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VERBIER/ Festival: IL TABARRO und DON CARLOS dritter und vierter Akt

29.07.2014 | KRITIKEN, Oper

Il Tabarro und Don Carlos 3er und 4re Akt. Verbier Festival vom 27.07.2014

 Il Tabarro, Giacomo Puccini

Die Katastrophe einer enttäuschten Liebe. Giorgetta lebt mit ihrem Mann Michele auf einem Schleppkahn auf der Seine. Dem tristen Alltag versucht sie mit einem Liebhaber zu entfliehen, eine Entscheidung die tödlich endet. Grauer Dunst liegt über dem Wasser und lässt kaum Luft zum Atmen. Reglos steht Michele, Besitzer eines Schleppkahns, neben der Hafenmauer an Deck und lässt seine Leute schuften. Unter ihnen ist Luigi, der Liebhaber seiner Frau Giorgetta. Es kommt, wie es kommen muss. Die Sehnsucht des Paares nach den Freuden der Pariser Vorstadt geht tödlich aus.

 Diese wunderbare Musik wird viel zu wenig auf den hiesigen Spielplänen gegeben. Zum Glück hat das Festival Verbier sich diesem einmaligen Werk gewidmet. Der Einakter wird in Verbier hervorragend wiedergegeben und dies mit einzigartigen Solisten.

 Mit ihrem drastischen Porträt der Frugola tat sich Ekaterina Sementchuk sogleich als eine führende Persönlichkeit des Abends hervor. Der psychologischen Glaubwürdigkeit kam zugute, dass dem reifen Michele Lucio Gallo  mit ausdrucksvollem, ausladenden Bariton in Barbara Frittoli eine ausgesprochen erfahrene Giorgetta gegenüber gestellt war, die das Leiden an einem beengenden, perspektivlosen Dasein glaubhaft machte und gleichzeitig mit ihrem blühenden Sopran unbefriedigten Lebenshunger auszudrücken wusste. Den Luigi gab Thiago Arancam als durchwegs sympathischen Kraftmenschen mit einer wunderbaren Stimme und bedacht mit einer hoffnungsvollen Karriere für eine spannende Zukunft. Man kann sagen, er ist die Entdeckung des Abends!

 Don Carlos, Giuseppe Verdi (Version in 4 Akten, Mailand 1884)

Nach der Pause ging es gleich weiter mit einer hervorragenden Darbietung. Es macht durchgehend Freude diese Sänger zu hören. Für die anspruchsvollen Hauptrollen hatte man ein Staraufgebot mit kostbaren, unverwechselbaren Stimmen zusammengestellt.

 Die schönste Überraschung bereitete allerdings der jugendlich offensive Vittorio Grigolo als Don Carlo in der Titelrolle und Lianna Haroutounian als Elisabetta, sie  waren schlicht wunderbar, ein berührend verwirrtes Paar. Auch Lucio Gallo als Posa und Daniela Barcellona als Eboli hatten grossen Anteil an der anhaltenden Faszination des Abends. Die Barcellona  schiesst mit ihrer Singaktivität, ihrer wahren Singwut den Vogel ab. Sie feuerte ihre berühmte grosse Arie mit vorbildlicher Singkraft hin. Wohl dem, der sie nicht zur Feindin, sondern einzig zur Kollegin hat.

Die Partie des Königs war mit Ildar Abdrazakov als Filippo II glänzend besetzt und mit Mikhail Petrenko als Grossinquisitor waren die beide Herren zwei herausragende Persönlichkeiten von der gefährlichen Sorte.

 Die musikalische Leitung des Orchesters des Festivals Verbier sowie den Chor The Collegiate Chorale stets gut im Griff hatte Daniel Harding.

 Es kommt nicht oft vor, dass Opernstars sich in einem Werk so intensiv versammeln, wie in den beiden Werken heuer geboten wurde. Der Festivalleitung gebührt alle Ehre und Dank für diesen wunderbaren intensiven Abend.

 Marcel Paolino

 

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