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Susanna Partsch: ARTEMISIA GENTILESCHI

20.03.2023 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

 

buch artemisia x x

Susanna Partsch
ARTEMISIA GENTILESCHI
Kämpferische Barockmalerin
Kompromisslose Geschäftsfrau
Künstlerin zwischen Florenz und Rom
(Reihenweise kluge Frauen)
240 Seiten, Molden Verlag in Verlagsgruppe Styria, 2023

Es gibt weltbekannte Malerinnen in der Geschichte, Österreich hat die Vorarlbergerin Angelika Kaufmann beizusteuern, man kennt die Namen von Sofonisba Anguissola und Élisabeth Vigée-Lebrun – und von Artemisia Gentileschi. Aber Genaues wird man über Letztgenannte nicht wissen, ihre Bilder hängen vor allem in Italien und England und sonst nur vereinzelt in den großen Museen der Welt. Und die Literatur über sie existiert vordringlich in italienischer und englischer Sprache. So war hier eine Lücke zu füllen.

Die Biographie von Susanna Partsch wirft einen ausführlichen Blick auf das Schicksal dieser „kämpferischen Barockmalerin“, „kompromisslosen Geschäftsfrau“ und Künstlerin zwischen Florenz und Rom“, wie schon auf dem Titel des Buchs versprochen wird, was wiederum dem Tenor der Buchreihe „Reihenweise kluge Frauen“ entspricht, wo man heutige Betrachtungsweisen an die Vergangenheit anlegt.

Das Leben der Artemisia Gentileschi (1593-1654) ist gar nicht so einfach zu schildern, biographisch zerrissen zwischen den Orten ihres Lebens ebenso wie zwischen den eher unglücklichen Beziehungen. Daneben ist noch eine Malerin zu schildern, die an vielen Orten nicht zuletzt durch Anpassungsfähigkeit erfolgreich war, sich in einer Männerdomäne durchsetzte und dabei in ihren Gemälden meist den weiblichen Standpunkt betonte, was ihrer Existenz einen stark „emanzipatorischen“ Anstrich gibt.

Die Autorin gliedert die Biographie nach den Schauplätzen von Artemisias Leben: Sie wurde am 8. Juli 1593 in Rom geboren, damals eine Weltstadt der Kunst, wo sich alles tummelte, was Rang und Namen hatte. Artemisia hat sich immer als „Römerin“ gefühlt, obwohl ihr Lebenslauf sie oft ihrer Heimatstadt entriß und es das berühmte Neapel, wo man angeblich sterben soll, es war, wo sie tatsächlich am 31. Januar 1654 erst 50jährig ihr bewegtes und arbeitsreiches Leben endet.

In manchen Fällen kommen Künstler aus den „Werkstätten“ ihrer Künstler-Väter, so auch hier. Zu angeborenem, ererbten Talent kam das Handwerk, das man sie lehrte, und schließlich die Lebendigkeit, Farbigkeit und Wärme ihrer Bilder, die ihr schließlich den Ruf der bedeutendsten Barockmalerin ihrer Zeit einbrachte. Frauen, nackte Frauen, Frauen in Extremsituationen hat sie oft gemalt – und auch sich selbst, ein anmutiges Frauengesicht.

Artemisia war 18, als sie von dem Maler Agostino Tassi vergewaltigt wurde. In einer Männerwelt kümmerte man sich nicht so sehr um das weibliche Opfer. „Geschädigt war weniger das Opfer als der Vater, der seine Tochter nur noch unter schwierigen Voraussetzungen verheiraten konnte. Eine Form der Wiedergutmachung war die anschließende Heirat, eine andere eine hohe Geldzahlung, die dann als Mitgift diente“. Schildert die Autorin die Sitten der Zeit. Ob Artemisias Vater den Prozeß auch angestrengt hätte, wenn er gewusst hätte, dass man die Tochter nicht nur als Dirne verleumden, sondern auch nach landesüblicher Art foltern würde, damit sie die Wahrheit ihrer Aussage beweisen könnte? „Ihr wurde eine Kordel um die einzelnen Finger gelegt und dann so daran gezogen, dass die Finger zwar gequetscht, aber nicht verletzt wurden. Artemisia blieb trotz der Schmerzen bei ihren Aussagen.“

Interessant, wie die Autorin angesichts der undurchsichtigen Prozessakten an dem ganzen Fall zweifelt,  viele alternative Möglichkeiten überprüft, wie alles wirklich abgelaufen sein könnte. Jedenfalls hat Artemisia den Prozeß erleiden müssen  Und immer wurden Wut und Schmerz der jungen Künstlerin in Zusammenhang mit ihrem im Jahr darauf entstandenen Gemälde „Judith enthauptet Holofernes“ gebracht, das ungleich brutaler und gewaltsamer ist als alles, was Männer zu diesem Thema gemalt haben – das Buch bringt einige Vergleichsbeispiele, dagegen ist Caravaggio geradezu lieblich… Doch auch hier bezweifelt die Autorin die üblichen Betrachtungsweisen.

Tatsache ist, dass Artemisia in der Folge zwischen Florenz, Venedig und Neapel mit einem wichtigen Zwischenspiel in London ihren Weg als gefragte, anerkannte Künstlerin machte, dass sie wichtige Auftraggeber hatte, Beziehungen knüpfte, eine eigene Werkstatt besaß (als wäre sie ein Mann) mit ihren „Frauen-Bildern“ Besonderes leistete. Dass sie als „skandalumwitterte Schönheit“ galt, hat ihr im so lebendigen 17. Jahrhundert nicht geschadet.

Auch dieses Buch folgt der Ausstattung dieser Serie des Molden Verlags, wo jeder Frau eine bestimmte Farbe zugeteilt ist (hier ein sattes, dunkles, leicht ins Beige neigende Gelb). Dass man bei einer Malerin die zahlreichen ganzseitigen Bilder, die die Optik so auflockern, nicht nur in Schwarzweiß verfahren kann, versteht sich. Neben einem Porträt von ihr, wo Simon Vouet sie in ihren Dreißigern als auffallend schöne Frau zeigt, sind es 15 ihrer herausragenden Gemälde, die – obwohl nicht Hochglanz und nicht Großformat – es ermöglichen, sich die Kunst der Artemisia genauer anzusehen. Denn diese macht schließlich ihren Ruhm und Nachruhm aus.

Renate Wagner

 

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