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THUN/ Thunerseefestspiele/ Schweiz: DER BESUCH DER ALTEN DAME – Musical

18.07.2013 | KRITIKEN, Oper

Der Besuch der alten Dame vom 16. Juli 2013 der Thunerseespiele


Pia Douwes. Foto: Thunerseefestspiele

 Den Thuner Festspielen ist mit dieser prominent besetzten Adaption des Dürrenmatt Klassikers ein richtig gutes Musical gelungen.

Friedrich Dürrenmatts 1956 entstandener „Besuch der alten Dame“ lässt sich beinahe umstandslos in die Gegenwart und auch in eine kluge musikalische Version übertragen. Die Premiere ist bis auf den letzten Platz besetzt, mit geladenen Gästen aus Kultur, Politik, Wirtschaft, Sport und Showbusiness. Diese Musicalversion ist die dritte Eigenproduktion der Thuner Festspiele. Für die Produktion war ein renommiertes Team am Werk. Christian Struppeck, Musical Intendant der Vereinigten Bühnen Wien, ist für das Buch und die kreative Entwicklung zuständig. Die Musik stammt von Moritz Schneider und Michael Reed. Letzterer ist außerdem für die Arrangement verantwortlich und wirkt als Musical Supervisor. Die Liedtexte stammen von Wolfgang Hofer. Für die Regie ist Andreas Gergen und für die Choreografie Simone Eichenberger zuständig. Die musikalische Leitung hält Iwan Wassilevski inne.  

 Der Regisseur hat die Handlung moderat renoviert und gemäss den heutigen modernen Möglichkeiten eines spannungsgeladenen Musicals adaptiert, doch im Wesentlichen hält er sich eng an die Vorlage. Jahrzehnte nach ihrer Flucht kehrt Klara Wäscher in ihren Heimatort Güllen zurück. Nachdem sie den Ölmagnaten geheiratet hat, heisst sie nun Claire Zachanassian und ist zwischenzeitlich verwitwet. Anders als bei Dürrenmatts Vorlage, ist sie selber Reich und ist nicht nur Erbin eines immens Vermögens geworden. Die Bürger empfangen sie mit offenen Armen in der Hoffnung viel Geld zu bekommen.
Kein Wunder, denn nach der Schliessung der örtlichen Fabrik ist das Kaff in die Armut gefallen. Sie ist bereit, jedem Einzelnen unter die Arme zu greifen und will zwei Milliarden unter den Einwohnern verteilen. Mit der unabdingbaren Bedingung, dass Alfred stirbt. Der Ort ist entsetzt, doch als Claires Motiv bekannt wird, schlägt die Stimmung um. Klara hatte damals vom Autoverkäufer (der im Musical übrigens Kolonialwaren-Ladenbesitzer ist) ein Kind erwartet, er sorgte dafür, dass sie nach der Fehlgeburt mit Schimpf und Schande davon gejagt wurde. Reizvoll wie die Vergangenheit dargestellt wird. Die Liebe der jungen Claire und des jungen Alfred rund 30 Jahre zuvor wird mittels Rückblende gezeigt, was damals wirklich geschah und wie sehr sie sich geliebt haben. Grossartig sind dieBalletteinlagen: mit farbig Kostümen der 60er Jahre und choreographisch genial inszeniert agieren sie professionell. Durch Wasser auf der Bühne, mit stampfen, spritzen und singen sowie dramatischen Bewegungen, vermitteln sie grosse Spannung, welche dem klassischen Bühnenstück ansonsten eher abhanden kommt. 


Die beiden Paare. Foto: Thunerseefestspiele

Diese Musical-Uraufführung lebt von den beiden Hauptdarstellern. Pia Douwes gehört europaweit zu den erfolgreichsten Musicalstars. In der Wiener Weltaufführung von Elisabeth kreierte und prägte sie die Titelrolle. Als Claire spielt sie mit viel Herzblut, Intelligenz und Gerissenheit die seinesgleichen sucht. Von aussen kerzengerade und innerlich krümmt und zerbricht sie vor Schmerz. Genial wie sie mit kernigem Blick, weissem Haar und steifen Bewegungen alle Appelle an alte Zeiten stoisch an sich abprallen lässt. Dass der Part des Gegenspielers ausgerechnet mit Uwe Kröger besetzt wurde, Douwes Partner in Elisabeth, gibt dem Thuner Musical einen weiteren hervorragenden Glanzpunkt, zumal er als Alfred viele Sympathien hat und man ihm  seine  Verfehlungen am liebsten verzeihen würde und den Ausgang der Geschichte bedauert. Innig seine Darstellung: Angst vor dem Tod, sein flüchten vor der Wahrheit bis hin zur Zerrissenheit und Resignation prägen diesen hervorragenden Bühnendarsteller. Er gilt als renommiertester Musicaldarsteller des deutschen Sprachraums. Den Durchbruch erzielter er als Tod bei der Welturaufführung von Elisabeth in Wien. Wie einige Menschen eben sind, beginnen sie das Geld auszugeben das sie noch gar nicht haben. Das tragische Ende ist von langer Hand geplant, gut eingefädelt und man wartet nur noch auf den Geldsegen.

Die beiden Hauptdarsteller wurde hervorragend begleitet von: Masha Karell als Mathilde, die eine leidende und zerbrochene Ehefrau spielt, Hans Neblung als machthungriger Bürgermeister Mathias Richter, Ethan Freemann als Klaus Brandstetter der einen perfekten Lehrer darstellt, Norbert Lama als Gerhard Lang der ein raffinierter und durchtriebener Polizist ist, Dean Welterlen als Johannes Reifenberg agiert als kasteiender Pfarrer und die Gigolo-Bodyguards werden von Thomas Christ, Jeroen Phaff und Niklas Abel gespielt. 

 Das Musical wird ab Februar 2014 von den vereinigten Bühnen Wien im Theater Ronacher aufgeführt. Die Wiener können sich auf eine spannende, musikalisch erfolgreiche Produktion freuen. 

Marcel Paolino

 

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