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STUTTGART/ Kammertheater: ICH SEH MONSTER Nikko Weidemann

Konzert, Biographie und Theater

07.12.2019 | Allgemein, Theater

Nikko Weidemann. Foto: Joachim Gern

Premiere „Ich seh‘ Monster“ am 7. Dezember 2019 im Foyer des Kammertheaters/STUTTGART

Konzert, Biographie und Theater

„Die Gitarre war der I-Pod meiner Generation. König war, wer Songs draufhatte.“ Der Berliner Musiker Nikko Weidemann lässt hier seine reichhaltigen Erfahrungen mit Stars wie Rio Reiser, Nena, Einstürzende Neubauten, Yoko Ono, Nick Cave, Sean Lennon oder Rufus Wainwright Revue passieren. 2018 erhielt er für die Szene-Musik zur mehrteiligen Fernsehserie „Babylon Berlin“ den Grimme-Preis. Eine verblüffende Reise in Geschichte und Gegenwart der Bundesrepublik erwartet hier das Publikum. Dabei schildert Weidemann, wie ihm die Monster seiner Kindheit in Vater, Mutter, älterem Bruder oder Freizeit-Pädagogen begegneten. Sein Vater war Anfang der 70er-Jahre Chefarzt einer großen Klinik für Herz-Kreislaufpatienten. Eindrucksvoll schildert Nikko Weidemann seine Begegnung mit Frank Zappa. Aber auch die Erlebnisse mit Zuhältern und Nutten auf der Reeperbahn erzählt er eindringlich und amüsant. Der Invasion der Russen im zweiten Weltkrieg räumt er breiten Raum ein. Suggestiv schildert er auch den Tag des Anschlags auf das New Yorker World Trade Center am 11. September 2001, den er hautnah miterlebte. Musik von Frederic Chopin, James Brown („Sex Machine“), Deep Purple, Hildegard Knef oder Led Zeppelin macht er in unnachahmlicher Weise höchst lebendig und aktuell. Selbst „In the Ghetto“ von Elvis Presley kommt zu Gehör. Und natürlich kommen auch die „Beatles“ hier nicht zu kurz. Erstaunlich ist immer wieder der Abwechslungsreichtum und die Einfallskraft dieses Künstlers, die unerschöpflich zu sein scheint. Die Hochzeit zwischen Rock’n’Roll und Reggae findet hier ebenso Erwähnung wie Weidemanns unerfüllte Liebe zu New York. Selbst Schlagersternchen wie Katja Ebstein („Wunder gibt es immer wieder“) gewinnen bei ihm starkes Profil. Manche Songs dauern allerdings nur zehn Sekunden, andere erklingen komplett. „Ich war die Vor-Band meiner eigenen Mutter“, erinnert sich Nikko Weidemann und beschwört hintersinnig den „American Dream“ mit seinen „Kumpels“ Hotte und Porno. Breiten Raum nimmt Udo Jürgens ein, dem er ebenfalls persönlich begegnet ist. Dessen Hits „17 Jahr, blondes Haar“ oder „Merci, cherie“ entstehen bei Nikko Weidemann gleichsam neu. Weidemann macht deutlich, wie man in dieser Zeit „ins Risiko pilgerte“. Neben einem Stück aus dem Musical „Cabaret“ erklingt sogar ein Lied der „Hitler-Jugend“. Und man erfährt, dass Weidemanns Klavierlehrer ein „nervöser Sachse“ war. Weitere Musik von Hot Chocolate steht hier neben Johann Sebastian Bach und Franz Schubert. Pink Floyd wechselt sich mit Lou Reed ab. Zum Schluss gab es großen Jubel und viel Applaus für diese rasante Performance. Es war eine Koproduktion der Ruhrfestspiele Recklinghausen mit dem Zürcher Theaterspektakel, Pop-Kultur Berlin und dem Schauspiel Stuttgart.

 
ALEXANDER WALTHER

 

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