TIROLER FESTSPIELE ERL : „RIGOLETTO“
19. Juli 2025
Erfreulich, daß Erl die „Trilogia popolare“ spielt – jene drei Opern, die Verdis Weltruhm begründeten und für die er drei verschiedene Bäume im Garten seiner Villa „Sant Agata“ pflanzte, wohin er vor den engstirnigen Bussetani , die seine „wilde Ehe“ mit Giuseppina Strepponi nicht akzeptieren wollten, quasi in die Nachbarprovinz „flüchtete“. Noch erfreulicher, wenn eine Oper durchgehend so ausgezeichnet besetzt ist wie dieser Rigoletto in Erl, es war: Da muß man dem Herrn Intendanten ein verdientes Sonderlob dafür zollen!
Es war konzertant, dadurch fiel der Ärger über etwaige Inszenierungspossen durch selbstverliebte Regisseure weg : die gut geplanten Auf und Abgänge und das Agieren der Beteiligten auf der Bühne reichte vollständig aus! Man war im Geschehen, sah vor dem geistigen Auge sogar Rigolettos Buckel – der wichtig ist, auf dem Verdi bestanden hat, in Briefen belegt!- den heute manch „politisch korrekte“ Spielvogte einfach negieren und weg lassen….
Das „Orchester der Tiroler Festspiele Erl“ leistete großartiges – zwei kleine „Patzer“ in den ersten Minuten waren bald vergessen, störten das Gesamterlebnis keineswegs – kostete die Verdi-Kantilenen richtig aus und folgte dem ausgezeichneten Asher Fisch, der den Abend immer wieder anheizte und den Sängern ein exzellenter Begleiter war. Ohne Fehl und Tadel auch der „Chor der Tiroler Festspiele Erl“ unter der Leitung von Olga Yanum.
Die Frage der Opernfreunde bis zuletzt war : Wird Ludovic Tezier nach seinen Absagen wieder auftreten und singen? Gott sei Dank tat er dies – und wie! Man darf zweifellos von einer emotionalen Sternstunde berichten. Das samtene Organ des großen französischen Künstlers strömte wie gewohnt, seine Fähigkeit genau die richtigen Akzente zu setzen sind da wie eh und je! Schon das „Pari siamo“ gelang großartig, dann das große Duett mit Gilda, schließlich entluden sich die Emotionen des Publikums mit einer Ovation nach „Cortigiani“, die den Interpreten selber offensichtlich rührte! Man wurde Zeuge einer nahezu perfekten Rolleninterpretation! Einzig das „acuto“ in der Vendetta sang er nur sehr kurz an – aber vielleicht war das auch dem vorangehenden ebenfalls sehr kurzen „Es“ seiner Gilda geschuldet , durch und durch Gentleman und Kollege, der sich nicht in den Vordergrund drängt – ich könnte mir das gut vorstellen. Aber das Wichtigste: Er ist wieder „da“!
Julia Muzychenko begann sicher, aber mit etwas steifer Tongebung, die Süße, die fehlte ein wenig. Aber spätestens ab dem „Caro nome“ war auch sie auf sehr hohem Niveau unterwegs, besonders die dramatischen Passagen im letzten Akt , wo zartere Stimmen ihre Probleme bekommen, durchmaß sie fabelhaft!
Einen geradezu sensationellen Herzog sang Ivan Ayon-Rivas! Bei dieser Rolle kann man zwei Rollenansätze akzeptieren: den feinen Lebemann, der dezent genießt, über den Dingen steht, was dann in einem eher „liedartigen“ „La donna e mobile“ gipfelt ( Beispiel einer meiner großen Lieblinge : Alfredo Kraus ) Oder die „Draufgänger-Version“, wo der Herzog eher als „Macho“ auftritt und drauf los schmettert, mit seiner Vitalität und Draufgängertum zum Ziel kommt (a la – ebenfalls von mir sehr geschätzt – Franco Bonisolli) . Nun, der peruanische Tenor entschied sich für zweitere Version und verströmte seinen gut fokussierten Tenor verschwenderisch, schonte sich keine Sekunde und elektrisierte mit seiner virilen Interpretation. Die Stimme sitzt perfekt in der Maske – und er „spielte“ auch hervorragend. Trotz der „körperlichen Überlegenheit“ von Maddalena – Deniz Uzun, sie ist einen guten Kopf größer als der zierliche Tenor – war sein Werben und die Aktion der beiden nie peinlich, ganz im Gegenteil. Die für mich neue Künstlerin verblüffte mit einem kräftigen, technisch blendend geführten Mezzo mit –natürlicher! – enormer Klangfülle in der Tiefe! Brava!
uch ihr Bühnenbruder Alexander Köpeczi bewies mit Geschmack und gut geführtem, interessant timbriertem Baß, daß man als Sparafucile nicht nur brüllen muß, sondern auch mit schöner Gesangslinie erfolgreich sein kann. So gefiel auch der Monterone von Andrew Hamilton, der im gleichen Stile eher der noble gehörnte Ehemann war, ansonsten wird er meist „donnernder“ besetzt. Eine wahre Luxusbesetzung war Camilla Lehmaier als Giovanna, die auch Gräfin Ceprano mitmachte: so schön gesungen hört man diese Phrasen wohl kaum wie von der Bayrischen Mezzosopranistin, die unter anderem in Innsbruck eine berückende „Mignon“ war. Stellvertretend für alle weiteren Partien sei noch Jolyon Loy als Marullo mit schlankem, schön timbrierten Tenor erwähnt!
Das Publikum war zu Recht begeistert und feierte einen denkwürdigen Abend, den alle Anwesenden wohl nicht so schnell vergessen. MT