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Sama Maani: WORÜBER MAN ALS JUDE NICHT SCHREIBEN SOLLTE

19.04.2020 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

Sama Maani:
WORÜBER MAN ALS JUDE NICHT SCHREIBEN SOLLTE
102 Seiten, Drava Verlag, 2020

Sama Maani, geboren 1963 in Graz als Sohn iranischer Eltern, arbeitet als Psychoanalytiker und hat vor allem als Blogger Bekanntheit erreicht, der die kontroversesten Themen ohne Scheu „anspringt“. Eine Sammlung seiner Blog-Beiträge gibt es nun unter dem – durchaus herausfordernden – Titel „Worüber man als Jude nicht schreiben sollte“, wobei sich das nicht auf ihn bezieht, sondern auf seinen jüdischen Kollegen Vladimi Vertlib. Diesem haben Damen in einem gutbürgerlichen Salon in Hietzing nahe gelegt, er als Jude solle sich besser nicht über den Islam äußern. Aber Scheu vor irgendetwas kennen weder er noch Kollege Maani, das muss schon klar sein!

Der Drava Verlag hat nun eine Menge von Maanis Blogs zusammen gestellt, teilweise auch schon ein paar Jahre alt, aber manches wird immer „erregen“: Etwa die Frage, ob ein Holocaust-Opfer seinen Mörder lieben kann (als Thema nicht ganz selten, man denke an Liliana Cavanis Film „Der Nachtportier“)? Oder, was österreichische Literaturfreunde erregen wird, die Idee, dass sich in Musils „Mann ohne Eigenschaften“ (immerhin einst ein Lieblingsbuch von Bruno Kreisky) Antisemitismen fänden. Aber er attackiert auch Arik Brauer dafür, dass dieser – als Jude – sich vom Islam mehr bedroht fühlt als von seinen christlichen österreichischen Landsleuten…

Vieles betrachtet Maani gewissermaßen professionell vom Standpunkt der Psychoanalyse, und wenn man auch nicht immer (gar nicht zu oft im gegebenen Fall) seiner Meinung ist, so möchte man doch auf jeden Fall sofort mit ihm diskutieren.

Nicht unter den Tisch kehren darf man, dass der Verlag das Büchlein vielleicht eine Spur zu schnell und unbedacht heraus gebracht hat, nicht nur, weil Bert Brecht gleich auf der ersten Textseite ein „Bertold“ ist, was keinem Lektor passieren soll. Wenn man in einem Beitrag liest, ein angekündigtes Buch werde 2018 erscheinen, vergewissert man sich, dass der Blogtext von Anfang 2018 stammt – da hätte man sich doch über das Erscheinen des Buches kundig machen können? Und einen Anti-Trump-Text bezüglich des Iran einzustellen, der vom Juni 2019 stammt, und nicht die letzten Ereignisse (die Ermordung des iranische General Soleimani im Jänner 2020 in Bagdad) dazu zu aktualisieren – das erscheint auch eher nachlässig.

Fans von Maani allerdings haben nun seine „Kampf-Artikel“ zwischen Buchdeckeln. Das ist nachhaltiger als ein Blog.

Renate Wagner

 

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