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ROSSINI IN WILDBAD 2025 / L’INGANNO FELICE

ROSSINI IN WILDBAD 2025 /
L’INGANNO FELICE
(Matinee) 26. Juli 2025

Revitalisierte Semiseria

Mit dieser einst am häufigsten, heute jedoch am seltensten gespielten, 1810 am Teatro San Moisé in Venedig uraufgeführten zweiten von Rossinis fünf Farse wurde 2005 das Königliche Kurtheater nach langem Dornröschenschlaf grundsaniert wieder eröffnet – in Anwesenheit keiner Geringeren als Dame Joan Sutherland, deren Dirigenten-Gemahl Richard Bonynge damals für eine konzertante Aufführung von Meyerbeers „Semiramide“ in Bad Wildbad engagiert werden konnte. Zehn Jahre später entstand eine neue Inszenierung durch Festivalleiter Jochen Schönleber (deren Mitschnitt auf CD erhältlich ist), die nun mit Herstellung neuer Bühnen-Elemente, aber im Konzept unverändert wiederaufgelegt wurde. Nur die Zeichnung der Hauptfigur Isabella erhielt jetzt im Zuge der inzwischen erfolgten Sensibilisierung für die gnadenlose Opferung von Frauen eine selbstbewußtere, stärkere Haltung der Wehrsamkeit. Xiangjie Liu, wie fast alle Solisten dieser Aufführung Teilnehmerin der Akademie Belcanto, verkörpert diese so aufgewertete Rolle mit bewegendem vokalem Feingespür, ausgewogener lyrischer Qualität und Intensität im Auftreten gegenüber ihren Peinigern. Die herzogliche Gattin wurde einst aufgrund einer fälschlichen, aus Rache für zurück gewiesene Liebe erfolgten Untreue-Anschuldigung durch Ormondo, einen Gefolgsmann des Herzogs Bertrando, von diesem verstoßen und auf Befehl Ormondos von dessem Gehilfen Batone auf einem im Meer treibenden Boot ausgesetzt. Dass sie an einer Bucht mit einer Bergwerksmiene strandet, dort von deren Führer Tarabotto auf ihre Bitten als seine Nichte Nisa lebt, und der Herzog in Begleitung von Ormondo und Batone  dort zehn Jahre später zur Inspektion im Zuge eines bevorstehenden Krieges kommt, gehört zu den unwahrscheinlichen Zufällen von Opernhandlungen. Jedenfalls kommt es zur Wiederbegegnung, Irritation durch Ähnlichkeiten von Isabella und Nisa und zuletzt zur Vereitelung deren Entführung durch Ormondo und Aufklärung des wahren Sachverhalts, worauf sie dem nun reuevollen Gemahl vergibt, und der Schurke seiner Strafe zugeführt wird. Das Bühnenbild im passend düster gehaltenen Raum – im ersten Teil von einem Militärfahrzeug, im zweiten von einem Boot in Schieflage dominiert – ist denkbar einfach, die Kostüme von Claudia Möbius bewahren in ganz auf Farben verzichtenden Schwarz-/Grauschattierungen passend zum Eingang eines Bergwerks eine durchaus einheitliche Ästhetik. Schönlebers Regie ist auf die Personen konzentriert, streut zur im Prinzip ernsten Handlung die auch musikalisch unterlegten komischen Elemente ein, wenn sich Tarabotto und Batone gegenseitig aushorchen wollen und an beider Schlauheit scheitern – eines der köstlichen Duette Rossinis in buffonesker Manier. Vokal-darstellerisch ziehen Francesco Bossi, der mit charakteristisch festem Bariton und überzeugendem Profil einen persönlichkeitsstarken Tarabotto verkörpert, und der etwas rau timbrierte, aber wendige und spielfreudige Bassbariton Eugenio Maria Degiacomi als Batone am gleichen Strang und sorgen so für den Höhepunkt der Aufführung. Über den klar fundiertesten und rundesten Bariton, dazu präsent gestaltet, verfügt Carlos Reynoso als Anstifter Ormondo, der zuletzt im Boot festgebunden wird.

Der einzige Schwachpunkt der Aufführung ist Paolo Mascari als Herzog, der mit sehr weißem und strengem Timbre keine heute gewohnte Belcanto-Kultur vertritt, auch technisch an harten Registerübergängen noch viel arbeiten muss und dazu für das Tenorfach keine vorteilhafte Erscheinung ist.

Am Pult des Orchesters der Szymanowski-Philharmonie Krakau stand bei dieser Samstags-Matinee Claudia Patané, die ihre Vorstellungen von Rossini’scher Finesse entschieden zu vermitteln weiß und die in diesem frühen Werk schon auffallenden Begleitfiguren und mehrfach eingesetzten Crescendi deutlich heraus stellte. Andrés Jesus Gallucci ist als exquisit feiner Begleiter der geistreich ausgearbeiteten Secco- Rezitative extra hervorzuheben                                                                                                             
 Udo Klebes

 

 

 

 

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