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Roberto Zapperi: DIE PÄPSTE UND IHRE MALER

14.05.2020 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

Roberto Zapperi:
DIE PÄPSTE UND IHRE MALER
Von Raffael bis Tizian
220 Seiten, Verlag C.H.Beck, 2020

Raffael (1483-1520) und Tizian (1488-1576) stecken den zeitlichen Rahmen dieses Buches ab. Er umfasst immerhin neun Päpste (wobei einer der wichtigsten, Alexander VI. aus der Familie Borgia, nicht vorkommt). Die Zeit, in der man sich bewegt, wird – von ihrem kunsthistorischen Standpunkt her definiert – als Hochrenaissance bezeichnet. Aber obwohl Autor Roberto Zapperi (der als Privatgelehrter in Rom lebt) sehr intensive Interpretationen einzelner Gemälde liefert, ist die Kunstgeschichte nicht sein Hauptanliegen.

Vielleicht könnte man das Buch auch mit dem Untertitel „Hinter den verschlossenen Toren des Vatikans“ charakterisieren. Denn es geht anhand von drei großen Familien, den Della Rovere, die später in Urbino herrschten, den Medici, die damals schon die Herren von Florenz waren, und den Farnese, die später das Herzogtum Parma mit Piacenza zugeteilt bekamen, um nichts anderes als Politik – und  Nepotismus.

Die Päpste dieser Familien versuchten – in unseren Augen geradezu schamlos, damals ganz einfach „normal“ in ihrem Vorgehen -, nicht nur, sämtliche Neffen (unter denen sich, halb verschwiegen, halb offen auch Söhne befanden) und Verwandten mit Pfründen und Fürstentümern zu versorgen. Dazu wurden schon Kinder, Buben ab 10 Jahren, zu Kardinälen ernannt, und die Papstwahlen waren eine Frage von Bestechung, Seilschaften und schmutzigen Geschäften. (Ganz selten, dass ein Coup nicht gelang, sich ein „unerwünschter“ Papst wie Hadrian VI. dazwischen schob – dann starb dieser nach einem Jahr, und es klappte beim nächsten Mal.)

Tatsächlich liest es sich wie ein Abenteuerroman, was sich zu den Pontifikaten von Sixtus VI. und seinem Neffe Julius II. (aus der Familie Della Rovere), Leo X. und Clemens VII. (aus der Familie Medici, für deren Herzogswürde sie sorgten, der Familie wohl enger verbunden als ihrem Papsttum) und schließlich Paul III. (mit ihm kamen die Farnese, die sich sogar ehelich mit einer Tochter von Karl V. verbinden konnten) abspielte. Die meisten von ihnen hatten in Kaiser Karl V. einen starken Gegenspieler – der sich allerdings auch „bestechen“ ließ, wenn ihm das Geld für seine Kriegszüge ausging…

Dass dieses Zeitalter der Skrupellosigkeit und unverhohlenen Mordlust dennoch in den Augen der Nachwelt von seltsamem Glanz umgeben ist, dankt man den Malern. Denn die Päpste wussten sehr gut, wie sie sich ihre Unsterblichkeit sicherten. Der Autor zeigt es vor allem am Beispiel von Tizian, der sich ja auch der Gunst von Kaiser Karl V. erfreute (angeblich, weil er des Kaisers hängendes Kinn auf seinen Bildern besser zu verbergen mochte als sein deutscher Kollege Jakob Seisenegger), musste nicht, wie alle anderen, nach der päpstlichen Pfeife tanzen… und taktierte geschickt zu seinem Vorteil zwischen den Mächtigen.

Interessant an den Gemälden – viele davon sind in einem farbigen Bildteil gesammelt – ist immer wieder die Konfiguration: Wenn sich ein Papst mit Verwandten oder Kardinälen malen ließ, bedeutete es sehr viel, in welcher Nähe man zum Pontifex stand, ob man ihm zu- oder abgewandt war, und in Kopien ließen die Kardinäle (die sich selbst auch solo malen ließen) manchmal einen Rivalen verschwinden und sich selbst ins Bild setzen…

Es ist eine spannende Zeit, und die Päpste machten nach unserem Verständnis sich selbst, ihrem Amt und der Kirche keine Ehre. Aber es war eine andere Welt – und sie hat uns ihre Bilder hinterlassen, die zu den großen Kostbarkeiten der Kunstgeschichte zählen.

Renate Wagner

 

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