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SCHÄNDUNG

18.06.2015 | Allgemein, FILM/TV, KRITIKEN

FilmPlakat  Schändung~1

Ab 19. Juni 2015 in den österreichischen Kinos
SCHÄNDUNG
Fasandraeberne / Dänemark / 2014
Regie: Mikkel Norgaard
Mit: Nikolaj Lie Kaas, Fares Fares, Pilou Asbaek, Danica Curcic u.a.

Man nennt das Genre vereinfachend „Schweden-Krimi“, aber Skandinaviens Beitrag zur europäischen Kriminalroman-Szene ist bedeutender, auch Norweger und Isländer haben einiges dazu beigetragen, und ein absoluter Bestsellerautor ist auch der Däne Jussi Adler-Olsen. Dessen etwas abgewrackter, aber als Persönlichkeit so interessanter Polizeikommissar Carl Morcks steht schon im zweiten Mal im Mittelpunkt einer Verfilmung: Nach „Erbarmen“ ist nun „Schändung“ angesagt, Morck hat in dem aus Syrien stammenden Kollegen Assad wieder einen treuen Gefährten – und wieder geht es verdammt düster und höchst sozialkritisch zu. Gedämpfte Spannung und Hintergründiges herrschen vor.

Die Machart ist dieselbe wie im ersten Film, es geht um einen ungelösten Fall aus der Vergangenheit, aber das ist schließlich die Aufgabe des „Sonderdezernats Q“, in das man den unleidlichen Carl Morcks abgeschoben hat. Ungerächtes Unrecht mag zwar im Leben unter den Tisch gekehrt werden, im Krimi verjährt es nicht: Ein alter Mann, dessen beide Kinder – Zwillinge, Tochter und Sohn – vor 20 Jahren ermordet wurden, stirbt und hinterlässt Morcks die Last, dies aufzuklären. Denn der Mitschüler, der einst für dieses Verbrechen kurzfristig ins Gefängnis wanderte, war wohl nicht der Täter…

Wer immer damals jung und dabei war, ist heute mittleren Alters und teilweise saturiert genug, um jede Polizei-Recherche zurückzuhalten, was Morcks natürlich stur und beharrlich noch tiefer in den Fall führt. Eine Schüler-Clique im Elite-Internat von einst wird nun aufgeblättert, was in die besseren Kreise führt, voran zu dem durch und durch zynischen Ditlev Pram, der als schillernder Bösewicht gezeichnet ist. Im Gegensatz dazu findet Morcks eine „Absteigerin“: Kimmie Lassen ist „Sandlerin“ geworden, weiß mehr, als gut für sie ist – und hat Schlimmes vor. Der Glaube an das Böse im Menschen spielt hier eine tragisch-große Rolle. Es beutelt einen nur so, wenn sich herausstellt, welche Grausamkeiten damals im Internat passiert sind – und das im so hell, freundlich, ungefährlich und liberal wirkenden Dänemark. Na, die Einheimischen wissen es vielleicht besser als das Klischee…

Rückblenden und Gegenwart mengen sich in diesem Film von Regisseur Mikkel Nørgaard zu gleichwertig trüben Abbildern der Realität: Düsternis und schlechtes Karma scheinen überall zu walten, auch beim ermittelnden Polizisten, der gewissermaßen seine eigene Geschichte hat. Die dänischen Darsteller sind bei uns unbekannt, was den Vorteil hat, dass sich keine Vorstellung von einem „Star“ sich zwischen die Rolle und den Interpreten schiebt: Nikolaj Lie Kaas als Carl Morck und Fares Fares als Assad sind als Typen so stark wie überzeugend, interessant auch Pilou Asbaek als Ditlev Pram, vielleicht eine Spur kinohaft überzeichnet die Absteigerin Kimmie Lassen in Gestalt von Danica Curcic.

Der erste Teil war ja wohl ein Erfolg, sonst gäbe es den zweiten nicht, und vermutlich werden noch weitere Fortsetzungen folgen. Allein die Figur von Carl Morck wird das Interesse des Kinopublikums vermutlich wach halten.

Renate Wagner

 

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