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ULM: FRIEDERIKE – Operette von Franz Lehár

21.02.2014 | KRITIKEN, Oper

Wiederentdeckung einer Operette in Ulm: „Friederike“ von Franz Lehár (Vorstellung: 20.2. 2014)

Unbenannt
Maria Rosendorfsky als in Goethe verliebte Friederike Brion und Don Lee als junger Dichter  (Foto: Jochen Klenk)

 Im Podium des Theaters Ulm kam eine fast vergessene Operette von Franz Lehár zur Aufführung: „Friederike“. Das dreiaktige Singspiel hatte seine Uraufführung 1928 in Berlin, wurde in Österreich, Italien, Ungarn, Frankreich, England und in den USA nachgespielt und 1932 sogar verfilmt. Doch die Nationalsozialisten verboten das Werk, in dem sie eine Verunglimpfung und respektlose Haltung gegenüber Goethe und eine „Herabwürdigung deutschen Kulturguts“ sahen. Außerdem stammte der Text von Ludwig Herzer und dem jüdischen  Librettisten Fritz Löhner-Beda, der 1938 nach Dachau deportiert und 1942 in Auschwitz ermordet wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Operette zwar in einigen Städten (Wien, München, Montpellier und Ulm) aufgeführt, geriet aber dann in Vergessenheit.

 Die Handlung der Operette spielt im Elsass in den Jahren 1771 und 1779. Der junge Johann Wolfgang von Goethe liebt die hübsche Pfarrerstochter Friederike Brion – und sie liebt ihn. Doch als der junge Dichter an den Hof von Weimar berufen wird, muss er sich entscheiden zwischen Liebe und Karriere, da die einzige Bedingung für den Posten ist, unverheiratet zu sein. Goethe lehnt ab. Als Friederike begreift, dass Goethe ihretwegen seine Karriere aufs Spiel setzt, beendet sie die Beziehung. Goethe reist ab. – Acht Jahre später kehrt Goethe gemeinsam mit Herzog Karl August nach Straßburg zurück, um sich seiner Jugend zu erinnern. Ein letztes Mal begegnet er Friederike, die immer noch ledig ist. Doch es ist vorbei.

 Benjamin Künzel inszenierte das Werk als „Operette am Klavier“ und lässt die verschiedenen Personen des Stücks von nur drei Darstellern spielen. Durch gute Personenführung und humorvolle Einfälle gelang ihm eine kurzweilige Aufführung – sie dauerte ohne Pause nur knapp achtzig Minuten – mit subtiler Ironie. Alle drei Darsteller agierten zur Freude des Publikums mit großer Spielfreude und köstlichem Humor. Für die karge Ausstattung im kleinen Raum des „Podiums“ und für die witzig gestalteten Kostüme zeichnete Mona Hapke verantwortlich.

 Mit einer großartigen Leistung wartete die Sopranistin Maria Rosendorfsky auf, die nicht nur als in Goethe verliebte Friederike brillierte, sondern auch als alternder Dichter Lenz, der in einer anderen Szene auch von Andreas von Studnitz, dem Intendanten des Theaters Ulm, gespielt wurde. Dieser schlüpfte noch in drei weitere Rollen und gab mit Augenzwinkern den greisen Goethe (er führte als Erzähler durch das Stück), den Medizinstudenten Friedrich Weyland und den Hauptmann von Knebel, der Goethe die Einladung nach Weimar überbringt. Schauspielerisch sehr gut, aber leider oftmals sprachlich zu undeutlich.

 Exzellent agierte der südkoreanische Bass Don Lee als Goethe und als Salomea, der Schwester von Friederike. Obwohl die Rolle des Dichterfürsten  für einen Tenor geschrieben ist, gelang es ihm, Goethe mit seiner sonoren Stimme das notwendige Profil zu geben. Überdies war er erfreulicherweise von einer bestechenden Wortdeutlichkeit. In einigen Szenen konnte er sogar als Flöten- und Klavierspieler überzeugen und seine artistischen Fähigkeiten unter Beweis stellen, als Friederike ihm einen Blumenstrauß ungeschickt zuwarf und er ihn – wie ein Tormann  hechtend und über die Bühne rollend – fing. 

 Am Klavier löste der Pianist Igor Beketov die nicht einfache Aufgabe, ein ganzes Orchester zu ersetzen, sodass sich das Publikum an den vielen bekannten Melodien Lehárs erfreuen konnte, wie „Sah ein Knab’ ein Röslein stehen“, „O Mädchen, mein Mädchen“, „Warum hast du mich wachgeküsst?“ , „O wie schön, wie wunderschön“ und „Blicke ich auf deine Hände“.

 Das Publikum unterhielt sich prächtig und lohnte es den Mitwirkenden am Schluss mit nicht enden wollendem Applaus, wobei es für die entzückende Darstellerin der Titelrolle viele Bravorufe gab. Obwohl die Operette nur in Klavierbegleitung gezeigt wurde, kann man die Wiederbelebung des Werks als gelungen bezeichnen. Man darf gespannt sein, wann und wo in Österreich diese Operette um die Jugendliebe Goethes zur Aufführung gelangen wird…

 Udo Pacolt

 

 

 

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