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RICHARD WAGNER: LOHENGRIN

14.04.2017 | cd, CD/DVD/BUCH/Apps

0814337019341

RICHARD WAGNER:
LOHENGRIN
RCO, Sir Mark Elder

3 SACDs

Orchester und Chor triumphal, sängerisch enttäuschend

Das Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam hat mit dem Fliegenden Holländer unter Andris Nelsons einen großen Erfolg verbuchen können. Also setzte man 2015 Lohengrin an. Wie schon 2013 beim Holländer entschied man sich für eine semi-konzertante Aufführung, für deren szenischen Part Caecilia Thunnissen verantwortlich zeichnete. Wegen einer schwerwiegenden Schulterverletzung musste Nelsons kurzfristig absagen, Sir Mark Elder sprang ein. Schon von seiner Tätigkeit mit dem Hallé Orchester Manchester gehörig Wagner-geeicht, gelingt Elder eine von Dynamik, Innenspannung und romantischer Klangschwelgerei her mustergültige Aufführung. Bei hoher Präzision begeistern die seidenweichen Streicher im Vorspiel, die Heerscharen an Holz- und Blechbläser veredeln die mächtigen Zwischenspiele. Auch die Aufnahmetechnik bevorzugt Orchester und die in jeder Hinsicht mächtigen, bayreuthwürdigen Chöre des Niederländischen Rundfunks und der Dutch National Opera.

Großes Opernglück also? Leider nein. Das liegt ausschließlich an den teils mittelmäßigen Sangesleistungen, die Mikros sind halt unbarmherzige Verstärker von stimmlichen Unzulänglichkeiten. Der Lohengrin ist mit Klaus Florian Vogt besetzt. Es ist sein vierter Lohengrin auf Tonträgern bzw. DVD (Janowski, Nelsons und Nagano waren seine bisherigen Dirigenten). Vogt ist ein exzellenter Lohengrin, alle Geschmacksfragen um das helle Timbre einmal ausgeblendet. Er versteht es sowohl, in den lyrischen Passagen zu überzeugen als auch gehörig heldisch aufzutrumpfen. Von Diktion und Phrasierung her singt Vogt sowieso einen exzellenten Titelhelden. Die Gralserzählung gelingt memorabel.

Seine Elsa ist Camilla Nylund. Nylund ist eine intensive Elsa, ihre eher weiße Stimme beginnt aber je nach Aufregungsgrad zu flackern und ist dann nicht gerade balsamisch anzuhören. Als Heinrich der Vogler ist Wagner-Urgestein Falk Struckmann aufgeboten. Sein von der Lage her hoch angesiedelter Heldenbariton kommt mit der genuinen Basspartie gut zurecht, stimmliche Verschleißerscheinungen sind aber unüberhörbar. Samuel Youn als Heerufer des Königs bringt sein schönes Material zum Leuchten. Enttäuschend ist der Telramund von Evgeny Nikitin. Die Höhen werden teils unschön angeschliffen, einen lupenreine Intonation vermisst an ebenso. Das allzu helle Timbre ist grundsätzlich nicht ideal für den politischen Intriganten. Eine Zumutung ist allerdings Katarina Dalayman als Ortrud. In der Tiefe klingt sie flach, in der Mittellage wobbernd, in den Höhen blechern tremolierend. Überforderung total bei den „Entweihten Göttern“ und zum Schluss des dritten Aktes. Dazu kommt noch, dass der Hörer – wüsste man es nicht besser – nur vage erkennt, in welcher Sprache sie singt.

Die CDs basieren auf Mitschnitten vom18. und 20. Dezember 2015 im Concertgebouw Amsterdam. Wegen der herausragenden Orchesterleistung und dem unvergleichlichen Dirigat von Sir Mark Elder lohnt sich trotz der angeführten Einschränkungen auf Sängerseite dennoch ein Anhören.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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