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STUTTGART: LA SONNAMBULA – wieder ein Glücksgriff

12.06.2014 | KRITIKEN, Oper

Stuttgart: „LA SONNAMBULA“ 11.6.2014 – Wieder ein Glücksgriff

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Gibt es da eine Beziehung? – Mirella Bunoaica (Amina) und Adam Palka (Conte) mit dem Staatsopernchor. Copyright: A.T.Schaefer

 Ana Durlovski hatte die Latte als Amina so hoch gelegt, dass Nachfolgerinnen vor einer ausgesprochen hohen Herausforderung stehen. Die neu ins Ensemble verpflichtete Rumänin Mirella Bunoaica hat sie bei dieser ihrer fünften Vorstellung nicht nur bestanden, vielmehr mit verschobenen Akzenten einen gleichfalls hohen Standard gesetzt. Zunächst einmal die mädchenhafte Erscheinung, die sie trotz des seltsam hypersensiblen, immer auf schwankendem Boden befindenden Charakters liebenswert macht, dann das ansprechend klare Timbre ihrer unverbraucht aus dem Vollen schöpfen könnenden Stimme, mit der sie technisch allen Anforderungen an die weit gespannten Melismen Bellinis, schwebend auf- und abschwellende Phasen, generell präzise Linienführung, saubere Koloraturen und elektrisierend leichte Spitzentöne ohne jegliche Neigung zur Schärfe gewachsen ist. Interessanterweise macht sie im hier deprimierend inszenierten Wandel zum finalen Glück eine gewisse Hoffnung spürbar, so dass die Diskrepanz zur sich überschlagenden Freude der Musik nicht ganz so stark ist. Zwei höchst virtuose und dabei individuell sehr verschiedene Aminas im hauseigenen Ensemble zu haben, darauf kann die Stuttgarter Oper wirklich stolz sein.

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Rückkehr zur verflossenen Lisa – Gergely Nemeti (Elvino) und Catriona Smith (Lisa). Copyright: A.T.Schaefer

Seit seinem in nicht optimaler Verfassung begangenen Rollendebut im April hat Gergely Nemeti den Elvino bis auf zwei wohl sehr ungünstig liegende Problemstellen im bewegten Teil seiner Ring-Überreichung und geringfügigen Erscheinungen von Kurzatmigkeit und Tonschwankungen nun sicher und meist locker in den Griff bekommen. Timbre und Nuancierungsfähigkeit seiner Stimme entsprechen dem Belcanto-Ideal, dennoch deutet der in Mittellage und Höhe inzwischen an Kraft und Fülle gewonnene Tenor auf ein baldiges Hinauswachsen aus diesem Repertoire hin.

Adam Palkas Conte ist wiederum ganzumfänglich, in der puren unforcierten Verausgabung seines Basses und seiner gesamtheitlichen Rollengestaltung eine bewundernswerte Pracht.

Überhaupt legten sich alle bei dieser vorerst letzten Vorstellung in der so genau wie schillernd doppelbödigen Inszenierung von Jossi Wieler und Sergio Morabito im funktionsreichen Bühnenbild von Anna Viebrock noch einmal so richtig ins Zeug: Catriona Smith als Charakter so enorm aufgewertete, zwischen Biestigkeit und Überdrehtheit schwankende Lisa, Helene Schneidermans ebenso resolute wie feinsinnige Mutter Teresa, Motti Kastons herzhaft mitspielender Alessio und ganz besonders der Staatsopernchor, der hier in kaum noch zu steigernder Weise ständig ins Geschehen eingebunden ist und dies mit der Selbstverständlichkeit geborener Schauspieler stimmdarstellerisch so detailliert ausschöpft, dass es immer wieder schwerfällt alles zu erfassen.

Gabriele Ferro sorgte mit dem Staatsorchester Stuttgart wieder für das richtige Bellini-Maß an hingebungsvoll atmosphärisch ausgekosteten Ruhepunkten und temperamentvoll entfalteter Italianità.

Ausgiebiger tosender Applaus und unzählige Bravi waren der verdiente Lohn!

Wie gut, dass in der letzten Spielzeit eine DVD-Aufnahme für die Ewigkeit entstanden ist.

  Udo Klebes

 

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