St. Margarethen: Ein lockeres Tete-á-tete mit Nabucco (15.7.2022)
Astrik Khanamiryan als Abigail Credit: Jerzy Bin
Keine sonniger, doch ein angenehmer Sommerabend. Ein Repertoireabend der ‚Oper im Steinbruch‘ im burgenländischen St. Margarethen, der zu genießen ist. Musikalisch …. und wenn für einige der Besucher der alte Verdi nicht so in die Ohren und ins Gemüt gehen sollte, dann als Erfreuung mit den Weinen der hiesigen Winzer. Viel Publikum ist angereist, aus allen benachbarten Bundesländern; die Stimmung ist freundlich, ruhig, nicht angespannt. Und der Musik darf man schon vertrauen. Auch wenn die Story so gar nicht vergnüglich ist, ein lockeres Tete-á-tete mit Giuseppe Verdis Frühwerk „Nabucco“ sollte schon Gefallen finden. 1842 ist es sein erster durchschlagender Erfolg gewesen und trägt seinen Gütesiegel nach wie vor zurecht.
Mit einer Inszenierung von „Nabucco“ hatte 1996 der Open-Air-Opernreigen in St. Margarethen begonnen. Allzu viel hat sich künstlerisch seit damals nicht verändert. Der Gastronomiebereich, nun etwas weniger ländlich, lockt nach wie vor zum konsumieren. Und an einer einfachen, doch mit Pathos geladener Opernstory, wie sie anno dazumal in romantischen Jahren erzählt worden ist, sollte man sich auch nicht mit heute modischen Verfremdungs- oder spekulativen Deutungsversuchen versündigen. Eine unkomplizierte szenische Lösung, ein bisschen mit Glitzerkleidung garniert, wird jetzt zum biblischen Kampf der Babylonier gegen die Israeliten im mächtigen Steinbruch geboten.
Da „Nabucco“ auch eine Choroper ist, so klingen der Philharmonia Chor Wien unter Dirigent Alvise Casellati wie auch die aufspielenden Musiker aus Ungarn aus den Lautsprechern durchaus überzeugend. Das hat Kraft. Und auch die Sänger der Premierenbesetzung, angeführt von der sonoren wie kräftigen Stimme des Titelhelden – hochintensiv Bariton Lucas Meachem aus den USA – zeigen sich mit all dem geforderten sängerischen Elan. In solch einer Aufführungsserie von neunzehn Abenden muss es natürlich alternative Besetzungen geben. Und bei ihrem St. Margarethen-Debüt hat Astrik Khanamiryan als die rebellierende Abigail packende dramatische Akzente zu setzen verstanden. Mit eleganten Gesangslinien für die machtvollen Verdi-Melodien, ausdrucksvoll in den Koloraturen. Etwas zurückhaltend im Spiel, doch mit einer starken Charakterzeichnung und berührend im Finale um Erbarmen flehend. Somit lassen am „Nabucco“-Tableau nicht nur der berühmte Gefangenenchor sondern der Reihe nach auch die virtuosen Arien so manche Gefühlsströme zum Fließen bringen.
Meinhard Rüdenauer