Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

STUTTGART/ Christuskirche: LIVE-KONZERT EUROPEAN BROADCASTING UNION EBU/ SWR Vokalensemble

Live-Konzert der European Broadcasting Union EBU des SWR Vokalensembles Stuttgart in der Christuskirche Stuttgart

INTENSIVE AUSDRUCKSKRAFT

Konzert des SWR Ensembles in der Christuskirche/STUTTGART Zum ersten Mal konzertierte das SWR Vokalensemble Stuttgart im Rahmen eines Konzerts  der europäischen Rundfunkunion (European Broadcasting Union, EBU) in der Christuskirche in Stuttgart. Unter der einfühlsamen Leitung von Florian Helgath erklang „Warum ist das Licht gegeben“ für gemischten Chor a cappella op. 74,1 von Johannes Brahms mit einem beeindruckenden Fluss sich stets wandelnder Motive und raffinierter Kontrapunktik. Das SWR Vokalensemble vermochte auch den dynamischen Steigerungen einen großen Atem und viel klangliche Leuchtkraft abzugewinnen. Vor allem der melodische Fluss überraschte hier mit immer stärkerer Intensität. Ernste und besinnliche Wendungen traten immer wieder bedeutungsvoll auf. Auch die chromatischen Wendungen gelangen dem SWR Vokalensemble sehr überzeugend. Von Einojuhani Rautavaara, dem Grandseigneur der finnischen Musik, erklang dann die Komposition „The Cathedral“ als eindrucksvolles Bauwerk in Tönen nach Gedichten der viel zu früh verstorbenen Edith Södergran. So wurden die klingenden Verstrebungen einer Kathedralarchitektur in bewegender Weise deutlich. Auch der akustische Innenraum zeigte imposant-voluminöses Gepräge. Ein wuchtiges homophones Bauwerk überraschte die Zuhörer. Das Staccato gewann hier lautmalerische Züge. Die Männerstimmen korrespondierten wiederholt erfrischend mit den Auf- und Abbewegungen der Frauenstimmen. Einzelne Passagen wie „An Nietzsches Grab“ oder „Die Sterne“ wuchsen zum Klangkosmos heran. Krzysztof Pendereckis „Stabat Mater“ für drei Chöre a cappella (1963) gefiel mit raffiniert schlichten Mitteln und geschichteten Quartklängen, aus denen der Chor immer neue Klangflächen entwickelte. So ergab sich metallische Schwere und tiefer Glanz menschlicher Stimmen. Melodie, sinnfälliger Rhythmus und faszinierende Klangflächen wuchsen dabei zu einem interessanten Eklektiszismus heran. Synoptische Passagen, Intervallspannungen und „Tontrauben“ (Cluster-Effekte) erwiesen sich hier als aufwühlendes harmonisches Meer zwischen Quart und Terz. Die Sprengkraft dieses widersprüchlichen Stils explodierte dann später in seiner „Lukas-Passion“. Zum Abschluss überzeugte dann die in sich ruhende, reife Wiedergabe von Max Regers Motette für fünfstimmigen gemischten Chor op. 110,3 „O Tod, wie bitter bist du“. Spätromantische Harmonik, dissonante Akkorde und chromatische Melodik zeigten immer wieder neue Facetten bis hin zum choralartigen E-Dur. Bemerkenswert wirkten vor allem die Bewegungsabläufe innerhalb der Stimmen und die Ablösung von einander zufließenden Achteln. Homophone und polyphone Strukturen durchdrangen sich gegenseitig. Hintergrund dieses Konzerts war folgender: Die europäischen Rundfunkanstalten haben sich zusammengetan und gestalten einen gemeinsamen EBU-Tag – ein gemeinsames Radioprogramm, bei dem internationale Rundfunkanstalten ihre Programme zusammenschalten und den ganzen Tag attraktive Konzerte live senden.       

 Alexander Walther

 

Diese Seite drucken