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Rózsa dirigiert Rózsa

03.06.2017 | cd, CD/DVD/BUCH/Apps

CD Rosza

Rózsa dirigiert Rózsa: RCA Italiana Orchestra, Vocalion SA-CD

Miklos Rózsa ist Generationen von Kinobesuchern ein Begriff als Schöpfer von Filmmusiken zu spektakulären Produktionen wie Ben-Hur, Quo Vadis, El Cid, Sodom und Gomorrha, König der Könige aber auch Ivanhoe, The Thief of Bagdad oder Tip on a Dead Jockey. Er hat ebenso höchste erfolgreich Kammermusik und eine ansehnliche Anzahl an Werken für Orchester verfasst. Berühmt geworden ist insbesondere sein Violinkonzert, geschrieben für und uraufgeführt von Jascha Heifetz. Auf der vorliegenden CD werden die Ouverture to a Symphony Concert, Op. 26a, die drei Ungarischen Sketches Op. 14, das Notturno Ungherese Op. 28 sowie Thema, Variationen und Finale Op. 13 vorgestellt.

Der in Budapest geborene Miklós Rózsa studierte gemeinsam mit Wolfgang Fortner in Leipzig, er war wie Kodály und Bartók mit der archaisch anmutenden Melodik und Harmonik der ungarischen Volksmusik bestens vertraut. Dieses Grundelement, chromatisch kontrapunktische Techniken, eine hohe energetische Kraft stets innerhalb tonaler Grenzen machen den Reiz seiner Werke aus. Wie er in seiner Autobiographie festhielt, mochte Rózsa das Genre Kinofilm eigentlich nicht besonders. In Paris konnte ihn Arthur Honegger jedoch dazu überreden, wohl aus primär finanziellen Gründen für den Film zu schreiben. Hollywood sollte dennoch seine Bestimmung werden, ein Vertrag mit MGM (Metro Goldwyn Meyer) brachte materielle Sicherheit, auch drei Oscars konnte Rozsa einheimsen (1945: Ich kämpfe um dich; 1948 Ein Doppelleben und 1959 Ben-Hur).

Zu über 100 Filmen hat Rozsa eingängige Musik verfasst, handwerklich gediegen, atmosphärisch dicht, mit einem untrüglichen Gespür für Dramatik, Sentiment, rhythmische Kante und farbenreicher Instrumentierung. Er war aber auch ein Pionier der Schallplatte, seine Zusammenarbeit mit den Nürnberger Symphonikern sind Legion.

Auf der vorliegenden CD dirigiert Rózsa das RCA Italiana Orchestra, die Aufnahmen sind in Rom in den RCA Studios im Juni 1964 entstanden. Die Aufnahmequalität ist stupend. Die Ouverture to a Symphony Concert, uraufgeführt 1956 in Düsseldorf, beginnt wie Janaceks Sinfonietta mit einer Bläserfanfare. Für die Entstehung und die emotionale Ausdruckskraft war der Ungarische Aufstand maßgeblich. Die drei Ungarischen Sketches „Capriccio Pastorale und Danza“ sowie das Notturno Ungherese nutzen meisterlich folkloristische Elemente, Pauke, eine peitschende Dynamik, aber auch Oboen- und Violinsoli, um die Atmosphäre der Pusta, der weiten ungarischen Ebenen einzufangen. Beim Notturno, uraufgeführt unter Eugene Ormandy mit dem Philadelphia Orchestra 1964, handelt es sich um ein nostalgisches Nachtstück, das klanglich assoziativ Erinnerungen des Komponisten an seine Kindheit in Nagylocz beschwört.

Am besten gefällt mir das letzte auf dem Album präsentierte Werk „Theme, Variations and Finale“ Op. 13 mit einer Einleitung, acht Variationen und einem kraftvoll wilden Finale, das den Hörer aus dem Sessel hebt. In diesem oft aufgeführten Stück, das Charles Munch in Budapest aus der Taufe gehoben hatte, zeigt Rózsa seine große kompositorische Meisterschaft. Ein „einfaches“ Thema ist Anlass, in einer wahren Tour de force einen Orkan für verschiedenen Instrumentengruppen mit erstaunlichen Taktwechseln, synkopierten Passagen sowie schneidenden Stakkati zu entfachen und in zunehmend rasanter werdend in einem Höllentempo abrupt enden zu lassen.

Fazit: Ein hochinteressante historische Aufnahme, der das Alter nicht anzumerken ist. Sie belegt den hohen künstlerischen Rang dieses charismatischen Musikers als Schöpfer und Dirigent. Eine Empfehlung.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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