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TRAPANI/Chiesa di Sant'Alberto: ORLANDO von Georg Friedrich Händel

22.12.2015 | Allgemein, Oper

TRAPANI/Chiesa di Sant’Alberto: ORLANDO von Georg Friedrich Händel am 20.12.2012

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Angelica (Maria Cristina Napoli) liebt Medoro (Riccardo Angelo Strano). fotografie di Enzo Figuccio.

Das renommierte Musikfestival „Luglio Musicale Trapanese“ ist unter seinem neuen künstlerischen Leiter Giovanni de Santis auf Expansionskurs und bespielt die westsizilianische Hafenstadt nunmehr fast ganzjährig.

Als Abschluss der heurigen Saison hatte man sich etwas Besonderes ausgedacht: nämlich nichts Geringeres als den selten gezeigten ORLANDO von Georg Friedrich Händel.

Was insofern eine intelligente Auswahl ist, da ja fast das gesamte Repertoire der „pupi siciliani“(sizilianisches Marionettentheater) aus Geschichten von Abenteuern des besagten Ritters besteht. Und somit der Name Orlando auf der ganzen Insel sehr populär ist…von Pizzerien über Bed&Breakfasts und Autoverleihen bis zu Hauptstadt-Bürgermeistern.

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Medoro (Riccardo Angelo Strano) liebt Angelica (Maria Cristina Napoli), aber auch die Schäferin Dorina(auf diesem Bild nicht sichtbar). fotografie di Enzo Figuccio.

Aufgrund der eingeschränkten Mittel der Organisation gab man allerdings naturgemäß nur eine auf eineinhalb Stunden Spieldauer zusammengestrichene „Trapaneser Fassung“.

Was dem Erfolg des verdienstvollen Unterfangens aber nicht wirklich Abbruch tat.

Denn schon allein der Spielort, die aufgelassene Chiesa Sant’Alberto, übte mit ihrem bröckelnden barocken Charme einen unwiderstehlichen Zauber auf die Zuschauer aus. In diese berückende Kulisse hat die (in Wien studiert habende) Regisseuse Maria Paola Viano nicht mehr als ein quadratisches Holzpodest und eine Holzbank gestellt. Und das genügt ihr erstaunlicherweise auch, um die Geschichte des aus Eifersucht wahnsinnig werdenden Ritters lebendig, nachvollziehbar und vor allem nachf ü h l b a r zu machen.

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Orlando (Antonello Dorigo) liebt Angelica (Maria Cristina Napoli, links), aber gelegentlich auch die Schäferin Dorina (Natalia Demina, im Hintergrund). fotografie di Enzo Figuccio.

Unter der Leitung von Sergio Fundarò an der Spitze eines zehnköpfigen Kammermusikensembles sind die durchgehend jungen Sänger/innen (Maria Cristina Napoli, Natalia Demina, Antonello Dorigo und Riccardo Angelo Strano) mit vollem Einsatz bei der Sache und überzeugen musikalisch gesehen eigentlich alle. In darstellerischer Hinsicht haben manche von ihnen vielleicht noch Schwierigkeiten – gerade in dieser „nackten“ Umgebung ohne irgendwelche Hilfsmittel in Form von Bühnenbildern oder Requisiten – komplexe Emotionen ungehindert durch ihren Körper fließen zu lassen…aber das kann ja noch werden.

Intelligent war auch Vianos Einfall, die Figur des fädenziehenden Zauberers Zoroastro – dem Lokalkolorit Rechnung tragend – einem sizilianischen „Cantastorie“ anzuvertrauen.

Obwohl Gaspare Balsamo seine Aufgabe hervorragend erfüllte, war das Ergebnis in der Praxis dann doch sehr zwiespältig: denn die archaische, auf der alten griechischen Metrik fußende, Kunstform des „Cantu“ ist doch eine g a a n z andere Welt als die des Barockgesangs, und erschlug diesen somit gelegentlich fast.

Für die nächsten Jahre sind auch noch die verbleibenden zwei Teile von Händels Ariost-Trilogie – Alcina und Ariodante – geplant. Wir freuen uns schon.

Robert Quitta, Trapani

 

 

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