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SALZBURG / Felsenreitschule: DIE EROBERUNG VON MEXICO von Wolfgang Rihm. grandios, aber Etikettenschwindel. Premiere

27.07.2015 | Allgemein, Oper

Felsenreitschule: GRANDIOSE RIHM-AUFFÜHRUNG SAMT ETIKETTEN-SCHWINDEL: DIE EROBERUNG VON MEXICO (26.Juli 2015)

Unbenannt
Bo Skovhus, Angela Denoke. Foto: Monika Rittershaus

Die Qualität der musikalischen Umsetzung stand von Anfang an außer Streit. Und der Jubel über die österreichische Erstaufführung einer Oper von Wolfgang Rihm – in Anwesenheit des Komponisten – war exemplarisch. Ein junges Spitzen-Orchester – das Radio-Symphonieorchster Wien – ein rhythmisch besonders ambitionierte Dirigent – Ingo Metzmacher –  und ein ideales Ensemble mit Angela Denoke und Bo Skovhus an der Spitze. Das waren die „Ingredienzien“ für die starke Wirkung eines Werkes, dessen Titel allerdings  an „Etiketten-Schwindel“ grenzt. Die Eroberung von Mexico hat nämlich nichts mit den Vorgängen zu tun, die vor fast 500 Jahren zum Ende des Azteken-Reiches führten. Die Rihm-Oper – Uraufführung 1991 – basiert auf Texten des französischem Surrealisten Antonin Artaud (1898-1948) und der entzieht sich einer konventionellen Textbeurteilung. Es geht also um Frauen und Männer, um den ewigen Kampf der Geschlechter, um Werben und Missverstehen, um Geburt und den Tod. Und der Regisseur Peter Konwitschny (Bühnenbild Johannes Leiacker)  kostet diese „zeitlose“ Deutung noch ganz besonders aus. Also findet die „Eroberung“ auf einem Autofriedhof statt. Und es gibt Video-Projektionen (Fettfilm) und einen Spezial-Bewegungs-Chor. Angela Denoke ist Montezuma – die Unterlegene, Schwächere. Und sie bewältigt auch diese Rolle mit Lyrik und Belcanto-Qualitäten. Trotz Kundry und Küsterin. Bo Skovhus – Cortez, der „Sieger“, der Unterwerfer – auch er der hohe Bariton ist ein zeitloses System der Macht-Symbolisierung. Assistiert wurden die beiden von Susanna Andersson (hoher Sopran) und Marie-Ange Todorovitch (Kontra-Alt) sowie von Stephan Rehm und Peter Pruchniewitz (Sprecher). Zuletzt Ratlosigkeit und/oder extatische Begeisterung. Die Salzburger Festspiele haben hoch gepokert und hoch gewonnen.

Peter Dusek

 

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