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SALZBURG/ Landestheater: 6. INTERNATIONALE BALLETTGALA – Von der ungeheuren Leichtigkeit des Tanzes

Salzburger Landestheater:

16.4.2016: „6. INTERNATIONALE  BALLETTGALA“.Von der ungeheuren Leichtigkeit des Tanzes

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DER LIEBE SCHLAF – EIN DORNRÖSCHENBALLETT: „Die Fee des Unbekannten erfährt das Wesen der Liebe“ – Miki Wakabayashi und Dylan Hoskins. Fotocredit: Ballett Oper Graz

Unter dieses Motto stellt Intendant Carl Philip von Maldeghem sein Vorwort im Programmheft zur 6. Internationalen Ballettgala. Ballettchef Peter Breuer, selbst früher Tänzer von Weltrang, etablierter Choreograf und seit 1991das Salzburger Ballett leitend, lud wieder außergewöhnliche Gäste ins Salzburger Landestheater ein und stellte erneut ein interessantes Programm zusammen. Da Peter Breuer im Vorjahr in Essen der Deutsche Tanzpreis verliehen wurde, gelang es ihm, für diesen Galaabend mit Elisa Badenes vom Stuttgarter Ballett (Deutscher Tanzpreis Zukunft) und dem Ballett Hagen – Ballettchef Ricardo Fernando wurde mit dem Anerkennungspreis des Deutschen Tanzpreises ausgezeichnet –  somit alle Preisträger nun hier auf die Bühne des Salzburger Landestheaters zu bringen. Erstmals war mit dem Ballett der Oper Graz auch eine österreichische Compagnie vertreten. Auch bei dieser Gala ging der Erlös an die Aidshilfe Salzburg. Wie immer führten Intendant und Ballettchef gemeinsam durch den Abend.   

Elisa Badenes war schon zuvor mit dem Stuttgarter Tänzerkollegen Daniel Camargo in Salzburg eingeladen gewesen. Nun kehrte sie als Erste Solistin hierher zurück und brillierte mit „Limelight“ von Katarzyna Kozielska. Die Choreografin und Halbsolistin im Stuttgarter Ballett kreierte dieses Solo speziell zur Deutschen Tanzpreisverleihung. Dieses Stück, das sich im Titel an einer bestimmten Form von Bühnenlicht orientiert, wartet dementsprechend mit einer ganzen Batterie von Scheinwerfern vom Schnürboden herabhängend auf, um die Tänzerin ins richtige Licht zu setzen: die Spanierin gab mit Eloquenz und Verve eine facettenreiche weibliche Tanzstudie in Spitzenschuhen zu Tangoklängen (Musik: New Tango Orquestra) und begeisterte so das Publikum.

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VOICES – Eunji Yang und Nikolaos Doede. Fotocredit: Ballett Hagen

Das Ballett Hagen stellte sich mit „Voices“  (Musik: „Innocent“ von Pust) vor. Choreograf Ricardo Fernandez lässt im gezeigten Pas de deux Eunji Yang und Nikolaos Doede zunächst in den getrennten Lichtkegeln zweier Spots erscheinen und erst nach und nach kommt es zur Annäherung der beiden Tänzer: wie in der heutigen Zeit oft üblich, bleibt zunächst jeder für sich, gefangen in der eigenen isolierten Welt, ehe man vorsichtig doch direkten Kontakt aufnimmt. Sie  „sprechen“ durch ihre Körper, treten tänzerisch (und begleitet vom Gesang einer weiblichen, dann dazukommenden männlichen Stimme, die die erste überlagert) in einen Dialog: sie beginnen sich aufeinander einzulassen und Vertrautheit zuzulassen. Sehr gefühlvoll und stimmig!

Besonders weit angereist waren die Gäste aus Kuba: erstmals außerhalb des eigenen Landes auftretend und in Anwesenheit des kubanischen Botschafters, präsentierten sie mit Stolz ihr Land: Rosa Maria Rodriguez Armengol und Yanni Garcia tanzten zunächst den bekannten Pas de Sclaves aus „Le Corsaire“ (Choreografie: Marius Petipa, Musik: Ludwig Minkus) mit forcierender Dynamik, um dann im zweiten Teil mit dem zeitgenössischen Pas de deux  „Peregrinos“ (Choreografie: Gonzalo Galguera; Musik: Thomas San Miguel) zu reüssieren. Mit weicher Geschmeidigkeit, überzeugender Ausdrucksstärke und unglaublichem Bewegungsgefühl demonstrierten hier die beiden jungen Künstler vom Ballet de Camagüey, der bedeutendsten klassischen Compagnie in Kuba, dass sie stilmäßig sehr vielseitig sind.

