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STUTTGART/ Hugo Wolf-Akademie in der Staatsgalerie: 1. GALERIEKONZERT mit Marie-Nicole Lemieux und Roger Vignoles

Klanglich imponierend und kraftvoll

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Copyright: Denis Rouvre/Naive

Marie-Nicole Lemieux und Roger Vignoles beim 1. Galeriekonzert der Wolf-Akademie in der Staatsgalerie Stuttgart

KLANGLICH IMPONIEREND UND KRAFTVOLL

Die Altistin Marie-Nicole Lemieux und der Pianist Roger Vignoles gastierten am 28. Oktober 2018 beim 1. Galeriekonzert der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie in der Staatsgalerie/STUTTGART

Wieder einmal lud die Internationale Hugo-Wolf-Akademie eine hochkarätige Sängerin ein. Die versierte Altistin Marie-Nicole Lemieux ist regelmäßiger Gast an allen großen Bühnen der Welt – und der Pianist Roger Vignoles begleitete sie mit eindringlicher Intensität.

Dies zeigte sich sogleich bei Robert Schumanns Liedern „Kennst du das Land“ op. 98a/1 und „Wie mit innigstem Behagen“ op. 25/9, wo die gesanglichen Verflechtungen mit kontrapunktischen Spitzfindigkeiten kunstvoll verwoben wurden. Es war ein seelenvoller Gesang, der sich hier in wunderbarer Weise offenbarte. Melodische Empfindungen strömten dabei unaufhörlich voran, rissen den Zuhörer ganz unmittelbar mit. Der große Zauber der Klangfarben entfaltete sich auch bei der Wiedergabe von Franz Schuberts Liedern „Der Musensohn“ D 764, „Ganymed“ D 544 und „Gretchen am Spinnrade“ D 118, wo die Unendlichkeit der Klangwelt mit sensibler Ausdruckskraft beschworen wurde. Schwebendes und Schweifendes stand dabei dicht neben lyrischer Weite und Tiefe, wobei auch der lyrisch-introvertierte Charakter der Musik Schuberts nicht zu kurz kam. „Wonne der Wehmut“ op. 83/1 und „Die Trommel gerühret“ aus „Egmont“ op. 84 von Ludwig van Beethoven zeigten Marie-Nicole Lemieux einmal mehr als eine Sängerin, die in der Lage ist, die geheimsten Emotionen der Musik und ihrer Motive mit gewaltiger stimmlicher Kraft zu betonen. Auch das Exzentrische und Exaltierte der Beethovenschen Kunst blitzte hier facettenreich hervor. Von Fanny Hensel interpretierte sie dann zusammen mit Roger Vignoles „Harfners Lied“ und „Über allen Gipfeln ist Ruh“mit einer bewundernswerten Betonung verzweiflungsvoller Sehnsucht. Chromatische Spannungsbögen kennzeichneten zudem die Gestaltung der Hugo-Wolf-Lieder „Blumengruß“, „Frühling übers Jahr“ und „Mignon: Kennst du das Land?“, wo auch die dynamischen Gegensätze voll ausgekostet wurden. So kam es zu erheblichen klanglichen Steigerungen, die unter die Haut gingen.

Leise und irisierende Nuancen beherrschten dann „L*abatros“ von Ernest Chausson, wo es Marie-Nicole Lemieux wiederum ausgezeichnet gelang, harmonische Tönungen und Abstufungen herauszuarbeiten. Mit impressionistischer Feinnervigkeit kam dann „Chant d*automne“ von Gabriel Faure daher, wo klassisch-romantische Momente deutlich dominierten. Auch poetische Inspirationen und ein elegischer Tonfall wurden von Marie-Nicole Lemieux in großartiger Weise getroffen. Bei „Les hiboux“ von Deodat de Severac und „Hymne“ von Gabriel Faure erwies sich die Altistin nochmals als Meisterin differenzierter Ausdruckswelten. Der schlicht-karge Charakter dieser Musik wurde hervorragend getroffen. „La mort des amants“ von Gustave Charpentier bebte geradezu vor Leidenschaft  – was sich übrigens auch bei Claude Debussys Liedern „Le jet d’eau“ und „Recueillement“ zeigte. Hier triumphierte neben impressionistischen Momenten eine rätselhafte Harmonik, die der Sängerin mit ihrem großen Klangfarbenreichtum entgegenkam. Sie konnte sich gesanglich voll entfalten. Auch Melodik und Rhythmik blitzten subtil hervor. Die Melodik ergründete das Melos hier ganz unmittelbar. Dies war zudem bei „L’invitation au voyage“ und „La vie anterieure“ von Henri Duparc der Fall, dessen Wagner-Anklänge die Zuhörer ungemein fesselten. „Röslein auf der Heiden“ von Franz Schubert und „Kennst du das Land“ aus der Oper „Mignon“ von Ambroise Thomas waren die beiden Zugaben, bei denen diese außergewöhnliche Sängerin noch weiter punkten konnte. So imponierte vor allem die leidenschaftliche Deklamation. 

Alexander Walther

 

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