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ST. GALLEN/Theater UM!BAU: DIE FLEDERMAUS. Neuinszenierung

12.11.2022 | Allgemein, Operette/Musical

Johann Strauss: Die Fledermaus • Theater St.Gallen im UM!BAU • Vorstellung: 11.11.2022

(2. Vorstellung • Premiere am 29.10.2022)

Herrlich frische Operette

Zweite Premiere der Saison unter dem Titel «Gemeinsam anders sein» ist Strauss Meisteroperette «Die Fledermaus». Um auf das Jahresmotto Bezug zunehmen, hat man die Balletteinlage ausgetauscht.

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Foto © Ludwig Olah

Statt der originalen Balletteinlage wird ein Arrangement der Tritsch-Tratsch-Polka (Johann Strauss, op. 214) des venezolanischen Cellisten und Komponisten Paul Desenne (*1959) gespielt. Desenne ist bekannt für die Verschmelzung europäischer klassischer Musik mit indigener lateinamerikanischer Musik. Im Verlauf seines Arrangements stellt er die Walzerklänge zunächst hart lateinamerikanischen Rhythmen gegenüber. Die einzelnen Passagen verlieren aber rasch ihre Eindeutigkeit bis am Schluss dann etwas Neues entsteht. Kinsun Chan nimmt in seiner von der Tanzkompanie Theater St. Gallen eindrucksvollumgesetzten Choreographie Bezug: Am Schluss ist das Geschlecht der Tanzenden nur noch am Beinkleid, Strumpfhose oder Kniesocken mit Sockenhalter, zu unterscheiden. Das Sinfonieorchester St. Gallen unter musikalischer Leitung von Michael Balke überzeugt mit ungemein plastischem, präsenten Klang in der akustisch nicht unbedingt einfachen Ausweichspielstätte. Besonders eindrücklich gelingt das Arrangement der Tritsch-Tratsch-Polka mit den abrupten Wechseln, die doch gewöhnungsbedürftig sind. Aber gerade dieses Ungehörte macht den Reiz der Balletteinlage aus. Und die Operette hört man selten so sauber und doch leidenschaftlich gespielt. Der Chor des Theaters St. Gallen (Einstudierung: Franz Obermair) geniesst seine Auftritte mit schmissigem Klang und sichtbarer Spielfreude.

Guta Rau inszeniert eng am Libretto und lässt der Operette Raum zu wirken. Die Dialoge sind angenehm gestrafft und behutsam modernisiert. Einzig die infantile Freude an der dauernden Verwendung der Vokabel «saugeil» ist etwas zuviel des Guten. Zentrales Element der im Stil der 50er-Jahre gehaltenen Bühne von Marlies Pfeifer sind Rundsofas verschiedener Grösse, die nicht nur dem Sitzen dienen. Die herrlich schrägen Kostüme stammen von Claudio Pohle.

In den Hauptrollen überzeugen mit Wohlklang, Spielfreude und guter Textverständlichkeit Christopher Sokolowski als Gabriel von Eisenstein und Libby Sokolowski als dessen Gattin Rosalinde von Eisenstein. Theresa Steinbach gibt das Dienstmädchen Adele resolut, wie man es sich vorstellt. Nach kurzer Aufwärmphase lassen die Schärfen in der Stimme dann nach. Manuel Günther singt Rosalindes ehemaligen Liebhaber Alfred mit so viel Testosteron, dass Frosch ihn nur mit Mühe zum Verstummen bringen kann. Im 3. Akt tritt er zusätzlich als Walpurga, eine Reinigungskraft, auf. Mit wendigem Bariton zieht Christoph Filler als Falke die Fäden der Intrige. Schauspielerisch wie sängerisch überragend ist an diesem Abend Kristján Jóhannesson als Gefängnisdirektor Frank. Jennifer Panara leiht dem Prinz Orlofsky ihren verführerischen Mezzosopran. Georg Schiessl als Dr. Blind und Emily Pak als Ida ergänzen das Ensemble. Die in dieser Inszenierung fast unscheinbare Rolle des Frosch hat David Maze.

Herrlich frische Operette!

Weitere Aufführungen:

Sonntag, 13. November 2022, 19:00; Sonntag, 27. November 2022, 19:00;

Mittwoch, 30. November 2022, 19:30; Sonntag, 4. Dezember 2022, 17:00;

Donnerstag, 8. Dezember 2022, 19:30; Samstag, 10. Dezember 2022, 19:00;

Sonntag, 11. Dezember 2022, 14:00; Montag, 19. Dezember 2022, 19:30;

Dienstag, 20. Dezember 2022, 19:30; Donnerstag, 22. Dezember 2022, 19:30;

Samstag, 31. Dezember 2022, 19:00; Mittwoch, 18. Januar 2023, 19:30;

Freitag, 20. Januar 2023, 19:30.

11.11.2022, Jan Krobot/Zürich

 

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