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SAVONLINNA: RAVENNA FESTIVAL MIT „FALSTAFF“ und „MACBETH“

15.07.2016 | Allgemein, Oper

Savonlinna: Ravenna-Festival mit Falstaff und Macbeth – 13./14.7.2016

Das von CRISTINA MAZZAVILLANI MUTI geleitete Ravenna-Festival machte den Anfang des traditionellen Gastspiels ausländischer Bühnen, passenderweise mit Verdis „Falstaff“ und „Macbeth“, somit den festspieleigenen „Otello“ zur Shakespeare-Trilogie abrundend. Frau Muti, die auch als Regisseurin beider Werke fungierte, hatte ihre Hausaufgaben gut gemacht und die Produktionen gekonnt und Atmosphäre gerecht unter Benutzung von Videoprojektionen dem Ambiente der Burg Olavinlinna angepasst. Schade nur, dass die obligatorische „Sektpause“ jeweils nach dem 1. Akt eingeschoben worden war, so dass das Publikum gezwungen war, ein bzw. zwei Umbaupausen unbequem im Auditorium stehend oder sitzend zu verbringen. Dies der Tribut an Inszenierungen, die ja nicht für diesen Austragungsort ersonnen worden waren.

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„Falstaff“-Schluss (Foto: Soila Puurtinen, Itä-Savo)

Als Orchester diente das ORCHESTRA GIOVANILE LUIGI CHERUBINI, beide Male unter der Leitung von NICOLA PASZKOWSKI, beim „Falstaff“ vorwiegend unterwürfig der Szene dienend, weniger eigene Akzente setzend als im „Macbeth“. Der Chor (Einstudierung CORRADO CASATI) konnte sich, wenn auch nicht mit dem Volumen und der Klangschönheit des Savonlinna-Opernchores mithalten könnend, im „Macbeth“ auszeichnen.

Dass mir die Namen der Mitwirkenden (bis auf den des Titelrollensängers) nicht bekannt waren, ist zweifellos mein Versäumnis, denn, obwohl sich ihr Ruhm vorwiegend auf Italien beschränkt, sie waren (bis auf eine Ausnahme) alle sehr gut, rollen- und fachgerecht und vor allem stilsicher besetzt. In der Titelpartie „räumte“ der Bulgare KIRILL MANOLOV, zu dessen Signaturrollen der Verdi’sche Falstaff gehört, mit mächtiger Figur und ebensolcher Stimme ab, vollsaftig alle Nuancen auskostend. Es wird sich zeigen, ob er mit diesem volumenreichen Material auch in der Lage sein wird, die feineren Linien des Rigoletto zu zeichnen, für den er im nächsten Sommer in einer David McVicar-Produktion vorgesehen ist.
 
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Kiril Manolov als Falstaff (Foto: Soila Puurtinen, Itä-Savo)

Mit ELEONORA BURATTO, die in diesem Frühjahr an der Metropolitan Opera Pasquale-Norina gesungen hat, war Alice Ford leichter als üblich besetzt, doch war dies im Rahmen des Damenquartetts ausgesprochen stimmig, da die Nannetta DAMIANA MIZZI’s mit leichtem, silbrigem Ton sehr gut dazu passte. ANNA MALAVASI machte aus der eher undankbaren Meg Page das Optimale, und ISABEL DE PAOLI (Quickly) besaß den unabdingbaren Orgelton für ihr „Reverenza“. GIOVANNI SEBASTIANO SALA ließ als Fenton einen jungen Tenor hören, und mit GIORGIO TRUCCO (Dr. Cajus), MATTEO FALCIER (Bardolfo) und GRAZIANO DALLAVALLE (mit markantem Bass als Pistola) waren die übrigen Rollen fachgerecht besetzt. Etwas aus dem Rahmen fiel (zumindest nach meiner Meinung) der Ford FEDERICO LONGHI’s, mit dessen knorrigem Durchschnittstimbre ich so gar nichts anfangen konnte.

Am nächsten Abend dann „Macbeth“, eine Oper, die wegen der einzigartigen, der Burg ideal angepassten Inszenierung Rolf Långbackas seit den 90er Jahren in Savonlinna Kultstatus genießt. Wenn auch nicht denselben intensiven Eindruck hinterlassend, spricht es für die Kunst Cristina Mazzavillani Mutis, mit einfachen Mitteln eine fast ähnliche Wirkung erzielt zu haben. Für den ursprünglich vorgesehenen Argentinier Matias Tosi, der noch im April die Premiere dieser Produktion in Ravenna bestritten hatte, sprang recht kurzfristig der Mariinsky-Bariton VLADISLAV SULIMSKY ein, der mit dieser Rolle gerade in den letzten Monaten in Riga und Basel reüssiert hatte. Ein genuiner Verdi-Bariton, besonders für die dramatischeren Partien, wie es heute nicht viele dieses Formats gibt. Jetzt macht es sich bezahlt, dass das Mariinsky-Theater Sulimsky jahrelang sehr umsichtig aufgebaut hat und ihm, auf dessen Material man schon früh aufmerksam wurde, lyrischere Rollen wie Giorgio Germont, Luna oder Silvio zu singen gegeben hat. Ein wunderbares dunkel timbriertes Material, gekrönt von metallischen Höhen – all dies von einer Qualität, die ihn in diesem Fach eigentlich an die größten Bühnen dieser Welt führen müsste.

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Vladislav Sulimsky und Vittoria Yeo (Foto: Soila Puurtinen, Itä-Savo)

Die Koreanerin VITTORIA YEO, die sich in den letzten Jahren vornehmlich durch solche Partien wie Lady Macbeth und Odabella einen Namen gemacht hat (sie war Riccardo Mutis Ernani-Elvira bei den Salzburger Festspielen) imponierte, aber dies mehr durch die überzeugende stimmtechnische und -darstellerische Ausformung ihrer Rolle. Bei aller Hochachtung für die Mühelosigkeit und Kraft, mit der sie alle Schwierigkeiten bewältigte, hätte ich mir für eine ideale Lady Macbeth doch ein Mehr an Farben gewünscht. In dieser Hinsicht empfand ich ihre metallische Stimme als reichlich monochrom. Zufriedenstellend, nicht mehr, aber auch nicht weniger – ALESSANDRO SCOTTO DI LUZIO als Macduff, während der Banquo DANIEL GIULIANINI (28 Jahre alt) das Los vieler junger Bassisten teilte, zwar vom Alter her jung zu sein, aber schon recht alt zu klingen. Hier empfand ich das Material seines Bass-Kollegen DANIELE MACCIANTELLI (Arzt) als angenehmer. Als Malcolm konnte GIOVANNI SEBASTIANO SALA nicht unerwartet weniger auf sich aufmerksam machen als am Vorabend als Fenton.

Fazit: Zwei Aufführungen, die es wert waren, besucht worden zu sein. Kompliment an die Leiterin des Ravenna-Festivals, nicht nur Atmosphäre reiche Produktionen erstellt, sondern uns auch die Bekanntschaft mit interessanten Stimmen vermittelt zu haben.

Sune Manninen

 

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