ROM ( Teatro dell‘ Opera ): RIENZI, DER LETZTE DER TRIBUNEN am 14. 5.2013
Foto: Römische Oper
Wie begeht man das Wagner- Jahr, ohne den einhundertsten “ Fliegenden Holländer “ oder den tausendsten „Ring “ zu produzieren ?
Die Römische Oper hat sich für “ Rienzi “ entschieden, also dafür, das vom Meister selbst als “ Schreihals “ abgetane ( und somit für Bayreuth gesperrte ) Jugendwerk sozusagen am “ Originalschauplatz “ zu zeigen. Das war nicht nur eine intelligente, sondern auch eine publikumswirksame Wahl, denn „Rienzi, der letzte der Tribunen“ ist sozusagen Wagner für Wagnerhasser.
Formal noch total an der Grand ‚ Opéra, an den Vorbildern Spontini und Meyerbeer orientiert, klingt er musikalisch wechselweise nach Beethoven, Belllini, Donizetti oder Rossini, aber nahezu nie nach dem späteren Komponisten von “ Tristan “ und „Götterdämmerung „.
Leider hat die künstlerische Leitung nach dieser weisen Entscheidung offenbar ein wenig der Mut verlassen, denn wie wäre es sonst zu erklären, dass sie das so selten gespielte Werk in einer radikal gekürzten dreistündigen Fassung statt in der fünfstündigen Originalversion zur Aufführung hat bringen lassen.
Das ist, um Talleyrand zu zitieren, schlimmer als ein Verbrechen, nämlich ein F e h l e r.
Derselbe Fehler, den schon Alt- Staatsoperndirektor Holender beging, als er den Meyerbeer- Opern dieselbe Verstümmelung zuteil werden ließ und so die von ihm gewünschte Meyerbeer- Renaissance selbst torpedierte.
Denn die Grand‘ Opéras haben nun einmal eine ausladende Archtiktur und bedürfen des langen Atems, um ihren Charme zu entfalten. Sie zusammenzustreichen ist ungefähr so sinnvoll wie, sagen wir, von der Mona Lisa nur Ohren und Augen zu zeigen.
Und das beliebte Argument der unzumutbar langen Spieldauer zieht ja gerade im Zusammenhang mit Wagner nun wirklich g a r nicht….
Genug des Grundsätzlichen.
Die Begegnung mit des Meisters drittem Bühnenwerk ist allein schon deswegen interessant, weil es zwar nicht musikalisch, aber inhaltlich voll auf das spätere Oeuvre verweist. Alle wichtigen Themen sind hier schon vorgegeben : Freiheitskampf, Gesetzestreue, Geschwisterliebe und Weltenbrand.
Hugo de Ana sorgte in wie immer eigenen Bühnenbildern und Kostümen für eine Inszenierung von düsterer Eleganz, ohne erkennbaren interpretatorischen Ansatz, aber mit eindrucksvollen Tableaux Vivants.
Stefan Soltesz hatte das immer besser aufspielende Orchester der Römischen Oper souverän im Griff – und auch der Chor ( unter Roberto Gabbiani ) leistete Hervorragendes ( auch wenn nicht immer klar war, in welcher Sprache – angeblich deutsch – wirklich gesungen wurde ).
Von den Sängern rettete sich ( zumindest an dem Abend, den wir erlebt haben ) nur Angela Denoke in der Hosenrolle des Adriano. Sonst schien ein Wettbewerb des Distonierens angesagt.
Der österreichische Tenor Andreas Schager bewältigte die Mörderpartie des Rienzi ( mit fast ununterbrochener Bühnenpräsenz) zwar anständig, wirkte aber ( auch mimisch ) so, als ob ihm jeder einzelne Ton eine nahezu unmenschliche Anstrengung abverlangen würde (von so etwas wie Rollengestaltung wollen wir gar nicht erst reden).
Die wunderschöne Manuela Uhl hielt gesanglich leider nicht das, was ihr Anblick versprach. Und die co – primari ließen überhaupt aus.
Mit besseren Sängern und in der ungekürzten Originalfassung hätte der römische Rienzi durchaus ein Ereignis werden können.
So blieb der Abend zwar weit hinter seinem Potential zurück, hinterließ aber den Großteil der Italienischen Zuschauer, vor allem nach dem berühmten “ Gebet „, aufgrund seiner Nicht-Wagnerhaftigkeit doch erfreut zurück.
Robert Quitta,Rom