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SEEFELD/ TIROL: AUCH MEDAILLENGEWINNER MÖGEN DIE VIELFALT DES BERGDORFES

Seefeld/Tirol: Auch Medaillengewinner mögen die Vielfalt des Bergdorfs

von Ursula Wiegand

 
Seefeld, Ortsblick mit dem Seekirchl. Foto: Ursula Wiegand

 Welch eine prima Piste! Breit, bestens gepflegt und mit dem gewissen Etwas, das den Skiern Flügel verleiht. „Hier trainieren Lindsey Vonn und Maria Höfl-Riesch,“ hatte Bernadette Stauder vom Tourismusverband Seefeld verraten.

Es ist jedoch nicht die Abfahrt vom 2064 m hohen Seefelder Joch, sondern eine am 1.500 Meter messenden Gschwandtkopf. Auch ist es keine der leichten Strecken auf der Talseite, die die Skiläufer wie Pünktchen bevölkern. Der Geheimtipp ist die rote (mittelschwere) Piste hinunter nach Reith, eine Genuss-Variante und fast menschenleer.


Seefeld, Karte der Gschwandtkopf-Pisten. Foto: Ursula Wiegand

Hier folge ich den Spuren der Goldmädels und fühle mich gleich um Klassen besser. Allerdings brettern Lindsey und Maria dort in Sekunden runter, die Strecke hat dafür das richtige Gefälle. Dort, von der kleinen Kuppe, heben sie vermutlich zu einem Sprung ab.  

Für solche Extravaganzen reicht mein Können nicht.  Stattdessen nutze ich die Breite der Piste, um das Carven zu üben. Für Entspannen danach ist auch gesorgt. Anders als im Skigebiet zu Füßen der Seefelder Spitze schwebt hier noch immer ein betulicher Einersessel über die im Schnee versteckte Ötzi Hütte auf den Gschwandtkopf.


Seefeld, Ötzi Hütte auf dem Gschwandtkopf. Foto: Ursula Wiegand

Dass ich  gerade hier den Spuren von Lindsey Vonn und Maria Höfl-Riesch folgen kann, bleibt eine ungeahnte Überraschung, gilt Seefeld doch als Langlauf-Mekka.

Und das zu Recht. Kaum kommt die Sonne heraus, sind die Langläufer schon auf der Übungsstrecke neben dem hübschen Seekirchl (erbaut 1666) unterwegs.


Seefeld, Langläufer vorm Seekirchl. Foto: Ursula Wiegand

Bald stapfen einige bergan, bewundern Seefeld als Winterschönheit, werfen einen Fernblick auf den Dorfkern mit der St. Oswald-Kirche und wagen sich dann ins tief verschneite Gelände. 

Da sich Seefeld mit den Nachbarorten Leutasch, Mösern/Buchen, Reith und Scharmitz zur Olympiaregion vernetzt hat, ist die Auswahl groß. Gemeinsam bieten die Sechs 279 perfekt präparierte und gut beschilderte Loipenkilometer – 154,3 km klassisch gespurt und 124,7 km fürs Skating. Solche Angebote locken auch  junge Leute. Wie die, drahtig und fitt, die Hügel hinaufeilen und beim Downhill trotz fehlender Stahlkanten nicht zwischen den Tannen landen, erstaunt mich sehr.


Seefeld, bei Langläufern beliebt. Foto: Ursula Wiegand

Alle Loipen der Olympiaregion Seefeld besitzen „natürlich“ das Tiroler Gütesiegel, doch die „Tiroler Langlaufspezialisten“ haben noch mehr Ehrgeiz: 5 km müssen schneesicher sein (z.B. durch Beschneiung), und an der Hauptloipe muss es WC’s, Schließfächer, Infopoints sowie Service & Verleih geben. Erforderlich sind auch Kurse für alle Leistungsklassen.

Ich gehöre zu den Anfängern in dieser Kunst. Die langen, dünnen Bretter und die leichten Schuhe mit freier Ferse sind gewöhnungsbedürftig. „Immer etwas nach vorne neigen,“ empfiehlt Profi Martin Tauber, vier Jahre Mitglied der Österreichischen Nationalmannschaft. Wer’s vergisst, plumpst auf den Po.

Langsam bekomme ich ein Gefühl für diese andere Skitechnik und folge der Gruppe zum Biathlon-Schießstand. „Hier trainiert oft Magdalena Neuner,“ weiß Experte Thomas Unterfrauner. Das Umfeld bleibt also prominent. 

Genau genommen ist dieser populär gewordene Sport eine Luxus-Zeitreise. Mit Skiern und Flinte – zuvor mit Pfeil und Bogen – machten sich einst die Männer auf, um ein Tier zu erlegen und so ihre Familie zu ernähren.


 Thomas Unterfrauner hilft beim Zielen am Biathlon-Schießstand. Foto: Ursula Wiegand

Wir schießen zuerst im Liegen, das Gewehr ruht auf einem Gestell. Die Scheibe wirkt aus der Entfernung winzig. Mal treffen wir tatsächlich ins Schwarze, mal auf die Standnummern. Passiert wohl oft, denn die sind schon reichlich durchlöchert. Spaß macht’s trotzdem, doch die Beute bleibt klein. Die Meinen müssen darben oder den Braten beim Metzger kaufen.

