesen – seine Stimme klang mehr als sonst kehlig und unsauber, was aber nicht seine tenorale Durchschlagskraft beeinträchtigte. Und natürlich ließ er sich nicht nehmen, notierte Piani in der großen Arie oder im Schlussduett mit Aida auch entsprechend zu singen. Luca Salsi war ein Amonasro nach dem Geschmack der Arena mit großer Stimme und ausladenden Phrasen.

Im alten Ägypten darf wohl der jüngere und unerfahrenere Sänger König werden (so wie man bei uns Bundeskanzler wird) und der routinierte Politiker wird der Oberpriester: So gab Romano Dal Zovo den noch um Ausdruck und Stimme ringenden König und der ihm überlegene geistige Führer wurde von Vitalij Kowaljow gesungen, der dieses Amt mit Stimmfülle und Nachdruck lebte. Dazu der Bote mit den schlechten Nachrichten von der Grenze: Antonello Ceron, ein Nebenrollenspezialist bester, alter, italienischer Prägung. Anders Francesca Tiburzi, die Sacerdotessa, die Priesterin, die es an kleinen Häusern schon zu größeren Rollen bis hin zur Tosca geschafft hat.

Man kann für die Zuschauer nur hoffen, dass die angekündigte Aida der nächsten Saison wieder diejenige ist, welche Gianfranco de Bosio jener der Uraufführung von 1913 in der Arena nachgebaut hat. Die hat ja doch historischen Charme zu bieten – trotz der erforderlichen länger dauernden Umbauten.

Peter Skorepa
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