Schwetzingen: THOMAS von G.F.Haas UA 26.5.2013
Bei ‚Thomas‘ ist wie beim ungläubigen Thomas im Neuen Testament , wo dieser so überrascht ist von der plötzlichen Präsenz des wieder auferstandenen Jesus, dass er erst durch die Ertastung seiner Wundmale daran glauben kann. Thomas‘ Freund Matthias war ja erst vor 10 Stunden in der Intensivstation eines Hospizes verstorben. Thomas hatte das Röcheln und den Exodus von Matthias miterlebt, den Pfleger, der den Puls- und Herzstillstand feststellte und ihn von den Apparaten abnahm, sowie Arzt samt Assistenten, der den Tod amtlich beglaubigte. Danach waren 2 Schwestern gekommen, die den Toten gewaschen, mit einem Leintuch bedeckt und das Kinn hochgebunden hatten.Thomas hielt Totenwache am Bett, und am Morgen kommt noch Frau Fink von der Bestattung, die mit Thomas die bis zur Bestattung die zu erledigenden Schritte disponiert, und Thomas weitgehend entlasten will, bis zu dem indiszenten Angebot einer Massage, was Thomas aber heftig ablehnt. Der Tote wird mit aufgeschnittenem Hemd und ebensolcher Hose angezogen. Als Thomas wieder allein mit ihm ist , wacht Matthias wieder auf, steht auf, zieht sich an und die Lebenspartner können die ungeklärten Dinge ihrer Beziehung endlich „noch“ besprechen. Die durchgehend komponierte Oper endet, dass sie beim Pfleger eine Minestrone bestellen, die sie auf dem Bettschränkchen genussvoll zusammen auslöffeln.
Für dieses Libretto von Händl Klaus hat Georg Friedrich Haas die ganz einfühlsame Musik in 1. Linie für Saiteninstrumente (Harfe, Zither, Mandoline Gitarre/2 Spieler), sowie für Cembalo , Schlagzeug (2 Spieler) und Akkordeon geschrieben. Diese Musik ist, wie schon in einigen vorherigen Opern von Haas, z.T.mikrotonal, d.h. mit Vierteltonabständen geschrieben, so daß es teilweise klingt, als seien die Instrumente verstimmt. Das gibt ihr aber eine ganz eigene Note, und erinnert auch an einen Bandaklang, der bei Beerdigungen in südlichen Ländern eingesetzt wird, und charakterisiert die Ausnahmesituation beim Sterben, wenn alles seinen Halt verliert. Es gibt auch makabre Situationen wieder, wenn der Tote sich noch mal bewegt oder seine Lider sich wieder öffnen. Auch die Vorgehensweisen der Schwestern beim Waschen sind gut getroffen und werden von den Instrumentalisten unter der Leitung von Michel Galante in einzigartiger Weise und plastischem Sound aus dem Graben gespielt.
Ein aseptisch helles fast grelles Intensivzimmer zeigt das Bb Vinzenz Gertler (auch Kost.). Elisabeth Gabriel inszeniert äußerst realitätsgerecht, verschiebt das Krankenbett für die Waschung des Toten in die Längspostion, so daß die Schwestern re und li gut zur Gelltung kommen. Danach öffnen sich die hinteren Lamella-Vorhänge und geben den Blick in eine unendliche Krankenzimmerflucht frei. Auch die Schlussszene ist mit einfachen Mitteln inszeniert, aber mit höchster Wirkkraft.
Frau Fink ist im roten Kleid und grünen Strümpfen Sarah Wegener mit schön gefärbt akkuratem Sopran. Die Schwestern Agnes und Jasmin werden traumwandlerisch gesungen, und Raminta Babickaite (Mezzo) und Ruth Weber /Sopran kommentieren ihren routinierten Job. Daniel Gloger gibt den Dr. Dürer mit kurzangebundenen fast flapsigem Counter, sein Famulus ist Michel Fayfar.Wolfgang Wewerla singt den Matthias mit schönem Bariton, und die Titelrolle der Baßbariton singt Otto Katzameier bis in die letzten Nuancen souverän und sonor.
Friedeon Rosén