Nach der Strafrunde mit beschleunigtem Puls die 3,5 kg schwere Waffe ruhig zu halten und im Stehen zu treffen, ist noch schwieriger. Also Mütze (Hut) ab vor der großartigen Athletin Magdalena Neuner.  

Thomas grinst: „Sie hat mal im Hotel geübt und vergessen, dass noch eine Patrone im Magazin steckte. Mit lautem Knall schlug die durch die Wand bis ins nächste Zimmer. Zum Glück war gerade niemand drin,“ plaudert er aus der Schule. „Nach einem Schuss immer die Waffe sichern,“ schärft er uns ein.

 
Seefeld, Schneeschuhwanderung durchs dicke Weiß. Foto: Ursula Wiegand

Seefeld ist vielfältig, und so setzen wir die Quasi-Nostalgie-Tour mit einer Schneeschuhwanderung fort. Wie die Trapper stapfen wir durch dicken Schnee. Lustig ist das,  anstrengend aber auch. Jetzt dürfen sich die Männer beweisen und spuren. Ein Gewehr haben wir nicht dabei, wollen ohnehin kein Tier totschießen. Dennoch mundet uns das zarte Rehfilet später im Hotel Krumers Post ganz vorzüglich. 


Martin Ripfl-Marx, gezogen von Maggie, Zoe u. Wil. Foto: Ursula Wiegand

Zum Höhepunkt wird schließlich der Workshop mit den Schlittenhunden von Martin Ripfl-Marx. Die fühlen sich in Tirol „pudelwohl“, sind aber eigenwillig. Tiger zankt mit Jimmy, Maggie gibt sich ab  und zu zickig. Doch auf die kleine Zoe, die Leithündin, ist Verlass.

Wichtig sind die Kommandos: go bedeutet los, gee (sprich tschie) rechts lang, haw (haah) links, und stopp versteht sich von selbst. Alle machen wir mal den „Musher“, und beim Ruf „go“ düst das Gespann adrenalinstoßverdächtig los. Bloß zuletzt nicht das Bremsen vergessen!


 
Schlittenhund zum Kuscheln. Foto: Ursula Wiegand

Auf der Tour hören die Hunde manchmal weg. Wil mag das Kuscheln eh lieber. Energisch ruft sie Martin zur Räson. Schließlich ziehen sie brav die beiden Lastschlitten, auch mit Insassen, zur rappelvollen Ropferstub’m.  Ein Hoch auf die Huskies und auf Seefeld!

Und ebenso auf die Wildmoosalm. Beste Stimmung, stets rappelvoll. Mit den Begrüßungsschnapserl windet sich Chef Walter Reindl lächelnd durchs Gedränge. Auch Strudel und  Fleischkäs’ verdienen ein dickes Lob.


 
Seefeld mit St. Oswald-Kirche. Foto: Ursula Wiegand

Nahrung für  Herz und Seele verheißt schließlich eine Besichtigung der Pfarrkirche St. Oswald, urkundlich 1263 erwähnt. Durch das so genannte „Hostienwunder“, dargestellt auf dem Tympanon über dem Eingangsportal, wurde sie zu einer der bekanntesten Wallfahrtsstätten Tirols.
Gemäß der Legende forderte der Ritter Oswald Milser bei der Gründonnerstagsmesse im Jahr 1384 eine größere Hostie als die der „gemeinen Leit“. Als er sie erhielt, färbte sie sich blutrot. Der Boden unter ihm gab nach, und angstvoll klammerte er sich an den Altarstein. Angeblich ist es der Abdruck seiner Hand, der dort noch zu erkennen ist. Danach habe er Buße getan.  

Die Kunde davon lockte viele Pilger an. Also wurde die Kirche bis 1474 vergrößert und zählt nun zu den schönsten spätgotischen Gotteshäusern Tirols.


 
Seefeld, Fresko in der Oswald-Kirche. Foto: Ursula Wiegand

Ebenfalls aus dem 15. Jahrhundert stammen die teils recht gut erhaltenen Fresken. Wir sehen den betenden Jesus am Vorabend der Kreuzigung im Garten Gethsemane, während seine Jünger schlafen. Ins Auge fallen auch der gotische Taufstein sowie der goldglänzende Hochaltar. Eindrücke, die die Urlauber nicht verpassen sollten.


 Seefeld, Taufbrunnen in der Oswald-Kirche. Foto: Ursula Wiegand

Infos: Tirol Werbung, Tel. 0043-512 72720 und www.tirol.at, zur Olympiaregion Seefeld unter 0043-508800 und www.seefeld.com.

Unterkunft: Gut wohnt es sich im 4-Sterne-Hotel St. Peter direkt an der Langlauftrainingsstrecke und gegenüber dem Eisplatz. Tel. 0043-5212 45500 und www.mountains.at.

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