2011 noch selbst als Tänzer vom Ballett Düsseldorf hier bei der ersten Ballettgala aufgetreten, bringt Jörg Weinöhl, seit vergangenem Saisonbeginn Ballettchef an der Oper in Graz, nun zwei Beiträge aus seinem erst im Oktober uraufgeführtem Ballett „Der liebe Schlaf – ein Dornröschenballett“ mit. Zunächst der Pas de deux „Die Fee des Unbekannten erfährt das Wesen der Liebe“ mit Miki Wakabayashi und Dylan Hoskins (Musik: Anonym Ciaccona A3); nach der Pause dann „Das Erwachen“ mit Bruna Diniz Afonso und Simon Van Heddegem zu einer Komposition von Georg Friedrich Händel. Beide Ausschnitte zeugen von der feinen Sensibilität des Choreografen für Bewegung, Stimmung und Ästhetik. Eine schöne  Balance von Eleganz und eigenständiger Gestaltung in der gelungenen Symbiose von klassischem Schrittmaterial und zeitgenössischer Bewegungsgestaltung charakterisieren den Stil von Jörg Weinöhl: in sich ruhend, harmonisch und musikalisch, erhaben und von einer tänzerischen Intellektualität, gefiel die Begegnung mit diesen beiden Kostproben außerordentlich gut.

Young Gyu Choi vom Het Nationale Ballet zeigte in Abänderung des ursprünglich geplanten Auftritts wegen der Verletzung von Partnerin Quian Liu stattdessen zwei klassische Solovariationen aus  „Nussknacker“ bzw.  „Don Quixote“  und bestach durch kraftvolle Sprungstärke und edle Technik.     

Das Bayerische Staatsballett war mit den beiden Solisten Katherina Markowskaja und Maxim Chashchegorow vertreten und bot romantisches Ballett mit einem lyrisch-ätherischen Pas de deux aus „Les Sylphides“ von Mihail Fokine. Der von den beiden innig interpretierte Pas de deux „Till Dusk“ des ägyptischen Choreografen Maged Mohamed zu Musik von Antonio Vivaldi und Max Richter erlebte hier sein Uraufführung. Auch der Ballettnachwuchs meldete sich mit einem kräftigen Lebenszeichen: Momona Sakakibara von der Munich International ballet School entzückte mit leichtfüßiger  Spritzigkeit bei ihrer  Solovariation aus „Harlequinade“ von Marius Petipa zur Musik von Riccardo Drigo.

Auch das gastgebende Ballett des Salzburger Landestheaters demonstrierte Vielfalt. So begeisterte Diego da Cunha mit dem rasanten „Gopak“ (Choreografie: Rostislav Zacharow; Musik: Vasily Solovyov-Sedoi), indem er mit seinen raumgreifenden Sprüngen gleichsam über die Bühne flog und mit endlosen Drehungen technische Bravour bot; im Pas de deux „Moszkowski Walzer“ (Choreografie: Vasili Wainonen) bezauberte er gemeinsam mit Karine de Matos durch jugendliche Frische, versprühten die beiden doch frühlingshafte zarte Duftgkeit. Mit prägnanten Ausschnitten aus den Werken von Peter Breuer wie „Dance for Satisfaction“ zu den Songs der Rolling Stones „Wild Horses“ als Gruppennummer für fünf Tänzerinnen und „Satisfaction“ als Tanz für sieben Männer wurden die Zuschauer jeweils zu Beginn des Programms bzw. nach der Pause entsprechend eingestimmt; als Abschluss des Abends bestätigte dann die rhythmisch aufpeitschende und sinnlich-spannungsgeladene Zigeunerszene aus „Carmen“ einmal mehr die kompakte Ensemblestärke der Balletttruppe.  

Fazit: längst fixer Bestandteil im Spielplan, ergänzten sich zum halben Dutzend wieder Novität und Tradition in einem vom Publikum begeistert akklamierten und heftig bejubelten Ballettabend – die nächste Ballettgala findet bereits am 12. November 2016 statt.

Ira Werbowsky

 

 

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