Eine Reise in die Nacht
Orgelabend mit Robert Pobitschka auf Schloss Schrattenthal
Durch unermüdlichen Eifer hält die Schlossherrnfamilie Dr. Schubert die prächtige Anlage von Schrattenthal bei Retz in allerbestem Zustand. Ihrem Engagement ist auch zu verdanken, daß die Schlosskapelle über eine erstklassige Orgel verfügt. Dieser Umstand veranlaßte die Reihe „Kerzenlicht-Konzerte“ einen Orgelabend in das diesjährige Programm aufzunehmen. Trotz Regenwetters fanden am 7. September zahlreiche Interessierte ihren Weg in die Schlosskapelle.
Robert Pobitschka
Robert Pobitschka stimmte mit sechs Choralvorspielen von Johann Sebastian Bach, beginnend mit „Die Nacht ist kommen“, die Hörer auf die Programmfolge ein. In Ihrer Schlichtheit bezeugen die Stücke den unerschütterlichen Glaubenseifer einer vergangenen Epoche, erweisen sich aber durch klare Linien und makellosen Aufbau als zeitlos gültige Kunstwerke.
Sehr ihrer Epoche – der Romantik – verhaftet erscheinen die beiden Orgelwerke „Angelus!“ und „Evocation à la Chapelle Sixtine“ von Franz Liszt, dien anschließend folgten. Teils verinnerlicht, teils mit gewaltigem dramatischen Aufwand schafft Liszt Tongemälde, die inneres religiöses Empfinden darlegen. Neben der Bewältigung erheblicher technischer Anforderungen sei hier die interessante Registerwahl Pobitschkas erwähnt. Beeindrucken auch, daß die eher kleine Orgel den Kirchenraum mit gewaltigen Klängen zu füllen vermag.
Der zweite Teil des Abends war Robert Pobitschkas Eigenkomposition „Novalis – Dem Andenken des großen Dichters“ gewidmet. Das Werk entstand 2015 für das Novalis-Kunstprojekt in Schlöben/Thüringen, einer Heimatgemeinde des Dichters, und wurde ebendort vom Komponisten selbst auf der „Novalis-Orgel“ der Ortskirche uraufgeführt. Stürmisch vituose, dabei durchaus tonale Abschnitte kontrastieren mit leisen, hintergründigen, atonalen Klängen. Die Musik geleitet – wie die Titel der einzelnen Abschnitte auch bezeugen – durch eine Reise in die Nacht des Dichters. In eine Nacht, die in ihm mehr Erleben wachrief, als jeder nur denkbare Sonnentag. Das Publikum reagierte mit Anteilnahme und viel Applaus am Schluß.
Anton Cupak