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STUTTGART / Liederhalle: RSO-ORCHESTER DES SWR / Jakub Hrusa, Augustin Hadelich (

Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR im Beethovensaal der Liederhalle in Stuttgart

MIT NIE NACHLASSENDER INTENSITÄT

Augustin Hadelich C Rosalie O'Connor 01
Augustin Hadelich. Rosalie O’Connor

Augustin Hadelich gastiert mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR am 30. Januar 2015 im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART Warum das 1879 entstandene Violinkonzert in a-Moll op. 53 von Antonin Dvorak beim Publikum so beliebt ist, stellte der 1984 als Sohn deutscher Eltern in Italien geborene Ausnahmegeiger Augustin Hadelich unter Beweis. Das urwüchsige Kolorit und die beiden rhythmisch leidenschaftlich bewegten Themen zeichnete Augustin Hadelich im Kopfsatz minuziös nach. Die weiteren melodischen Gedanken blitzten nur kurz auf, doch das virtuose Rankenwerk wurde bei dieser Wiedergabe durch feurige Funken beherrscht. Und die volksliedhafte Melodie des langsamen Satzes trug Hadelich mit bewegender Schlichtheit vor. Insbesondere die feine poetische Zwiesprache zwischen Sologeige und Horn stach hier prägnant hervor. Melodisch-thematisches Figurenwerk wurde in seiner Struktur ebenmäßig betont. Zusammen mit dem exzellent disponierten Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR unter der zupackenden Leitung des tschechischen Dirigenten Jakub Hrusa vereinte er solistische Bravour mit slawischen Klängen und schöner Melodiefülle. Der erste Satz, Allegro ma non troppo, kreiste hier vorwiegend um die Stimmungsgegensätze des einprägsamen Hauptthemas. Es wirkte fast wie eine knappe Improvisation, so unerschöpflich waren die Rhythmen und Melodien. Es mündete bei dieser stürmischen Wiedergabe in das Adagio ma non troppo, wo die innige Einfalt böhmischer Volksweisen edlem Gefühlsreichtum nicht entgegenstand. Augustin Hadelich entdeckte als glänzender Virtuose auch immer wieder den echten böhmischen Musikanten Dvorak, dessen melodische und rhythmische Ausgelassenheit das Publikum unmittelbar mitriss. Das Rondo-Finale (Allegro giocoso ma non troppo) spielte bei dieser Interpretation sehr ausgelassen mit slawischen Tänzen. Furiant und Dumka ergänzten sich so in hinreissend-wirkungsvollem Gegensatz und bildeten einen atemlosen Kehraus. Das synkopische Thema umrahmte die Nebengedanken mit starkem Empfindungsreichtum. Als grandiose Zugabe bot Augustin Hadelich noch die Caprice Nr. 5 von Niccolo Paganini mit enormer Schwungkraft und schwindelerregenden Höhenflügen. Als Komponist hat Sergej Rachmaninow den elegischen Zauber Tschaikowskys immer wieder ausgelotet. Slawisch wie seine weichen Melodien sind auch seine gelegentlichen und gewaltigen Temperamentsausbrüche bei den vom Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR fulmiant interpretierten Sinfonischen Tänzen für Orchester op. 45, wo Jakub Hrusa insbesondere die dynamischen Gegensätze perfekt betonte. Bei aller Gediegenheit der Schreibweise geht es Rachmaninow auch bei den Sinfonischen Tänzen nicht so sehr um die anspruchsvolle sinfonische Verarbeitung seines gut klingenden Materials, sondern um das volle Auskosten und stimmungshafte Umformen. Das war die klare Aussage dieser bewegend-bombastischen Wiedergabe. Selbst die zarte und effektvolle harmonische Aufmachung kam bei dieser Intepretation nie zu kurz. Gefühlvolle Träume beherrschten bald das virtuose Orchestertableau. Barbarische Rhythmik und ausgesprochen mondän-sinnliches Kolorit wechselten sich dabei reizvoll ab. Modulatorische Fantasie und der betörende Schmelz wehmütiger Melodien sowie düsteres Pathos und hymnisch-ekstatische Steigerungen stachen hervor. Vor allem die höchst modernen harmonischen Wendungen blieben stark im Gedächtnis.

Jakob Hrusa machte als Dirigent an diesem Abend aber auch deutlich, dass Rachmaninow eben nicht nur „grandiose Filmmusik“ schrieb, wie Igor Strawinsky kritisierte. Er erschien hier vielmehr als absoluter Musiker mit einem Hang zu faszinierend-explosiver Stimmungsmalerei. Dieses Konzert war eine Veranstaltung der Kulturgemeinschaft.          

Alexander Walther

 

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