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St.Margarethen/Römersteinbruch „AIDA“ Premiere 9.Juli 2014

10.07.2014 | KRITIKEN, Oper

Opernfestspiele St.Margarethen
Giuseppe Verdi  “AIDA”
Premiere   9.Juli 2014

 

Klassisch einfach mit Manfred Waba ins alte Ägypten (Foto: MERKER-Online/Skorepa)

Klassisch einfach mit Manfred Waba ins alte Ägypten 1.Akt: „Guerra, Guerra!“ (Foto: MERKER-Online/Skorepa)

 

Die größte singende Ansichtskarte der Welt

Ausgerechnet im letzten Jahr seiner Intendanz und nach der peinlichen Offenlegung der leeren Kassen gelang Wolfgang Werner die bisher wohl beste Produktion. Noch nie sah ich das Publikum so lange auf den Sitzen ausharren um den Sängerinnen und Sängern zu applaudieren, waren es doch gerade sie, die trotz der bereits sattsam bekannten Massenszenen diesmal für den Erfolg das Allermeiste beitrugen.

Mit der aus Arkansas stammenden Kristin Lewis hatte man eine Aida gewonnen, die schon international erfolgreich in dieser Rolle unterwegs war – auch in Verona, vor dessen Massenpublikum sie mit ihrem glasklaren jugendlich-dramatischen Sopran reüssierte – und die sich auch schon bei uns in der Wiener Staatsoper in dieser Oper bewährte. Nicht nur ihr graziles Auftreten, auch ihr herrliches Nil-C, ihre sanften Töne in der Grabkammer waren ein Genuß. Zusammen mit dem heldisch timbrierten Radames des Martin Muehle, der durch Phrasierung und Diktion und mit hörenswerten Spitzentönen die Schmach seines Geburtslandes Brasilien einen Tag nach dessen peinlicher Niederlage bei der Fußball-WM wieder ausbesserte – zumindest hier in der Opernarena des Steinbruchs ist ihm dies gelungen. Beider Stimmen konnten in der ansonsten so unausgeglichenen Verstärkeranlge gut verfolgt werden und man merkte, wie aufmerksam gleich die Besucher lauschten.

Annunziata Vestri aus Ortona an der Adriaküste war eine dramatische Amneris und Alexej Dedov ein Amonasro, der mit wirkungsvoller baritonaler Kraftlackelei seine Tochter verfluchte.

Luca Dall`Amico aus Vicenza war ein auffallend sanft singender Ramphis, Ramaz Chikviladze aus Tiflis der König, Rosanna lo Greco aus Venedig die Priesterin und Giorgio Trucco aus Voghera der Bote. Sie alle ergänzten das internationale Ensemble.

Doch nun zur eigentlichen und jahrelang erfolgreichen Seele des Unternehmens: Das Bühnenbild von Manfred Waba, ein wirkungsvoll zurückhaltendes klassisches Ägypten, zwischen deren Säulenfronten die vom Regisseur Robert Dornhelm erfundenen Projektionen diesmal weitaus wirkungsvoller in Szene gesetzt wurden. Ob derartiges für das Verständnis erhellend ist, ob es notwendig ist, fast ständig Einspielungen mit den Gesichtern der Sänger zu sehen und auf den Felswänden erst recht noch größere Projektionen erscheinen zu lassen, diese Frage stellt man sich dauernd. Aber es ist damit immerhin ein neuer Stilbereich betreten worden, der insgesamt bei etwas feinerer und phantasievollerer Handhabung als sie es dem Regisseur künstlerisch derzeit zur Verfügung steht, eine Belebung in dieser Openair-Szene bedeuten könnte. Immerhin werden interessante Ansichten von Architekturen der Innenräume sichtbar, auch die schnellen Szenenwechsel, die Waba so gut beherrscht sind wieder erstaunlich. Und erst recht der langsam als Projektion vorbeifließende Nil. Vielleicht sollte ein Künstler der Video-Clip Szene einmal an die Sache herangelassen werden.

Die seit Jahren sich ergebende Schattenseite des Unternehmens Römersteinbruch sind die Massenszenen mit lächerlich herumstehenden Statisten. Doch was soll man da mäkeln, bis jetzt hat sich da nichts geändert: Statt eines Chors  nur einfältig aufgefädelte Soldateska. Der Chor singt weit von der Bühne entfernt in einem eigenen Häuschen so wie das Festspielorchester, das weit weg seitlich fiedeln und trompeten muß. Und der Ton, den die da herüberschicken ist nach wie vor ein musiktötender und viel zu lauter Einheitsbrei. Auch ein Alfred Eschwé tut sich da schwer in der Koordination und das hörte man in den großen Chorszenen und seinen komplizierten Einsätzen – mehr Tempo hätte der Wiedergabe nicht geschadet. Da wurde aus den Massenszenen mit den eigentlich nur etwas einfältig in Gang gesetzten Auftritten der Heerscharen tatsächlich wieder nur eine “Singende Ansichtskarte”.

Trotz letzterer Einwände: Es ist hinsichtlich der Gesangssolisten hörenswerter und auch der Projektionen auf der Bühne sehenswerter geworden. Aber ziehen sie sich warm an und vergessen sie eine kuschelige Decke nicht!

 

Peter Skorepa

 

 

 

 

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