Giuseppe Verdi: Attila • Teatro La Fenice, Venezia • Vorstellung: 18.05.2025
(2. Vorstellung • Premiere am 16.05.2025)
«Avrai tu l’universo, ma l’Italia resti a me!»
Mit Leo Muscatos «Attila» hat das Fenice einen in Sachen Werkgerechtigkeit vorbildliche und perfekt musizierte Produktion im Repertoire. Als Odabella ist Anastasia Bartoli eine Idealbesetzung.
Foto © Michele Crosera
Leo Muscato (regia) erzählt die Geschichte eng am Libretto und konzentriert sich auf die mythologische Gründungsgeschichte der Serenissima. Federica Parolini (scene) deutet mit einem Wald dünner Bäume an den Seiten der Bühne einen Wald an, so dass sich in der Bühnenmitte eine kleine «Arena» andeutet. Im Vordergrund ergänzen kleinere Inseln das Bild. Mit etwas Phantasie kann sich der Zuschauer problemlos die Landschaft der Lagune imaginieren. Nach hinten schliesst eine bühnenbreite Treppe, ideal für «Auftritte aus der Versenkung» die Szene ab. Eine Projektionsfläche, die nach unten gefahren werden kann, ist mit die Basis für die geniale Lichtregie von Alessandro Verazzi (light designer). Allein seine Bilder, mit den Schatten der Bäume und den Personen auf der Bühne, machen die Vorstellung zum Erlebnis. Silvia Aymonino (costumi) hat sich bei den Kostümen der Hunnen etwas zu weit östlich, vielleicht bei deren Vorfahren, orientiert. Die Herren tragen dicke, breite Fellmützen, die doch stark an Russland erinnern.
Alfonso Caiani hat den Coro del Teatro La Fenice perfekt vorbereitet. Gerade am Anfang begeisterten die Herren mit einem für Chöre ungewohnten Metall. Und den lyrischen wie den mitreissendem Wohlklang beherrschen sie perfekt. Perfekt auf Augenhöhe agieren die Damen des Chores.
Foto © Michele Crosera
Sebastiano Rolli (direttore) hat das Geschehen perfekt im Griff und animiert das Orchestra del Teatro La Fenice zu wunderbar klarem, prallem, mitreissendem Spiel. Wo wie in den Arien erforderlich, kann er das Orchester ohne Verlust an Klangqualität zurücknehmen und erweist sich als tadelloser Sängerbegleiter.
Nach einer weit schwingenden Anfangsphase kann Michele Pertusi (Attila) seinen prächtigen Bass in geordnete Bahnen lenken und überzeugt mit sattem Wohlklang und souveräner Gestaltung. Dem Ezio von Vladimir Stoyanov geht es ähnlich. Nach dem Prolog spricht sein recht hell klingender Bariton tadellos an. Ab dem ersten Akt überzeugen diese beiden Herren mit ihrer durch ihre langen Bühnenerfahrung geprägten Rollen-Interpretation und souveräner italienischer Sangeskunst. Anastasia Bartoli bewältigt die Odabella, eine der schwierigsten Sopran-Partien im Schaffen Verdis, nahezu virtuos. Ihr Sopran spricht in allen Lagen perfekt an und lässt in Sachen Farbe und Dynamik nichts zu wünschen übrig. Besonders zu gefallen vermögen die leicht nachgedunkelten Tiefen. Mit Leichtigkeit füllt die Stimme das Haus mit sattem Wohlklang. Antonio Poli gibt nach kleinen Anlaufschwierigkeiten einen guten Foresto mit ansprechendem Metall in der Stimme. In den Wiederholungen arbeitet er etwas gar häufig mit staccatoartigen Verzögerungen, die man erst im Laufe der Vorstellung als Verzierung erkennt. Andrea Schifaudo als Uldino und Francesco Milanese als Leone ergänzen würdig das prächtige Ensemble.
Wirklich grosse italienische Oper, die mitreisst!
Weitere Aufführungen: 22.05.2025 (19.00) und 24.05.2025 (15.30).
22.05.2025, Jan Krobot/Zürich